Rezension
sabatayn76vor 11 Jahren
'Ich hatte nicht gewusst, wie grundlegend ein Kind neu geprägt werden kann.' Inhalt: Die 10-jährige Perdita wächst bei ihrem lieblosen Vater (einem Anthropologen, der die britische Heimat verlassen hat, um in Westaustralien die Aborigines zu studieren) und ihrer psychisch kranken Mutter (die tagtäglich Shakespeare zitiert und mit ihrem Mann und ihrem Leben in Australien todunglücklich ist) in einem heruntergekommenen Haus voller Schlangen und halb zerfallener Bücher auf. Sie wird von Mary, einem Aborigine-Mädchen der 'stolen generation', aufgezogen und findet in ihr eine der wenigen liebevollen Personen, denen sie sich nahe fühlt. Dann wird Perditas Vater umgebracht, Mary wird weggebracht, Perdita beginnt zu stottern und verliert ihr Gedächtnis. Mein Eindruck: Der Einstieg ins Buch hat mir sehr gut gefallen. Gail Jones erzählt eindringlich und in anspruchsvoller Sprache von Perditas Familie, ihrem Leben sowie von Mythen, Überzeugungen und dem Wissen der australischen Ureinwohner. Die Protagonisten wurden dabei sehr lebendig charakterisiert und wirken (trotz ihrer Marotten) sehr überzeugend. Im Verlauf verliert der Roman allerdings an Spannung, die Autorin hat mich nicht neugierig auf Wendungen oder das Ende gemacht. Zudem war die Geschichte extrem vorhersehbar und konnte mich nicht überraschen, obwohl das Ende durchaus sehr bewegend war. Zudem finden sich im Buch zahlreiche Fehler, z.B. wurden Jahreszahlen und Perditas Alter inkonsistent gebraucht (mal ist Perdita 1930 geboren und trotzdem 1940 11 Jahre alt, dann wird berichtet, dass sie 1941 10 Jahre alt war), und es werden Gummibäume erwähnt, die in Australien allerdings gar nicht wachsen (= falsche Übersetzung des englischen Begriffs 'gum tree', was Eukalyptusbäume bezeichnet). Mein Resümee: Ein Roman, der Wissen über Australien in den 1930ern und 1940ern sowie über australische Ureinwohner vermittelt, der jedoch irgendwie unfertig wirkt.