Mit Desolation Hill präsentiert uns Disher seinen vierten Roman um den geschassten Constable Hirschhausen, genannt Hirsch. Er hat ein riesiges Gebiet zu patrouillieren und die Fahrten sind eher ungemütlich, weil sie über Schotterpisten führen. Das Land, ca. 2 Stunden von Adelaide entfernt, ist von Landwirtschaft und Tierhaltung geprägt.
Gleich mehrere Delikte beschäftigen Hirsch: ein verschwundener Student aus Belgien, eine verbrannte Leiche in einem Koffer und die Tochter seiner Freundin, die gemobbt wird. Die vielen Protagonisten lassen das Buch manchmal unübersichtlich werden, aber gegen Ende laufen die Fäden zusammen. Insgesamt finde ich das Buch zu gemächlich und es hat mich nicht so richtig gepackt wie die Vorgänger. Das Cover hingegen ist fantastisch mit großem Wiedererkennungswert der Serie.
Garry Disher
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
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Alle Bücher von Garry Disher
Bitter Wash Road
Drachenmann
Gier
Kaltes Licht
Hope Hill Drive
Leiser Tod
Flugrausch
Dreck
Neue Rezensionen zu Garry Disher
Garry Disher entführt seine Leser:innen in "Desolation Hill" in das raue, weite Hinterland Australiens. Protagonist ist Constable Paul Hirschhausen, genannt Hirsch, ein Polizist, der mit viel Feingefühl und Engagement seine Runden durch die abgelegenen Gemeinden dreht. Doch seine Aufgabe ist in Zeiten der Pandemie schwieriger denn je – die Menschen sind gereizt, Misstrauen und Frustration nehmen zu.
Hirsch steht zwischen den Fronten: Als Gesetzeshüter ist er verpflichtet, Vorschriften durchzusetzen, doch zugleich empfindet er Mitgefühl für die Menschen, die er zu schützen versucht. Der Kriminalroman zeigt die Alltäglichkeit der Polizeiarbeit ungeschönt und realitätsnah – von einem erschossenen Merinobock über rassistische Parolen am Kulturzentrum bis hin zu einem verschwundenen Rucksacktouristen, dessen Mutter verzweifelt nach Antworten sucht. Ein brennender Koffer, der eine Leiche enthält, bringt schließlich eine düstere Wendung ins Spiel.
Obwohl der eigentliche Mordfall erst im zweiten Teil an Fahrt aufnimmt, bleibt die Atmosphäre dicht und eindringlich. Die australische Provinz wird so lebendig geschildert, dass man die Vorurteile, Intrigen und Verdrehung von Tatsachen beinahe greifen kann. Dishers ruhiger, detaillierter Erzählstil macht das Buch stellenweise langatmig, aber zugleich authentisch.
Fazit: "Desolation Hill" ist ein atmosphärischer Krimi, der mit seiner eindringlichen Darstellung der Polizeiarbeit, dem sympathischen Hirsch und der gesellschaftlichen Spannungen überzeugt. Die Spannung entwickelt sich langsam, aber nachhaltig.
Garry Disher ist für mich einer der besten Kriminalschriftsteller der Welt! Allerdings fliegt er leider immer noch ein wenig unter dem Radar, auch wenn er in Deutschland schon mehrmals den deutschen Krimipreis gewonnen hat. Dadurch hatte ich ihn bzw. seine Romane kennengelernt: Bitter Wash Road, der erste Band aus der "Hirsch" Reihe hatte damals den Preis gewonnen und ich aus Neugier hatte ich reingelesen. Und war sofort sehr angetan. Allerdings muss ich zugeben, dass ich kein Fan von Thrillern, sondern eher von sozialkritischen Krimis im skandinavischen Stil bin. Und die die gibt es eben auch aus Australien. Garry Disher ist ein gutes Beispiel, aber auch Jane Harper ist sehr zu empfehlen. Outback Noir statt Scandic Noir.
"Hirsch", eigentlich Paul Hirschhausen, ist ein Polizist, der strafversetzt wurde, nachdem er Korruption & Co. bei Kollegen zwar nicht angezeigt, aber auch nicht verschwiegen hatte... tja, so ist das wohl manchmal... Jedenfalls tut er jetzt Dienst auf einer Ein-Mann-Polizei-Dienststelle in Tiverton, irgendwo weit nördlich von Adelaide, im staubigen Nichts im Inneren von Australien, auch Outback genannt. Hier ist das Leben hart, eintönig und der Kampf ums Überleben bringt nicht gerade die besten Eigenschaften des Menschen hervor. Hier lernte Hirsch im ersten Teil, auf der Bitter Wash Road, seine jetzige Freundin kennen, lebte sich in seiner kleinen Dienstwohnung ein und fährt seitdem unbeirrt durch seinen riesigen Bezirk, mehr Sozialarbeiter als Polizist, sollte man meinen. Mal hier ein Diebstahl (Unterwäsche, im Band Barrier Highway) mal eine ziemlich vermüllte Bleibe von ziemlich unterbelichteten Menschen (Hope Hill Drive). Es besteht die Gefahr, beim Lesen die vielen kleinen Gegebenheiten zu überlesen, die insgesamt alle Mosaiksteine eines Gesellschaftsbildes sind. Beim ersten Band ist mir das passiert, jetzt passe ich auf! Denn alles ist irgendwie wichtig und zeichnet ein (manchmal wenig schönes) Bild einer ländlichen Gemeinde, in der gleichzeitig das Böse schlummert. Aber auch der Zusammenhalt und das kleine Glück des Augenblicks. Hirsch kann beides sehen. Und gerade diesen Blickwinkel finde ich phantastisch umgesetzt. Sprachlich gut lesbar, aber nicht seicht. Kritisch und grausam. Und doch mit viel Menschlichkeit. Eine unnachahmliche Art des Schreibens. Zwischendurch wirkt es nicht wie ein Kriminalroman. Denn das Verschwinden eines Backpackers auf dem "Desolation Hill" scheint profane Gründe zu haben, das Mobbing gegen die Tochter der Freundin von Hirsch auch und überhaupt drehen einige Menschen im Buch gerade am Rad: Corona, Lockdown, Impfgegner & Co. gestalten die Situation. Aber irgendwie scheint mehr dahinter zu stecken, als ein Pilot abstürzt und Hirsch nicht weiter ermitteln soll. Woran er sich natürlich nicht hält. Er ist eben ein gewissenhafter Polizist.
Fazit: Auch "Down Under" gibt es Probleme mit Rechtsextremismus, Impfgegnern, Corona-Leugnern, ungebildeten Jugendlichen ohne Perspektive, Hoffnungslosigkeit und der Spaltung der Gesellschaft. Irgendwie typisch für die derzeitige Situation auf der Welt. Sehr treffend dargestellt in einer Krimihandlung.
Unbedingt lesen! Soziologisch äußerst aufschlussreich. Und außerdem unterhaltsam, trotz aller Todesfälle und Dummheit: Hoffnung und Liebe und Menschlichkeit gibt es noch!
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