1. Seit wann schreibst du eigene Geschichten, und wie kam es dazu, dass dein erstes Buch veröffentlicht wurde?
Ich habe mir Geschichten ausgedacht, seit ich sprechen konnte und geschrieben, seit ich schreiben konnte. Aber ich hätte nie gedacht, dass ich eine Romanautorin werden könnte, bis ich meinen ersten Roman geschrieben hatte (Sister ins Sanity), da war ich in meinen 30ern. Zu dieser Zeit war ich bereits seit vielen Jahren professionelle Journalistin und hatte ein Sachbuch geschrieben. Ich hatte auch eine kleine Tochter und wollte nicht mehr länger auf Reisen gehen, die ich für meine journalistische Arbeit machen musste. Außerdem brauchte ich Geld um meine Hypothek abzuzahlen. Jemand empfahl mir ein Buch für junge Erwachsene zu schreiben, und so wurde ich unbeabsichtigterweise zu einer Autorin. Das witzige daran ist, dass das Schreiben solcher Bücher meine Berufung ist. Ich habe einfach meinen Weg dorthin gefunden.
2. Welcher Autor inspiriert dich am meisten?
Darauf gibt es nicht nur eine Antwort! Über die Jahre gesehen, gab es so viele Autoren, die ich geliebt habe, von Raymond Carver über Willa Cather hin zu Phillip Roth oder Harper Lee zu Michael Chabon und Junot Diaz hin zu Jhumpa Lahiri... und jetzt lese ich so viele Bücher für junge Erwachsene und bin ein großer Fan vieler Autorinnen wie Libba Bray, Jandy Nelson, Sarah Dessen usw. Ich glaube, jedes Mal wenn ich etwas besonderes lese, nehme ich etwas daraus für mich mit, ob ich es nun möchte oder nicht, und so werde ich auf eine gewisse Art und Weise durch alle Bücher die ich je gelesen habe - die guten wie die schlechten - beeinflusst.
3. Woher nimmst du die Inspiration für deine Bücher?
Von ganz unterschiedlichen Orten. Mein erster Roman, Sisters in Sanity, wurde durch einen Artikel inspiriert, den ich als Journalistin über Verhaltensveränderung von Jugendlichen in Bootcamps geschrieben hatte. "Wenn ich bleibe" (If I stay) beruht leider auf Inspirationen durch eine wahre Geschichte, einem Autounfall, der gute Freunde von mir tötete, eine vieköpfige Familie. Es passierte vor Jahren, aber eines Tages erschien ganz plötzlich die Figur der Mia in meinem Kopf, komplett geformt und erdacht, um eine Frage zu beantworten, die mich seit dem Unfall verfolgte: Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass deiner Familie etwas katastrophales passiert ist und du dich entscheiden müsstest zu leben oder zu sterben? "Lovesong" (Where she went) war weniger inspiriert als erforderlich. Nachdem ich "Wenn ich bleibe" geschrieben hatte, hatte ich nicht die Absicht eine Fortsetzung zu schreiben. Aber Adam und Mia hatten da eine andere Idee. Es stellte sich heraus, dass sie unglücklich mit dem Ort waren, an dem ich sie zurück gelassen hatte und sie begannen auf einer Trommel in meinem Kopf rumzuschlagen, mit der Forderung ihre Geschichte zu beenden. Das war also die Inspiration zu "Lovesong".
4. Wie kommst du in Kontakt zu deinen Lesern?
Meistens kommen sie in Kontakt zu mir. Ich bin bei Facebook, Twitter und es gibt einen Link zu meiner Mailadresse auf meiner Website. Manchmal bekomme ich auch Briefe, die mir über meinen Verlag geschickt werden, aber ich bin sehr langsam dabei, sie zu beantworten.
5. Wann und was liest du?
Ich lese jeden Tag! Manchmal Zeitschriften, meistens Romane - einen Mix aus Büchern für Junge Erwachsene und Erwachsenenromanen. Erst vor kurzem habe ich A VISIT FROM THE GOON SQUAD von Jennifer Egan ausgelesen, das einfach großartig war.Jetzt lese ich einige Leseexemplare der Herbstneuerscheinungen, zum Beispiel "Crossed" (aus der Reihe "Cassia & Ky") von Ally Condie. Ich liebe es diese Jugendromane zu lesen, nicht nur um auf dem neusten Stand in meinem Genre zu bleiben, sondern weil dort so viele gut geschriebene Bücher veröffentlicht werden.
6. Wie hat es sich angefühlt, dein erstes eigenes Buch in den Händen zu halten?
Das erste Mal, als ich "Wenn ich bleibe" in den Händen hielt, das aber nicht mein erstes Buch überhaupt war, sich aber in vielerlei Hinsicht so angefühlt hat, da es das erste war, dem jemand Aufmerksamkeit schenkte, war es total unwirklich. Der ganze Prozess ging so schnell, zumindest bei der Herstellung nach US-Standars. Ein Jahr verging vom Verkauf der Rechte an bis zum offiziellen Erscheinen. Es wurde in viele andere Länder verkauft und auch über eine Filmversion wurde nachgedacht. Als ich das erste Exemplar bekam, konnte ich nicht aufhören, über das Cover zu streichen. Ich konnte einfach nicht glauben, dass es echt war.
7. Hast du irgendwelche Tipps für andere Autoren?
Ich habe viele Ratschläge und sie variieren, je nachdem um welchen Autor es geht und an welchem Punkt seiner Karriere er sich befindet. Jungen Autoren empfehle ich viel zu lesen (aus den Gründen, die ich oben bereits erwähnte) und einfach wegen der Freude am Schreiben zu schreiben. Ich weiß, dass es einige Wunderkinder gibt, die ihr erstes Buch bereits mit 17 Jahren herausbringen, aber ich denke, die meisten von uns sind Normalsterbliche, und das zu erreichen ist ein ziemlich unrealistisches Ziel. Also schreibe um des Schreibens willen, nicht wegen einer Veröffentlichung. Schreib' alles, was dir gefällt: Gedichte, Artikel, Blogbeiträge, Romane.Schreib' und schreib' noch mehr. Dein Schreibstil wird nur besser, je häufiger du das tust, je mehr Lebenserfahrung du sammelst. Ich denke auch, dass es wichtig ist, Gedichte laut zu sprechen. Der Duktus geht so in Fleisch und Blut über, bleibt dort für Jahre und wird Teil deines Schreibstils. Ich biete auf meiner Website www.gayleforman.com noch viel genauere Hilfe an.
8. Welche Figur ist bisher deine liebste in deinen Büchern?
Das ändert sich ständig, wodurch meine Lieblingsfigur immer aus dem Buch ist, an dem ich gerade schreibe. Als ich also "Wenn ich bleibe" geschrieben habe, war Mia ganz eindeutig meine liebste Figur. Aber in "Lovesong" bin ich so sehr in Adams Kopf und an Adams Seite, dass ich böse auf Mia geworden bin, für das was sie Adam angetan hat. Das ist natürlich verrückt, weil ich Mia liebe. Und ich kenne den Grund für das, was sie getan hat. Aber so ist es nun mal. Jetzt im Moment gehören meine Lieblingsfiguren zu einer Dreiergruppe aus meinem aktuellen Buch, über das ich jetzt noch nicht reden kann.
9. Was gehört zu den interessantesten Dingen, die du beim Schreiben deiner Bücher gelernt hast?
Dass Figuren ihren eigenen Kopf haben! Das ist wirklich mein Lieblingsaspekt am Schreiben. Du setzt dich mit einer ungenauen Idee für ein Buch und einer starken Idee für eine Figur hin und es ist fast, als würde sie dich an der Hand nehmen, dich zu Orten mitnehmen, an die du als du selbst niemals gehen würdest, bringt dich dazu Dinge zu sagen, die du als du selbst, niemals sagen würdest. Zum Beispiel in "Wenn ich bleibe" gibt es eine Szene, in der Mia und Adam sich gegenseitig wie Musikinstrumente spielen. Ich war so überrascht, als ich diese Szene schrieb. Es ist nichts, an das ich je gedacht hätte. Aber Adam dachte daran und es war perfekt für ihn, wie er versuchte Mia auf diese Weise auszuziehen. Dieser Prozess ist niemals langweilig.
10. Schreibst du bereits an einem weiteren Roman und kannst du uns verraten, worum es darin geht?
Ich habe einen neuen Roman beendet, den ich gerade zum ersten Lesen an meine Lektorin weitergegeben habe. Bis sie mir eine positive Rückmeldung gibt, werde ich nichts darüber verraten. Sorry.
11. Welche sind zur Zeit deine Lieblingslieder? Hörst du Musik während zu schreibst?
Ich höre sehr oft Musik während ich schreibe und sie variiert von Buch zu Buch. Für "Wenn ich bleibe" hörte ich mir immer dieses eine Lied an, bevor ich mit dem Schreiben anfing: "Falling slowly" aus dem Film Once. Jedes Mal wenn ich es hörte, musste ich weinen und es brachte mich in die richtige Stimmung fürs Schreiben. Ich hörte auch massenhaft andere Musik für das Buch, aber dieses Lied war mein Antrieb. "Lovesong" schrieb ich fast in kompletter Stille, bis zu dem Zeitpunkt im Buch, an dem Adam, der sich der Musik sehr entfremdet hat, wieder beginnt Musik zu brauchen. Sobald er anfing Musik zu hören, machte ich das auch. Ich bemerkte es nicht mal, bis ich mit dem Schreiben fertig war. Während ich an meinem aktuellen Buch schrieb, das gerade fertig geworden ist, hörte ich von Mumford & Sons 'Sigh No More', das momentan mein Lieblingslied ist. Das Lied war wie der Soundtrack dieses Buches. Es gibt eine Zeile zu Beginn des Liedes, die wie eine Hymne für mein Buch und fürs Leben im Allgemeinen war: "Love it will not betray, dismay or enslave you, it will set you free".