Geir Gulliksen

 3,5 Sterne bei 6 Bewertungen

Lebenslauf

Geir Gulliksen, geboren1963, ist ein norwegischer Schriftsteller, der als einer der herausragendensten Persönlichkeiten des Literaturlebens in Norwegen bezeichnet wird. Als Verleger und Lektor entdeckte er wichtige skandinavische Autoren wie Karl Ove Knausgård oder Linn Ullmann. Bekannt wurde er zunächst als Lyriker und Essayist. Daraufhin folgten dann Romane, Theaterstpcke und Kinderbücher. 2014 erhielt er den Aschehoug-Preis für sein Gesamtwerk. »Geschichte einer Ehe« stand auf der Shortlist des Nordischen Literaturpreises.

Alle Bücher von Geir Gulliksen

Cover des Buches Geschichte einer Ehe (ISBN: 9783442716180)

Geschichte einer Ehe

 (4)
Erschienen am 16.08.2023
Cover des Buches Oberes Tor, unteres Tor (ISBN: 9783442774937)

Oberes Tor, unteres Tor

 (0)
Erscheint am 12.03.2025

Neue Rezensionen zu Geir Gulliksen

Cover des Buches Geschichte einer Ehe (ISBN: 9783630876054)
leseleas avatar

Rezension zu "Geschichte einer Ehe" von Geir Gulliksen

Die männliche Perspektive
leseleavor 2 Jahren

…steht in Geir Gulliksens Geschichte einer Ehe klar im Vordergrund. Denn es ist der Mann, der erzählt, wie er und seine Frau sich kennengelernt haben, wie sie die Jahre miteinander verbracht haben und wie sie sich schließlich nach zwei Kindern, einem Haus und so vielen gemeinsamen Erinnerungen trennen. Der Grund für die Trennung ist dabei so simpel wie altbekannt: ein Dritter erscheint auf der Bildfläche, die Frau verliebt sich, erkennt ein Leben, das sie auch noch haben könnte und sieht daher keinen Grund mehr darin, für die gemeinsame Liebe zu kämpfen. Es ist keine schöne Geschichte, aber, wie gesagt, eine altbekannte und damit auch für alle Leser:innen eine vertraute Geschichte – ob man sie nun schon einmal selber erlebt hat oder nicht.

Meine Hoffnung war – geweckt durch den Titel, den Tonfall des Klappentextes und die Kürze des Buches, die eine komprimierte Erzählweise erfordert – in Geschichte einer Ehe eine Analyse über den Zerfall einer Liebesbeziehung zu finden, einen Zerfall, den niemand will und der doch unausweichlich ist. Und tatsächlich beinhaltet der nur knapp 220 Seiten lange Roman einen scharfen Blick auf den Alltag eines lang verheirateten Paares ebenso wie das vorsichtige Sezieren der wandelnden Gefühle der Ehefrau. Dabei ist die Sprache wirklich immer on point, lakonisch, fokussiert und beinhaltet doch so viel mehr. Man könnte in diesem Buch beinahe jeden Satz zitieren, fast jeder schafft es, die Beziehungsdynamik des beschriebenen Paares perfekt einzufangen und dabei die Leser:innen mit etwas zu konfrontieren, dass sie dunkel wiedererkennen:

Sie war dabei, sich weiterzubewegen, hinaus aus der Welt, die ich und sie teilten, hinein in etwas anderes. Aber sie wusste noch nicht, dass ich sie nicht mehr erreichen konnte. (S. 30)

Sie wollte von ihm erzählen, um sich selbst reden zu hören, um zu hören, was sie selbst über ihn sagen würde. Sie verstand nicht, wer er war, eher sie mit mir über ihn redete, und sie wollte nicht, dass ich etwas erwiderte. (S. 108)

Sie erinnert sich an einen Abend am Ende dessen, was unser gemeinsames Leben gewesen war, kurz bevor wir einander nicht mehr kannten. (S. 175)

Leider wird der analytische Ton des Romans in seinem Verlauf immer mehr vom – man kann es nicht anders sagen – Gejammer des männlichen Erzählers durchdrungen, sodass schließlich der Eindruck entsteht, dass der 200 Seiten lange Bericht nicht dazu dient, zu klären, zu sortieren, zu verstehen, sondern sich im Selbstmitleid zu suhlen und die Leserschaft auf seine Seite zu ziehen. Auch das ständige Referieren über die sexuelle Komponente der Affäre und die Rückkopplung zur eigenen sexuellen Beziehung mit seiner Frau nehmen einen immer größeren Raum ein und reduzieren die Beziehungsgeflechte im Roman stark auf die körperlichen Aspekte, ohne die Frage zu stellen, was Menschen neben Sex und Anziehung in einer Beziehung mit anderen suchen.

Mein persönlich größtes Problem mit Geschichte einer Ehe war jedoch tatsächlich die rein männliche Erzählinstanz, die dezidiert versucht – in meinen Augen eher anmaßt – die Gefühlswelt der Frau zu durchdringen. Selten geht es darum, wie der Erzähler sich selber fühlt, immer jedoch, wie er glaubt, was seine Frau gefühlt hat und warum sie so agiert und entschieden hat, wie sie es letztlich tat. Die Frau selber kommt dabei kein einziges Mal zu Wort, die Geschichte über die gemeinsame Zeit, über ihre Rolle in der Beziehung und die tatsächliche Trennung erfolgt ausschließlich aus seinem Blickwinkel; er hat die Deutungshoheit über die gemeinsame Geschichte. Am Ende habe ich mich gefragt: Ist das wirklich so passiert? Oder würde die Frau das gemeinsame Leben ganz anders erzählen?

Man kann Freunde an diesem literarischen Spiel haben – und normalerweise habe ich das auch. In diesem Fall – in Kombination mit den ständigen Erzählungen von sexuellen Begegnungen und dem Ausschlachten des eigenen Leides, ohne dabei die Leser:innen doch wirklich an der eigenen Gefühlswelt teilnehmen zu lassen – stieß es mir jedoch sauer auf. Für mich ist Geschichte einer Ehe der Bericht eines alten weißen Mannes, der versucht, die Macht über das einstige Wir zu erlangen und die Frau dabei mundtot macht. Das hat es in der Geschichte der Literatur schon zu häufig gegeben, als dass ich als Frau im 21. Jahrhundert ein weiteres Zeugnis des male gaze benötige. 2 Sterne.

Cover des Buches Heimatland (ISBN: 9783630876085)
Lesegezwitschers avatar

Rezension zu "Heimatland" von I.K.H. Kronprinzessin Mette-Marit

Über Heimat und das Menschsein
Lesegezwitschervor 4 Jahren


Norwegen 🇧🇻 war 2019 das Gastland der Buchmesse. Aufgrund dessen bin damals schon ich auf dieses Buch aufmerksam geworden, nicht zuletzt wegen des schönen Covers! 🤩

Dieses Buch beinhaltet 12 Geschichten von 12, zum Teil auch in Deutschland bekannte,  norwegischen Autor:innen: Thomas Esoedal, Vigdis Hjorth, Ole Robert Sunde, Marit Eikemo, Siri Hustvedt, Wencke Mühleisen, Demian Vitanta, Karl Ove Knausgård, Helga Flatland, Agnes Ravatn, Maria Navarro Skaranger und Dag Solstad. ✨

Herausgeber sind Kronprinzessin Mette-Marit und der Autor Geit Gulliksen, die zu Beginn ein ausführliches Vorwort zum Thema Heimat und Literatur geben. 

Die Geschichten sind unterschiedlich, wie die einzelnen Schreibstile auch. Wir erfahren z.B. etwas über das Leben norwegischer Einwanderer in Amerika, es geht um den Schriftsteller Knut Hamsun. 

Einige Geschichten beinhalten tolle Landschaftsbeschreibungen z.B. eine Geschichte über einen Mann, der Schneeräumung zu seinem Beruf gemacht hat und mit Massen an Schnee kämpft. Andere sind gesellschaftskritisch und definieren den Begriff "Heimat". Sie zeigen Tradition und Moderne. 

Nicht jede Geschichte hatte etwas "norwegisches", oft stand das Menschliche und das Leben miteinander im Vordergrund. 

Abschließend kann ich sagen, dass mir das Buch ganz gut gefallen hat, ich aber im Vorhinein andere Erwartungen an das Buch hatte, die nicht so ganz erfüllt wurden. 

Mir war das Buch einfach zu wenig Norwegen und zu wenig Heimat. 🤔 

Das Buch kann man lesen, da es durchaus zeigt, dass Norwegen tolle Autor:innen hat, es ist aber auch keine absolute Herzensempfehlung von mir. 


Habt ihr das Buch gelesen und wenn ja, wie hat es euch gefallen? 

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Danke an @bloggerportal für das Rezensionsexemplar ♥️

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Cover des Buches Heimatland (ISBN: 9783630876085)
himbeerbels avatar

Rezension zu "Heimatland" von I.K.H. Kronprinzessin Mette-Marit

Gelungene Mixtur norwegischer Geschichte und Geschichten
himbeerbelvor 5 Jahren

Bei der Frankfurter Buchmesse war ich bisher zwar noch nicht, aber ich verfolge dennoch alljährlich interessiert das Drumherum. In diesem Jahr ist Norwegen das Ehrengastland und deshalb wurde ich auch gleich hellhörig, als ich erfuhr dass die norwegische Kronprinzessin Mette-Marit, auf deren Liebe zu Büchern und ihren Einsatz im Literaturzug ich erst im vergangenen Jahr aufmerksam wurde, gemeinsam mit Geir Gulliksen das Buch „Heimatland“ herausgegeben hat. Von der Landschaft Norwegens bin ich begeistert, weiß von diesem Land aber genaugenommen sehr wenig. Durch dieses Buch erhoffte ich Interessantes zu erfahren und dabei gleichzeitig einen kleinen Eindruck von norwegischer Literatur zu bekommen – und einen weiteren weißen Fleck im Rahmen meiner BUCHweltreise mit Inhalten zu füllen.


Als Vorwort beginnt „Heimatland“ mit dem Gespräch zwischen I.K.H. Kronprinzessin Mette-Marit und Geir Gulliksen. Darin unterhalten sie sich über Literatur und darüber, wie norwegisch sie eigentlich sind. Zur Verwirklichung dieses Buchprojekts waren sich die beiden Herausgeber gleich einig, dass sie Autoren und Autorinnen dazu einladen wollten, über das Norwegische zu schreiben und darüber, was das Norwegische für sie heißt. Auch um den Zusammenhang von Sprache, Literatur und das Leben sollte es gehen.


In „Heimatland“ kommen deshalb zwölf literarische Stimmen aus Norwegen zu Wort: Tomas Espedal, Vigdis Hjorth, Ole Robert Sunde, Marit Eikemo, Siri Hustvedt, Wencke Mühleisen, Demian Vitanza, Karl Ove Knausgård, Helga Flatland, Agnes Ravatn, Maria Navarro Skaranger und Dag Solstad. Jedem Text vorangestellt ist ein schwarzweiß Portrait des jeweiligen Autors. Die Buchgestaltung ist luftig und lässt den Texten, die so unterschiedlich sind wie das, worüber sie berichten, genug Freiraum.


Mal geht es um Geschichtliches und Spätfolgen der Kolonialzeit, um das Leben norwegischer Auswanderer in Amerika, man erfährt einiges über Leben und Wirken des Schriftstellers Knut Hamsun, erlebt Tradition und Moderne, die Veränderlichkeit der Sprache, schwierige Witterungsverhältnisse und traumhaft schöne Landschaft. Aber hier wird nicht nur die Heimat der Schriftsteller geliebt und beleuchtet, sondern auch kritisch betrachtet. So entsteht eine Mixtur unterschiedlicher Themen, Geschichten und Momentaufnahmen, fern von der Glorifizierung des Begriffs Heimat, dafür aber authentisch und lebensnah wirkend.


Neben sachlichen Texten sind im Buch einige Geschichten enthalten, die mit ihren ganz eigenen besonderen Stimmen erzählt werden. Das Gelesene berührt und hallt nach, selbst wenn das Norwegische nur leise im Hintergrund durchklingt. Hier beeindruckt die Fähigkeit der Schriftsteller über die nahen Beziehungen der Menschen zu schreiben und macht Lust darauf, mehr von dem jeweiligen Autor oder der Autorin zu entdecken.


Für mich war das Lesen dieses Buches ein echter Gewinn, da es mir Seiten von Norwegen zeigen konnte, die mir unbekannt waren. Auch der unmittelbare Bezug zur Literatur und den bekannten norwegischen Literaten hat mir gut gefallen und mich auf den Geschmack gebracht. Lediglich das Vorwort hätte mir als Nachwort besser gefallen, da die Herausgeber darin teilweise auf die Inhalte der Texte eingehen und ich das nicht lesen mag, ohne selbst die Texte zu kennen. Allerdings nehmen sie dabei auch nichts vorweg, aber mir fehlte als Leserin halt der Bezug. Dafür konnte ich mit dem Vorwort umso mehr anfangen, als ich es nach Beendigung des Buches einfach nochmal las. So schloss sich für mich der Kreis und das Buch fand für mich zu einem gelungenen vielfältigen Ganzen, das mir auf sympathische Weise einige Facetten Norwegens zeigen konnte – einem Land, von dem ich gerne mehr erfahren und es selbst einmal besuchen möchte.

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