Rezension zu "Morgue und andere Gedichte" von Gottfried Benn
Genau 100 Jahre ist es her, dass Gottfried Benn diese Gedichte veröffentlicht hat, und es wundert mich gar nicht, dass sie einen Sturm der Entrüstung ausgelöst haben. Schließlich waren Leichenschauhäuser und Sektionen nicht so präsent wie heute zu Zeiten der zahlreichen Fernsehserien, die sich um Autopsien drehen.
Damals war es revolutionär, über Leichen zu schreiben, über ihren beklagenswerten und oft sehr unappetitlichen Anblick, über Todesarten und Todesursachen.
Auch Armut ist ein Thema dieser Gedichte, also die unzumutbaren Wohnverhältnisse, die zu Krankheit und Tod führen, die schweren Geburten, die oft tödlich enden. Drastisch werden Krebserkrankungen und Blinddarmentzündungen beschrieben.
Die apokalyptischen Zeichnungen von Georg Baselitz wurden anfangs ebenfalls von der Öffentlichkeit nicht gut aufgenommen, passen aber sehr gut zu der düsteren Atmosphäre der Gedichte.
Die Jubiläumsausgabe orientiert sich in Schriftwahl, Typographie und Format an der Erstausgabe und ist deshalb ein kleines Juwel.