Krisen bergen Chancen
Der Traumatherapeut Pieper, das vorweg gesagt, weiß genau, wovon er spricht. Nicht nru aus seinen beruflichen Erfahrungen heraus, auch ins einem persönlichen Leben gab es harte Schläge, wie den Tod seiner Nichte im Rahmen eines Erdbebens. Sowohl also aus dem eigenen Erleben heraus, wie auch aus seiner vielfältigen Arbeit heraus kann Pieper sein Thema angehen und den möglichst konstruktiven Umgang mit Krisen sprachgewandt und fundiert vor Augen führen, mitsamt vieler hilfreicher Einlassungen für die Praxis.
„Tatsächlich aber ist der Mensch in der Lage, in solchen Ausnahmesituationen ungeahnte Kräfte zu entwickeln und psychische wie physische Ressourcen zu nutzen, von deren Existenz er bis dahin keine Vorstellung hatte“.
Was aber ermöglicht es Menschen, sich aus Lebenskrisen heraus zu befreien, an diesen zu wachsen und sich zu entwickeln? Das ist die eigentliche Frage, der Pieper im Buch nachgeht. Und dies nicht aus einer rein abstrakten Warte heraus, sondern vielfach führt Pieper immer wieder Fallbeispiele an, erzählt von Menschen, die Kraft in Krisen gefunden haben und diese dadurch bewältigt haben. Menschen, das ist Piepers feste Überzeugung, von denen man diese Kraft auch präventiv durchaus lernen kann. Das geht. Denn: „wir sind für das Überleben gemacht“. Was Pieper nicht als „These“ in den Raum wirft, sondern als Essenz seiner persönlichen und beruflichen Erfahrungen überzeugend belegen kann. Wobei es das wichtigste Element ist, sich der Krise offen zu stellen. Nicht zu verdrängen, nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Um jene Erfahrung machen zu können, die Camus poetisch ausdrückt:
„Mitten im Winter hat sie erfahren, dass es in ihr einen unbesiegbaren Sommer gibt“.
Einen guten Einstieg in die Thematik und das Buch und eine ebenso gute Motivation für den Leser bildet das Kapitel „Wie sich Profis auf Gefahrensituationen vorberieten“. Es ist durchaus ein guter Weg, mi diesem zu beginnen um dann im Rest der Lektüre mehr und mehr zu erfahren, wie jeder ein „Profi der Vorbereitung“ werden kann.
Das Leben ist „unversicherbar“, wie pieper klarstellt, es kann geschehen, dass die gewohnte und vermeintlich sichere „Welt“, die der Mensch versucht, sich zu bauen, „aus den Fugen gerät“ (manchmal viel schneller, als man denkt) und es tut Not dann, nach der „Katastrophe“ weiter zu leben. Wie das gehen könnte (und sollte), dies bildet durchaus den Hauptteil des Buches, in dem pieper acht Bewältigungsstrategien plastisch und fassbar dem Leser an die Hand gibt. Der Mensch hat über Jahrtausende beweisen, dass er sich anpassen kann und Krisen zu meistern versteht, auch wenn es nach einer Krise oft ganz anders dann weitergeht, als vor dem Ereignis. „Wir sind keine Marionetten des Schicksals“, wir können unser Schicksal, zumindest und vor allem aber unsere Reaktionsweisen auf unvorhergesehene, schwere Ereignisse unseres Lebens trainieren und aktiven Umgang mit solchen Krisen finden. Übrigens nicht um sich wiederum „zu versichern“ gegen ein eventuelles Scheitern, sondern eine Kraftentwicklung, eben auch mit einem echten Scheitern Umgang zu finden und danach anders, aber doch, weiter zu leben.
Sachkundig und praxisorientiert geht pieper dieses durchaus schwierige Thema an, welches Menschen im allgemeinen lieber ganz an den Rand der Wahrnehmung schieben, bis es hier und da dann (leider) zu spät ist und eine Krise unvermittelt hereinbricht. Trotz mancher Verallgemeinerungen und Plattitüden bietet Pieper eine intensive und lesenswerte Lektüre zu einem existentiellen Thema.