In der Regel ist es so, dass man, hat man das letzte Wort eines Romans gelesen, denkt: Aha! So ist das also. Der Kreis hat sich geschlossen, die Spannung ist aufgelöst, alles Ungewisse wird klar. Lilith ist anders. Ganz anders. Wer es mit großem Ernst liest, wird es verstörend finden, dass ein wirkliches Aha sich nicht einstellt.
Was ist es wohl, das George MacDonald mit seiner wundervollen Sprache, seinen eindringlichen Beschreibungen und erschütternden Gefühlen schildert? Ein Traum? Eine Vision? Ein Eindringen in eine andere Dimension, für die uns die Worte fehlen? Ein Blick ins Paradies mit den Augen des Sterblichen? Oder ein Bildnis der unsichtbaren Welt, die den Menschen umgibt und durchdringt? Es bleibt offen und jeder wird etwas anderes schöpfen aus diesem Brunnen.
Lilith ist kein Fantasyroman im üblichen Sinne. Er ist nicht in eine Kategorie einzuordnen. Er ist einfach nur wunderschön und bringt zum Klingen, was schon in dem Leser vorhanden ist, verbindet sich mit seinen Träumen und Sehnsüchten und läßt ihn dann zurück wie ein Instrument, dessen Saiten noch nachklingen, ohne dass die Melodie sich festhalten läßt. Eine Kostbarkeit für den, der sich seinem Zauber öffnet.
(FALSCHES COVER)