Cover des Buches Hard Revolution (ISBN: 9783869137667)
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Rezension zu Hard Revolution von George Pelecanos

Ein aktuelles Thema spannend und zum Mitfühlen verpackt!

von iamnomorningperson vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Trotz einiger Längen ein lesenswerter Roman, der ein schwieriges Thema von mehreren Seiten aus beleuchtet.

Rezension

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iamnomorningpersonvor 6 Jahren
Dieser Kriminalroman, den ich eher als gesellschaftskritische Erzählung beschreiben würde, verfolgt verschiedene Menschen bzw. Grüppchen durch eine lange Zeit ihres Lebens.

Es beginnt mit einem der Hauptcharaktere, Derek Strange, dessen Kindheit wir ein Weilchen begleiten dürfen. Wir erfahren, wie er (mit seinen Eltern und seinem Bruder Dennis, sowie seinem engen, griechischen Freund Billy) aufwuchs und aus welchen Gründen er Polizist wurde. Dieser Teil war sehr schön ausgearbeitet, obwohl ich Derek im Laufe des Buches immer weniger leiden konnte.

"Einmal haben wir zusammen einen kleinen Ladendiebstahl gemacht, lange her." "Haben sie euch erwischt?" "Mich. Ihn nicht." "Sein Glückstag", sagte Peters. "Nein", sagte Strange. "Meiner."

Wir erfahren bereits um Dereks 'Beziehung' zu Dominic Martini, einem italienisch-stämmigen Jungen, der im Laufe des Buches Teil einer der erwähnten Gruppen wird. Auch mit ihm lernt man zu fühlen, da er es nicht leicht hat bzw. es sich auch nicht gerade leicht macht. Er gerät an die falschen 'Freunde' und das Schicksal nimmt gnadenlos seinen Lauf.

Dann gibt es da noch Frank Vaughn, einen Polizisten, der mit Derek mehr als durch den Beruf verbandelt ist. Ein Netz, das sich enger webt, umso weiter die Handlung voranschreitet. Er war eigentlich ein ziemliches Arschloch, hatte aber auch seine guten, sympathischen Seiten. Eigentlich muss ich gestehen, dass er einer der für mich interessantesten Charaktere war.

Im Grunde genommen behandelt das Buch zwei Kriminalfälle in geschichtlichem Setting. Der eine von ihnen entwickelt sich erst spät und hat mir Tränen in die Augen getrieben, während wir immer weiter auf den unvermeidlichen Abgrund zuwanderten und mich schließlich zum Weinen gebracht. Lest bitte auf keinen Fall den inneren Klappentext des Buches, um euch in dieser Hinsicht nicht zu spoilern. Ihr würdet etwas sehr Emotionales verpassen.

Kommen wir zu den Gründen für meinen Punkteabzug: Viele Kapitel beginnen mit geschichtlichen Fakten, die zwar - beim Film würde ich sagen - gut geschnitten waren, doch mir ein wenig zu viel wurden. In wenigen Sätzen wurde vieles umrissen, das für die Handlung an sich nicht unbedingt von Nöten zu wissen war. Wer wo ist und was er gerade macht. Das war an sich eine tolle Idee, wurde mir aber etwas zu exzessiv benutzt.
Auch gab es gefühlt hunderte Anspielungen auf die Musik der damaligen Zeit (wieder mit vielen Fakten), das für jemanden, der nicht in den 60er in den Staaten aufgewachsen ist, schlichtweg langweilig wird, weil es überladen wirkte.
Gerade auf der Zielgeraden wurde zu viel von den Umständen gesprochen und zu wenig von den Gefühlen der Charaktere.Wer sich allerdings für Martin Luther King und dessen Ermordung bzw. die Ereignisse drumherum interessiert, wird hier mit guter Recherche bedient. Man bemerkt, dass es dem Autor wichtig ist, den Leser ins Geschehen zu zerren, was ja wiederum eine gute Sache ist.

Das Ende des Protagonisten Derek hat mir leider nicht zugesagt. Für mich verdarb seine Einstellung im Nachhinein ein wenig die Geschichte. Er war wie eine Fahne im Wind, konnte sich nicht entscheiden - weder in der Wahl seiner Frauen noch in jenen Fragen, die seine Zukunft betrafen. Vielleicht bin ich zu hart. Vermutlich sind alle jungen Menschen wie Derek und natürlich hat er viel durchgemacht, aber ich habe trotzdem das Gefühl, ich wäre mit einem anderen 'Hauptdarsteller' glücklicher geworden. Seinen Bruder Dennis zum Beispiel habe ich trotz weitaus mehr moralischer Makel sehr ins Herz geschlossen.

Von meinen Kritikpunkten abgesehen war der Erzählstil des Autors wirklich toll und der Aufbau sehr passend gewählt. Man hat gelitten, mitgefiebert, gehasst und geweint. Dabei gab es auch berührende Momente wie etwa zwischen den Brüdern Strange, sowie Derek und dessen Partner Troy Peters, der in dieser Geschichte seine Berechtigung dadurch hat, weil er zeigt, dass Rassismus nicht nur in eine Richtung, sondern in sehr viele gehen kann.

Kurzum: George Pelecanos weiß, ein Buch zu schreiben und er wählte ein wichtiges, aktuelles Thema, welches jedoch nicht zu 100 % perfekt umgesetzt wurde. Dennoch ist Hard Revolution ein durchaus lesenswerter Roman, denn was ist schon perfekt?
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