Rezension zu "Weihnachten bei den Maigrets" von Georges Simenon
Wir befinden uns bei den Maigrets zu Hause, es ist der Morgen des 25. Dezembers, als die ältere Dame, Bewohnerin des gegenüberliegenden Mietshauses und eine glühende Bewunderin von Jules Maigret, ihre junge Nachbarin Loraine Martin zu Maigret bringt: des nachts ist eine als Weihnachtsmann verkleidete Person ins Zimmer der Tochter von Madame Martin eingedrungen, hat der Tochter eine Puppe geschenkt und sich an den Dielen im Kinderzimmer zu schaffen gemacht. Da niemand zu Schaden kam will Loraine Martin die Angelegenheit auf sich beruhen lassen, spielt den nächtlichen Überfall herunter und wirkt auch sonst sehr kalt und überkorrekt. Doch ihre Begleiterin sorgt sich um die kleine Colette und besteht auf eine Konsultation des Kommissars. Und so nimmt Maigret von zu Hause aus die Ermittlungen auf.
In diesem wunderbaren, atmosphärisch dichten und sehr stimmungsvollen Roman beschäftigt man sich wie so häufig bei Simenon mit dem Hintergrund und dem Psychogramm der Protagonisten. Wir befinden uns in der warmen und heimeligen Maigretschen Wohnung, Madame Maigret versorgt Ihren Mann voller Liebe und Fürsorge. Dem gegenüber finden wir die Wohnung von Loraine Martin, fast eine Junggesellenbude ohne weiblichen Charme, in der die Adoptivtochter Colette mit dem nötigen versorgt, aber ohne Herzlichkeit und Wärme groß gezogen wird und einen unangenehmen nächtlichen Besuch miterleben musste. Was steckt dahinter? Wer ist die als Weihnachtsmann verkleidete Person, der Colette eine Puppe schenkte? Wird er wiederkommen und droht Colette Gefahr? Maigret beschäftigt sich intensiv mit den Martins und ihrer Vergangenheit, er ermittelt von der eigenen Wohnung aus und dringt tief in die Familienkonstellation ein. Und Madame Maigret, die sich wohl sehr eigene Kinder wünschte, unterstützt ihren Mann ohne Forderung und sorgt sich um Colette.
Dieser Roman ist für mich deswegen so besonders, weil er so alltäglich ist, die Figuren so real und echt sind und die Stimmung wunderbar und voller Liebe zum Detail eingefangen wurde.