Rezension zu Maigret und der geheimnisvolle Kapitän von Georges Simenon
Rezension zu "Maigret und der geheimnisvolle Kapitän" von Georges Simenon
von rkuehne
Rezension
rkuehnevor 14 Jahren
Mal wieder ein Maigret und ich geb zu, ich hab mich schon durch einige dieser manchmal seltsam ungewöhnlichen Krimis gequält, den Faden verloren und lange nach der eigentlichen Maigret-Faszination gesucht. Ob ich sie nun gefunden habe, kann ich immer noch nicht sagen, aber in „Maigret und der geheimnisvolle Kapitän“ kommt endlich mal Atmosphäre auf, das ist ein Roman, in den man hineingezogen wird und in dem man die ganze Zeit vor Ort ist und fast schon ein wenig Meersalz in der Luft zu schmecken scheint, auch wenn man weit vom nächsten Strand entfernt wohnt. Zur Geschichte: Der Kapitän Joris wird, mit einer Kopfverletzung, ohne Stimme und offenbar auch im Geist nicht mehr wirklich auf der Höhe des Geschehens aufgegriffen. Nachdem seine Identität geklärt ist, wird er von Maigret in seinen Heimatort Ouistreham gebracht, wo er eine Nacht später mit Strychnin vergiftet wird. Maigret ermittelt dann mal wieder unter Seeleuten, die alles sind, aber nicht redselig. So richtig gibt es keinen Anhaltsverdacht, aber ein unglaublich verschwiegenes Dorf. Fazit: Ouistreham, ein Fischerdorf in der Normandie, ist hier nicht nur Kulisse, der Ort ist nahezu eine eigene Figur, die von Simenon sehr bildlich und plastisch dargestellt wird und wesentlichen Anteil an der atmosphärischen Gestaltung von „Maigret und der geheimnisvolle Kapitän“ hat. So geht der Leser in den Roman, wie in das Dorf selbst und ist mittendrin. In Frankreich, im Kriminalfall, in der Normandie, im frühen 20. Jahrhundert. Maigret nimmt uns an die Hand, holt uns aus dem Alltag und macht mit uns ein bisschen Urlaub. Wirklich schön.