Cover des Buches ungeklärt - unheimlich - unfassbar 2016 (ISBN: 9783864452932)
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Rezension zu ungeklärt - unheimlich - unfassbar 2016 von Gerhard Wisnewski

“Ich bin sicher, wir werden ... so manche Überraschung erleben ...”

von Dr_M vor 8 Jahren

Rezension

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Dr_Mvor 8 Jahren
Wenn man Medien ablehnt, weil man sieht, wie sie Fakten verdrehen und Informationen verschweigen, dann muss man denjenigen, die das anprangern deswegen noch lange nicht alles abnehmen. Auch bei ihnen sollte man zwischen Tatsachen und Vermutungen klar trennen, zumal dann, wenn sie dies selbst ganz bewusst nicht tun und geschickt Spekulationen als Wahrheit ausgeben oder ihre Leser zu Schlussfolgerungen animieren, die sie selbst zwar nicht formulieren, aber clever suggerieren. Gerhard Wisnewski ist ein wahrer Meister in diesem Fach. Er weiß sehr gut, dass Menschen gerne glauben, was sie glauben wollen. Und diesen Wunsch bedient er auch mit diesem Büchlein.

Es ist auch hier nicht etwa so, dass seine Texte nicht interessant sind. Ganz im Gegenteil. Allerdings benutzt er ähnliche Methoden wie die von ihm gescholtenen Mainstream-Medien. Er lässt zum Beispiel einfach ein paar Möglichkeiten weg, die genau so plausibel erscheinen, wie seine Schlussfolgerungen, aber eben nicht in sein Konzept passen. Am Beispiel des angeblich vom Co-Piloten absichtlich herbeigeführten Germanwings-Absturzes in den französischen Alpen kann man das gut verdeutlichen. Dieser Fall nimmt in seinem Buch den Platz des längsten Kapitels ein. Und er lehnt sich dabei weit aus dem Fenster. Seine Hypothese lautet: Diesen Absturz hat es dort zumindest nie gegeben. Stattdessen flog eine Transportmaschine über dieser Stelle und verteilte fein säuberlich die Trümmerteile eines Flugzeuges. Der schwache französische Präsident brauchte dieses Ereignis, um Stärke zu zeigen und seine Position zu festigen. Eine heftige Behauptung, für die es selbstverständlich keine Beweise gibt. Natürlich steht sie nicht ganz so drastisch in seinem Text. Wisnewski macht das geschickter. Er portioniert seine Behauptung in kleine Stücke und vermischt sie mit sogenannten Expertenmeinungen.

In der Tat existieren rund um diesen Absturz etliche Merkwürdigkeiten. Das Gefühl, nicht die ganze Wahrheit gesagt zu bekommen, kann man nicht wirklich bestreiten. Und das, was uns serviert wurde, kam ungewöhnlich schnell für eine Untersuchung eines Flugzeugabsturzes. Ein auf den ersten Blick starkes Argument gegen die offizielle Theorie bezieht sich auf die Bilder von der Absturzstelle. Das Flugzeug scheint in einer Art Konfetti-Regen vom Himmel gefallen zu sein. Es sind kaum große Teile zu sehen. Und eine der wenigen Ausnahmen bezieht sich ausgerechnet auf das Teil, an dem man die Kennung ablesen kann. Wisnewski beschwert sich, dass man keine Sitze sieht. Das ist in der Tat so. Aber vielleicht hat das einen ganz einfachen Grund: Wir sollen sie aus Respekt vor den Toten nicht sehen. Im Netz existieren keine Videos oder Bilder von der gesamten Absturzstelle. Immer nur Ausschnitte, die keine Leichenteile zeigen. Natürlich kann man dahinter eine Absicht vermuten, etwas verschleiern zu wollen. Aber es könnte auch einfach nur der Gedanke gewesen sein, niemandem, insbesondere den Angehörigen, schlimme Bilder anzutun. Auf diese einfache Idee kommt Wisnewski aber nicht. Wenn man sich um Objektivität bemühen würde, dann könnte man auch diese naheliegende Variante wenigstens erwähnen. Es ist auch übrigens nicht so, dass es eine solche Kleinteiligkeit der Trümmerteile nicht auch bei anderen Abstürzen gegeben hat.

Wie aus jedem anderen Kapitel dieses Buches kommt man auch aus diesen hinterher nicht schlauer heraus, als man hineingegangen ist. Es geht dem Autor immer darum, aus den vorhandenen Fakten Schlüsse zu suggerieren, die er seinen Lesern als Wahrheit oder wenigstens als wahrscheinliche Variante auftischt, obwohl es dafür keine Beweise gibt. Wäre es anders, hätten all diese Fälle schließlich von vorneherein einen ganz anderen Charakter. Sie würden sich dann kaum für ein solches Buch eignen.

In einem Kapitel allerdings kommen Teile von Wisnewskis eigenartiger Geisteshaltung ins Spiel. Wem das nicht schon in seinem Buch über das Attentat auf Charlie Hebdo aufgefallen ist, der kann es hier noch klarer erkennen: Wisnewski verteidigt den Islam und hält den Islamismus für eine ausschließliche Produktion westlicher Geheimdienste. Auf Seite 111 liest man Folgendes: "... der Islamische Staat rekrutiere nun mal Kämpfer in der gesamten westlichen Welt. Aber was ist daran dann noch 'islamisch'? Der 'Islamische Staat' reduziere sich demnach auf:
- Greultaten, die professionell gedreht und am Computer zusammengeschnitten werden,
- (westliche) Produktionsfirmen, die die 'Potemkinschen Dörfer' des IS produzieren,
- westliche Rekruten, deren gesamte Kultur und deren Weltbild aus dem Westen stammen,
- Hohlköpfe, die keine Ahnung vom Islam haben und mit ein paar arabischen Worten und Koranphrasen zum Dschihadismus 'getunt' werden."

Weiter heißt es dort: "Der Islamische Staat erscheint als westliches Schreckensphantom, das als Rechtfertigung dient, um in beliebigen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens Krieg führen zu können." Mit anderen Worten: Es gibt den IS nicht. Mit dieser völlig absurden These muss man allerdings, ob man es nun will oder nicht, Wisnewskis gesamte Glaubwürdigkeit in Verbindung bringen. Das ist ein wenig schade, denn die meisten anderen Kapitel befassen sich mit Fällen, aus denen man durchaus die eine oder andere interessante Mitteilung erhält. Etwa über den Umgang mit alten Menschen in britischen (und deutschen?) Krankenhäusern. Oder über verschiedene aus den Medien bekannte Todesfälle.

Betrachtet man den Fall der offiziell zur moralischen Leitfigur ernannten Tugce Albayrak, dann zeigt sich, dass Wisnewski auch anders kann. Hier folgt er fast ausschließlich den Tatsachen, die eine etwas andere Sprache sprechen als die offizielle Version.

Alles in allem zeigt sich auch in diesem Buch, dass der Autor auf der einen Seite durchaus in der Lage ist, Vorgänge von öffentlichem Interesse kritisch zu hinterfragen. Auf der anderen Seite kann er sich aber auch nicht bremsen, Versionen eines vermeintlichen Hergangs ins Spiel zu bringen, für die es keine Beweise gibt, die sich jedoch bei ihm so lesen, als wäre er im Besitz solcher Erkenntnisse. Eine klare Trennung zwischen Tatsachen und Spekulationen gehört leider nicht zum Geschäftsmodell des Autors. Das macht wohl aber gerade seinen merkwürdigen Erfolg aus.
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