Gerhardt Csejka

 3,7 Sterne bei 16 Bewertungen

Lebenslauf

Gerhardt Csejka, geboren 1945 in Guttenbrunn, Rumänien, gestorben 2022 in Berlin. Für Die Wissenden von Mircea Cartarescu wurde er 2008 mit dem Übersetzerpreis der Kulturstiftung NRW ausgezeichnet.

Quelle: Verlag / vlb

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Neue Rezensionen zu Gerhardt Csejka

Cover des Buches Der Körper (ISBN: 9783552055049)
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Rezension zu "Der Körper" von Mircea Cartarescu

Wolkenatlas
Rezension zu "Der Körper" von Gerhardt Csejka

Ein magisches, wucherndes Meisterwerk

Im Herbst 2011 ist der lange erwartete zweite Band der "Orbitor"-Trilogie (übersetzt bedeutet das ungefähr "Trilogie des blendenden Lichtes") des großen rumänischen Autors Mircea Cărtărescu erschienen. War schon der erste Teil der Trilogie "Die Wissenden" ein harter und ergiebiger Brocken, so geht Mircea Cărtărescu in "Der Körper" noch weiter. Ein Roman als Kunstwerk, als überbordendes, nicht in irgendwelche auch noch so großzügig bemessenen Beschreibungen passendes Kaleidoskop der Bilder, die, wenn überhaupt, dann durch Hieronymus Bosch, inspiriert sein könnten.

1956 in Bukarest geboren, ist Cărtărescu sicherlich der mit Abstand fortschrittlichste und wichtigste Autor in Rumänien. Seine Literatur ist, schon seit dem ersten Roman "Travestie" und dem vor ungefähr zehn Jahren in deutscher Sprache erschienenen Erzählungsband "Nostalgia", definitiv in die erste Reihe der vielschichtigen und großen Literatur zu reihen.

Gleich auf den ersten Seiten lässt Cărtărescu seinen Helden Mircisor Cărtărescu wie um die folgenden sechshundert Seiten vorzubereiten sagen: "Ich könnte die überladene Architektur meines Lebens unmöglich aufrecht erhalten, wäre ich nicht selbst voll und ganz Sinnesorgan dafür ...". Knapp danach führt er diesen Gedanken dann weiter, indem er den Bezug zu Borges und dessen berühmter Erzählung "Das Aleph" herstellt. Die Verschmelzung von Zeit und Raum als feinfühliges und nicht kontrollierbares Sinnesorgan, eine Art Überauge.

Und so wird der Leser zum Zeugen der Wahrnehmungen des unentwegt nervös weitersuchenden Sinnesorgans, das den Leser, ausgehend von einem sich im ehemaligen Kinderzimmer des Protagonisten befindenden Bettkastens, mitschleppt, von Idee zu Idee, unvorhersehbar und unermüdlich hektisch schreitend, aber auch zielstrebig weiterführend.

Der Protagonist blickt, wie schon im ersten Teil "Die Wissenden", hinunter auf die bereits bekannte Bukarester Stefan-cel-Mare-Chaussee, mit den sich in purpurnen Sonnenuntergängen spiegelnden "kubistischen Häusern". Eine Art kommunistischer Sozialrealismus der surrealen Art, wenn man die Einordnung der Welt Cărtărescus irgendwie beschreiben möchte.

Zu den stärksten Episoden dieses Romans gehören beispielsweise die, in denen die Hirngespinste des Protagonisten verzerrte Bauwerke bzw. Architekturen, Labyrinthe in Wohnblöcken oder alle möglichen Schmetterlinge als überwältigende Opfertiere in das fressbereite Maul einer Tarantel verschwinden lässt.

Wunderbar auch die "märchenhaften Blumen, rätselhaften Tiere ... in unverständlichem Farbgewirr", die auf dem von der Mutter geknüpften Teppich zu finden sind, der, in einen Traumfänger verwandelt, als Verstärkung, als Fernrohr der Fantasie des Autors als weiterer unerschöpflicher Helfer dient. Bedrohliche und wuchernde Szenen wechseln sich mit absurden Bildern von Geheimoperationen oder sowjetischen Kosmodromen, Bilder von Marilyn Monroe und römischen Kaisern ab. Das alles weitet sich immer mehr ins Paranoide aus, mit allen möglichen unvorstellbaren Auswucherungen.

Immer wieder gleitet Cărtărescu auch in Erkundungen und Bereiche ab, die sicherlich in gewissem Maße störend scheinen. Endlos scheinende Ausschweifungen über Fraktale, Paraganglien und andere physiologische Erforschungen machen es dem Leser in diesem wuchernden literarischen Labyrinth nicht leichter. Allerdings scheint Mircea Cărtărescu hier sehr bewusst vorzugehen, beim wiederholten Lesen merkt man, wie viele Zusammenhänge bei den vorigen Lesungen verlorengegangen sind.

Und so ist dieser Zyklus möglicherweise nur dann wirklich verständlich und ins Detail erkundbar, wenn man bereit ist, sich öfter und sehr lange mit den Romanen, auch zwischen den Bänden querlesend, zu beschäftigen. Der Autor schafft in diesem Werk einen eigenen Kosmos, der losgelöst vom bisher gekannten sich nur mit viel Mühe und Aufwand dem Leser öffnet. Cărtărescu fordert quasi eine bedingungslose Hingabe des Lesers, der dann allerdings immens dafür belohnt wird.

Die Übersetzung von Gerhardt Cejka und Ferdinand Leopold ist virtuos und immens überzeugend; unvorstellbar eigentlich, dieses literarische Meisterwerk so in die deutsche Sprache zu übersetzen, man will nicht glauben, dass das nicht das Original ist.

So bleibt dem Rezensenten nur mehr die Hoffnung, dass der dritte Teil möglichst bald, wieder übersetzt durch die Herren Csejka und Leopold, erscheinen wird.

(Roland Freisitzer; 02/2012)

Cover des Buches Die Wissenden (ISBN: 9783423138109)
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Rezension zu "Die Wissenden" von Mircea Cartarescu

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Rezension zu "Die Wissenden" von Mircea Cartarescu

Wunderschöner, fesselnder Text, allerdings fast frei von Inhalt, es werden zu häufig wirre Träume beschrieben - scheinbar ohne Sinn -, was das Lesen nicht gerade leicht macht.

Cover des Buches Die Wissenden (ISBN: 9783552054066)
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Rezension zu "Die Wissenden" von Mircea Cartarescu

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Rezension zu "Die Wissenden" von Gerhardt Csejka

"Die Wissenden" ist ein absolutes Meisterwerk. Eines der schönsten, erinnerungswürdigsten und stärksten Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe. Es ist jedoch auch eines dieser Bücher, die sich mit all ihrer Komplexität und Chimärenhaftigkeit nicht wirklich beschreiben lassen und sich einer wirklichen Analyse, oder dem Versuch einer Beschreibung verschließen. Organisches und Anorganisches wechselt sich ab und verschmilzt, überbordendes Material lässt einen oft vermeintlich den Überblick verlieren. Ausgangspunkt und bindende Kraft für diese Materialüberfülle ist ein vermeintliches Selbstportrait des Autors, oder auch eines Alter-Egos mit Namen Mircea, sowie ein Portrait seiner Eltern, vor allem der Mutter des Ich-Erzählers. Einen weiteren Protagonisten (vielleicht sogar die wichtigste Ebene) hat dieses Buch, die Stadt Bukarest, eine Hommage, die vielleicht, wenn auch nur entfernt, mit der liebevollen Hommage Guillermo Cabrera Infantes ("Drei traurige Tiger") an Havanna zu vergleichen ist.
Mircea Cartarescus "Die Wissenden" ist ein ganz besonderes Buch, von erlesener (intellektueller) Schönheit, ein Buch, das anregt, kitzelt, den Leser immer fordert und sich diesem jedoch nie ganz öffnet. Wunderbar.

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