Rezension zu "LAST ORDER" von Germaine Paulus
Germaine Paulus zählt zu einer meiner Lieblingsautorinnen im deutschsprachigen Raum. Deswegen habe ich mich auch so gefreut auf ihre Kurzgeschichtensammlung ‚Last Order‘. Und es ist großartig geworden.
Das Cover gefällt mir schon mal sehr gut. Es ist düster, genauso wie die Geschichten es sind und passt super zu der Namensgebenden Geschichte ‚Last Order‘, die man als letzte Geschichte in der Sammlung zurückfindet. Das Format ist etwas kleiner als man es gewöhnt ist, was zur Folge hat, dass das Buch super in der Hand liegt und man es bequem lesen kann, sogar während man unterwegs ist oder ein schlafendes Kind auf dem Arm hält.
Inhaltlich bin ich von Last Order begeistert. Die Kurzgeschichten sind grandios geschrieben, sehr unterschiedlich, aber trotzdem alle düster. Fiese Überraschungen lauern um jede Ecke und haben mich einige Male böse erwischt. Andere Geschichten stemmen sehr nachdenklich, zum Beispiel ‚Rot‘, eine Geschichte, die ich schon kannte, bei mir beim Lesen aber wieder Gänsehaut verursacht hat. Oder ‚Der Reißverschluss‘, wo ich am Anfang kurz lächeln musste beim Namen des Protagonisten, um dann während des Lesens immer mehr zu verstummen bis dann am Ende nur noch Verständnis, aber auch Mitleid bleibt, und die Überzeugung, nicht denselben Fehler machen zu wollen, wie Gregor Sumsa. Eine Geschichte, die mir auch sehr getroffen hat und ein wenig in dieselbe Richtung wie ‚Der Reißverschluss‘ ist ‚Die Pflanze‘. Da spielt einen Workaholic die Hauptrolle, der langsam, auf eine besondere Art und Weise, entdeckt, dass er etwas in seinem Leben ändern muss, weil es sonst böse enden wird.
Aber nicht alle Geschichten sind so extrem tiefgehend. Einige machen einfach nur Spaß. ‚Ein perfekter Tag‘ zum Beispiel habe ich gefeiert. Als Leser muss man sich erst etwas hineinfinden, aber dann passiert alles Schlaf auf Schlag und man sitzt einfach mit offenen Mund da. Eigentlich sollte es ein ganz einfacher Auftrag werden, was den Protagonisten bekommt hat, aber dann geht einiges schief und endet das Ganze im Chaos. Als dann am Ende plötzlich Hauptkommissar Gerd Wegmann erschien, habe ich mich so was von gefreut. In einigen anderen Texten im Buch taucht er übrigens noch ein paar Mal auf.
Germaine Paulus zeigt in dieser Sammlung auch, dass sie sich nicht auf einem Gerne festlegt. Es gibt, so wie gesagt schon die eher nachdenklichen Geschichte, einige sehr düstere, fiese Geschichte, wie ‚Pommes schwarz-gelb‘ oder ‚Serge wohnt hier nicht mehr‘, aber auch sehr viele Texte mit phantastischen Elementen. ‚Der Handschuh‘ habe ich geliebt. Da bekommt den Protagonisten genau das, was er verdient. Oder ‚Ständerpauke‘, eine großartige, lustige Geschichte, die mich beim Lesen viel Freude bereitet hat. Aber auch ‚Elias oder Keine Schokolade‘, ‚Torben hatte ein Tentakel‘ oder ‚Kill your Darlings Inc.‘ fand ich grandios. Mit ‚Last Order‘ eine dunkle dystopische Geschichte geht dieses wundervolle Buch dann zu Ende.
Viele Geschichten habe ich hier noch nicht besprochen, weil es sonst den Rahmen sprengen würde. Am besten man liest dieses Buch selber. Es macht unglaublich viel Spaß, wenn man auf düstere Geschichten und überraschende Wendungen seht. Die Texte sind abwechslungsreich und genial geschrieben. Ich habe beim Lesen keine Wörter mehr gesehen, aber Bilder. Es war, als ob ich dabei war einen Film zu schauen.
Insgesamt eine sehr gut gelungene Kurzgeschichtensammlung, die ich weiterempfehlen kann. Für zartbesaitete Seelen ist es aber nichts, weil die Geschichten ziemlich düster sind und manchmal richtig böse enden.