Gernot Krämer

 4,2 Sterne bei 10 Bewertungen

Lebenslauf

Gernot Krämer, 1968 in Hamm geboren, aufgewachsen in Westafrika und in Westfalen, studierte Komparatistik, Germanistik, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften sowie Kunstgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum und lebt als Redakteur der Literaturzeitschrift Sinn und Form in Berlin. Bei Matthes & Seitz Berlin gibt er die Barbey-d'Aurevilly-Ausgabe heraus und hat einige der Bände auch übersetzt.  

Quelle: Verlag / vlb

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Neue Rezensionen zu Gernot Krämer

Cover des Buches Der Chevalier Des Touches (ISBN: 9783882216226)
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Rezension zu "Der Chevalier Des Touches" von Jules Barbey d`Aurevilly

Glorreiche Erinnerungen alter Damen an die Chouannerie
TheSaintvor 4 Monaten

In einer Winternacht in den letzten Jahren der bourbonischen Restauration (1814-1830) begegnet dem Abbé de Percy auf dem Kapuzinerplatz des kleinen Städtchens Valognes ein verwirrter alter Mann. Sie tauschen ein paar Worte aus, ehe dieser Alte wieder in die Nacht verschwindet. Der Abbé ist überzeugt, dass dieser Mann der Chevalier des Touches war, ein seit Jahrzehnten unter mysteriösen Umständen verschwundener und wohl auch tot geglaubter Held der "Chouannerie" - Guerillakämpfer katholischer Royalisten gegen die Erste Französische Republik (1792 bis ca. 1804). Diese Vermutung trägt er beim Besuch des ältlichen landadeligen Geschwisterpaars Ursule und Sainte de Touffedelys vor, welche sich daraufhin an jene Zeit des Widerstands erinnern, als sie jung waren und ihr Haus geheimer Treffpunkt der "Chouans" war. 

In ihrer Gesellschaft befindet sich auch die maskuline Barbe-Pétronille de Percy, die die Erinnerungen des Geschwisterpaares aufnimmt und von ihrem heldenhaften Einsatz 1799 als Eine "der Zwölf" zu erzählen beginnt. Das "Unternehmen der Zwölf" war die Befreiung des Jacques Destouches de la Fresnay, der wagemutig und halsbrecherisch bei jeder Witterung geheime Depeschen in einer kleinen Nußschale von Boot von Frankreich nach England brachte. Doch er war schlußendlich gefasst und inhaftiert worden. Interessiert lauschen die Geschwister und der Abbé der romantisch veranlagten Widerstandskämpferin, die leidenschaftlich vom Chevalier erzählt und weiß, dass ein weiterer Gast im Hause de Touffedelys, der am knisternden Feuer sitzt und stickt, taub ist und nichts von der Geschichte mitbekommt, in welcher dieser Gast eine zentrale und pikante Rolle spielte. Der Gast ist Aimée-Isabelle de Spens, die Verlobte des Helden...

Von 1849 bis 1863 hat Jules Barbey d'Aurevilly (geboren 1808, gestorben 1889) an diesem Roman geschrieben, der nach Balzac und Hugo einen weiteren Versuch der historischen Schilderung der gescheiterten Revolte der "Chouans" (so genannt, weil der Verständigungsruf der Guerillakämpfer der eines Käuzchens (franz.: chouchette) war) darstellte. Die Fantasie und der Einfallsreichtum des Autors haben ihn aber immer wieder von der rein historischen Erzählung abkommen lassen und so präsentiert sich nach mehr als anderthalb Jahrhunderten erstmals in deutscher Sprache eine Mixtur aus historischem und fantastischem Roman - eine wilde und ungemein kunstvolle Mischung von Abenteuer- und Liebesgeschichte. 

Die wunderschöne deutsche Ausgabe des Verlags "Matthes & Seitz" bietet neben der exzellenten Übersetzung durch Gernot Krämer und Caroline Vollmann noch ein Nachwort von Gernot Krämer sowie zwei Essays von Heinrich Mann und Michel Serres. Der funkelnde Text wird durch herrliche Illustrationen von Félix Buhot aufgelockert und versinnbildlicht das Geschehen. Hoher Lesegenuss!

Cover des Buches Monsieur Bougran in Pension (ISBN: 9783932109720)
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Rezension zu "Monsieur Bougran in Pension" von Joris-Karl Huysmans

Joris-Karl Huysmans - Monsieur Bougran in Pension
miss_mesmerizedvor 9 Jahren

M. Bougran ist ein vorbildlicher Beamter, vor kurzen erst wurde er ausgezeichnet. Doch er muss Platz machen für einen Günstling und so wird er kurzerhand in Pension geschickt. Alle beteuern ihm, wie toll es ist, jetzt so viel Zeit und Freiheit zu haben, doch schon nach wenigen Tagen im Park überfällt ihn eine unsägliche Langweile. Nach einem Besuch im Büro erfasst in Tatendrang und er richtet sich zu Hause ein Büro ein, wo er mit festen Arbeitszeiten selbst gestellte Aufgaben bewältigt. Doch der Austausch fehlt, also wird sein ehemaliger Laufbursche Huriot bei ihm privat eingestellt. Er kennt die Vorgaben genau und weiß, wie wichtig Sorgfalt ist – und so arbeitet er sich schließlich zu Tode.


Huysmans greift in seinem Text aus dem Jahre 1888 Kafka vor, denn seine Figur des M. Bougran ist gefangen im Bürokratenjargon und kann gar nicht anders, als bis an sein Ende der vorgegebenen Taktung folgen. Seine eigene Erschöpfung verarbeitet er hier in der Figur des Bougran. Interessant ist die Grundfrage des Textes auch heute noch: wie sehr definieren wir uns über unsere Arbeit und was bedeutet es, wenn wir dort keine Anerkennung mehr finden?

Cover des Buches Monsieur Bougran in Pension (ISBN: 9783932109720)
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Rezension zu "Monsieur Bougran in Pension" von Joris-Karl Huysmans

Monsieur Bougran in Pension
Clarivor 11 Jahren

Literarisches Kleinod aus dem Haus der Friedenauer Presse.

 

 Die vorliegende delikate kurze Novelle von J.-K. Huysmans ist von bezaubernder Einfachheit in ihrer Darstellung der Welt eines kleinen untergeordneten Büroangestellten. Er lebt und arbeitet in Paris zum Ende des 19. Jahrhunderts.

 

Im Fokus steht der unbedeutende Angestellte  Monsieur Bougran. Ihm wird die Frühverrentung angetragen, und sein geordnetes Leben gerät aus dem Gleis. Die Arbeit hat dem allein lebenden skurrilen Kleinbürger Sinn und Lebensfreude beschert. Soll das alles nun vorbei sein? Monsieur Bougran kann es nicht fassen, dass er seinen Arbeitplatz räumen muss. Ist er doch erst 50 Jahre alt und hat sein Leben ganz der Arbeit gewidmet. Wie soll er die Tage verbringen? Wie dem Tag noch etwas Gutes abgewinnen? Er fügt sich, und man erlebt einen geknechteten Charakter, den diese schmerzliche Erfahrung umtreibt.    

 

Mit fein ziselierten Beobachtungen beschreibt der Autor die Atmosphäre und das Interieur des Büros, in dem Bougran die Entlassung von seinem Büroleiter verkündet wird. Die Teppiche, der Schreibtisch und der Bücherschrank mit den Gesetzestexten werden detailgenaue gewürdigt.

Huysmans zeigt in dieser kurzen Schrift sein ganzes Können eines Schriftstellers von Rang. Die Gedanken, das Ambiente und die Wege, die Bougran am Tage geht, sind äußerst penible beschrieben, so wie der ganze Mann von einer Aura aus Gewissenhaftigkeit und Fleiß umgeben ist, die plötzlich zerbricht.

Monsieur Bougran gestaltet den Alltag neu und verfällt darauf, zu Hause sein Büro nachzubauen und einen Laufburschen einzustellen.

Er versucht beharrlich, sein altes Leben beizubehalten.

Es geht hier also auch um eine ungewöhnliche Sozialstudie, die von makaberen Zügen begleitet ist.

 

"In der Auflehnung von Monsieur Bougran gegen die Regeln des Öffentlichen Dienstes, die Heimsuchungen des Alters und die unwiederbringlich vergehende Zeit manifestiert sich ein wahrhaft heroischer Widerstand."

In dieser Form birgt der Text eine Menge kostbarer Details, die das Lesen zu einem Genuss werden lässt.

 

Huysmans war selbst Beamter. Er hat den vorliegenden Text als Auftragsarbeit geschrieben. In dieser Form wurde die Arbeit vom Auftraggeber abgelehnt. Erst 1964 gewann der 1888 verfasste Text die Aufmerksamkeit eines Verlegers.

Heute nun haben uns die Mitarbeiter der Friedenauer Presse wieder einmal eines ihrer Kleinodien präsentiert, mit denen sie immer wieder Aufmerksamkeit erregen.

 

In der Aufmachung und dem Inhalt nach eignet sich das fast an eine Broschüre gemahnende kleine Büchlein als edles Geschenk zu passenden Gelegenheiten.

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