Gert Loschütz

 3,7 Sterne bei 94 Bewertungen
Autor von Ein schönes Paar, Besichtigung eines Unglücks und weiteren Büchern.
Autorenbild von Gert Loschütz (©Bogenberger/autorenfotos.com)

Lebenslauf

Mehrfach ausgezeichneter Autor: Der deutsche Schriftsteller und Verfasser von Fernsehspielen Gert Loschütz wurde 1946 in Genthin geboren. Nach seinem Abitur am Humanistischen Gymnasium, studierte er an der Freien Universität in Berlin Geschichte, Soziologie und Publizistik. Seine Werke wurden mit vielen renommierten Preisen, wie den Ernst Reuter Preis und den Rheingau Literaturpreis geehrt. Er hat Erzählungen, Romane, Gedichte, Hörspiele, Theaterstücke und Filmdrehbücher geschrieben. Seine bekanntesten Werke sind "Dunkle Gesellschaft", "Die Bedrohung", "Das erleuchtete Fenster" und "Auf der Birnbaumwiese". 2000 wurde er mit der Ehrengabe der Deutschen Schillergesellschaft gekrönt. Mit "Ein schönes Paar" hat er es auf die Longlist des Deutschen Buchpreises geschafft. Gert Loschütz lebt mit seiner Familie in Berlin.

Alle Bücher von Gert Loschütz

Cover des Buches Ein schönes Paar (ISBN: 9783895611568)

Ein schönes Paar

 (35)
Erschienen am 06.02.2018
Cover des Buches Besichtigung eines Unglücks (ISBN: 9783895611575)

Besichtigung eines Unglücks

 (28)
Erschienen am 20.07.2021
Cover des Buches Dunkle Gesellschaft (ISBN: 9783492249164)

Dunkle Gesellschaft

 (11)
Erschienen am 01.03.2007
Cover des Buches Ballade vom Tag, der nicht vorüber ist (ISBN: 9783895611582)

Ballade vom Tag, der nicht vorüber ist

 (8)
Erschienen am 01.02.2022
Cover des Buches Die Bedrohung (ISBN: 9783492251471)

Die Bedrohung

 (5)
Erschienen am 21.04.2008
Cover des Buches Ein schönes Paar (ISBN: 9783442718726)

Ein schönes Paar

 (2)
Erschienen am 13.12.2021
Cover des Buches Das Pfennig-Mal (ISBN: 9783458339717)

Das Pfennig-Mal

 (1)
Erschienen am 01.01.1999
Cover des Buches Besichtigung eines Unglücks (ISBN: 9783442773053)

Besichtigung eines Unglücks

 (0)
Erschienen am 13.12.2023

Videos zum Autor

Neue Rezensionen zu Gert Loschütz

Cover des Buches Ballade vom Tag, der nicht vorüber ist (ISBN: 9783895611582)
Lesebiene017s avatar

Rezension zu "Ballade vom Tag, der nicht vorüber ist" von Gert Loschütz

Das lebenslange Trauma einer Flucht
Lesebiene017vor 2 Jahren

„Es ist etwas Merkwürdiges, mit den Gedanken immer zum gleichen Tag zurückkehren zu müssen und alles, was danach geschehen ist, auf ihn zu beziehen. Ich weiß, dir kommt das absonderlich vor, aber für mich ist es ganz selbstverständlich, denn immer ist mir gegenwärtig, dass mein Leben ohne ihn anders verlaufen wäre.“ (S. 20)

Als Elfjähriger ist Ich-Erzähler Karsten Leiser in den 1950er Jahren zusammen mit seinen Eltern aus dem (fiktiven) Ort Plothow in Brandenburg geflüchtet. Für den Jungen stellt sich die Flucht als Nacht- und Nebelaktion dar, er hat keine Möglichkeit, Abschied zu nehmen oder sich auf den bevorstehenden Umzug vorzubereiten. In der neuen (fiktiven) hessischen Heimat Wildenburg gelingt es ihm nicht, neue Wurzeln zu schlagen oder Freunde zu finden. Als Flüchtling wird er dort von Kameraden, Lehrern und Einheimischen ausgegrenzt und verhöhnt. Erschwerend kommt hinzu, dass seine Mutter schwer erkrankt und auf den Tag genau am Jahrestag der Flucht tragisch verstirbt. Damit nimmt ein lebenslanges Trauma seinen Anfang.

Der Ich-Erzähler entwickelt jedes Jahr eine große Aversion gegen die Wiederkehr dieses Tages. Bereits im Vorfeld leidet er, ist er doch der tiefen Überzeugung, dass jedes Unglück ihn just an diesem Datum überfallen wird. Der gesamte Roman ist ein einziger Gedankenstrom. Karsten versucht seiner Freundin Vera innerhalb einer Nacht sein Dilemma um den Verlust der Heimat zu erklären. Er erzählt nicht chronologisch, sondern beginnt seine Erzählung von Anfang an in Abschnitten, so dass man höllisch aufpassen muss, alles Wichtige zu erfassen. Mit zunehmender Lektüre werden die angerissenen Handlungsfäden jedoch wieder aufgenommen und weiter verfolgt. Aber Achtung: Bereits auf Seite 19 bereitet uns der Erzähler darauf vor, dass er ein Lügner ist, der „immer lügt, wenn es um etwas Wichtiges geht.“ Es bleibt also dem Leser überlassen, ob er alles glauben will, was ihm erzählt wird.

Gert Loschütz ist ein Könner seiner Zunft. Mit sehr viel Empathie lässt er uns in die Geschichte Karstens eintauchen, die offensichtlich starke biografische Züge trägt. Die Liebe zur Heimat, zur Landschaft, zu den zurückgebliebenen Großeltern wird in wunderbaren Sätzen fühlbar. Plothow ist Sehnsuchts- und vollkommener Glücksort für den Protagonisten. Die Flucht hat ihn davon getrennt. Alle weiteren Entwicklungen ergeben sich schicksalhaft genau daraus, werden darauf zurückgeführt. Insofern ist der Tag der Flucht der titelgebende Tag der nicht vorüber ist.

Der Ich-Erzähler berichtet über die wesentlichen Ereignisse seines Lebens, die im Zusammenhang mit dem traurigen Jahrestag stehen. Als Journalist ist er herumgekommen, aber nirgends heimisch geworden. Er ist ein Einzelgänger, dessen Beziehungen mit Frauen nicht unter einem glücklichen Stern stehen. Am nächsten kommt ihm sicherlich Vera, aber auch die hat mit seiner Rückwärtsgewandtheit und seinem Nichtdrüberwegkommenwollen zu kämpfen.

Man muss Zeit und Konzentration in diesen Roman investieren, nur dann wird man ihm gerecht. Während Loschütz´ Schreibstil von der ersten Seite an fesselt, braucht man einige Seiten mehr, um auch inhaltlich im Buch anzukommen. Puzzlesteine finden sich zunehmend. Neben Plothow und Wildenburg spielt die Handlung auch in Irland und Italien.

Über weite Strecken hat mich dieser Roman begeistert. Gert Loschütz ist ein brillanter Stilist, der schon mit einzelnen Sätzen unglaublich viel Intensität, Wärme und Atmosphäre transportieren kann. Die Erinnerungen des Protagonisten werden durch eindrückliche Bilder dargelegt, denen man sich schwer entziehen kann. Zudem haben mich Loschütz´ selbstbewusste Wortschöpfungen begeistert, die wahrscheinlich nicht im Duden zu finden, aber in ihrer Aussage glasklar sind (z.B. Bittstellerhöflichkeit, Erinnerungsgefängnis, Entzündungsfessel oder Nebendirmensch).

Die inhaltlich fesselnde Dichte kann der Roman meines Erachtens nicht bis ganz zum Schluss halten. Es ergeben sich Motive, die ich nicht klar zuordnen konnte. Ich habe die beiden Romane „Ein schönes Paar“ und „Besichtigung eines Unglücks“ mit großer Begeisterung gelesen, sie erscheinen mir vom Aufbau her etwas strukturierter und leichter zugänglich. Bei „Ballade vom Tag, der nicht vorüber ist“ handelt es sich um ein früheres Werk des Autors, das bereits 1990 unter dem Titel „Flucht“ bei Luchterhand aufgelegt wurde, aber auch heute noch einen hohen Grad an Aktualität besitzt.

Ich halte Gert Loschütz für einen der begabtesten deutschsprachigen Romanciers. Insofern ist auch dieses Buch für alle Freunde guter Literatur unbedingt lesenswert. Es verströmt seinen einmalig melancholischen Loschütz-Sound und ich bin dem Verlag für die Wiederaufnahme des Romans mit dem neuen, wesentlich passenderen, Titel sehr dankbar. Ich wünsche ihm viele begeisterte Leser!

Cover des Buches Ballade vom Tag, der nicht vorüber ist (ISBN: 9783895611582)
luisa_loves_literatures avatar

Rezension zu "Ballade vom Tag, der nicht vorüber ist" von Gert Loschütz

"Weil alles Wichtige nicht erzählt werden kann"
luisa_loves_literaturevor 2 Jahren

Gert Loschütz gelingt mit seiner „Ballade, vom Tag, der nicht vorüber ist“ ein kleines Kabinettsstückchen. Er legt einen Roman vor, der in seinen Deutungsmöglichkeiten so komplex wie ein Gedicht ist, spielt in seiner Erzählführung immer wieder auf die im Titel geführte Balladenstruktur an und fordert den Leser so unablässig zu Interpretation und Mitdenken auf. Die Geschichte ist kurz skizziert: der Protagonist Karsten floh als Kind mit seiner Mutter aus der DDR in den Westen. Der Tag der Flucht hat sich als lebensveränderndes Moment in seine Erinnerung eingebrannt, mehr Trauma als Befreiung, sodass der Erzähler unfähig ist, sich dieses Ereignisses zu entledigen, es emotional loszulassen und sich der Zukunft zuzuwenden. Stattdessen wird sein Leben von Rückblenden, Heimatverlust, Heimatsehnsucht und Unrast geprägt – ein glückliches, erfülltes, konstantes Dasein ist im langen Schatten der unerreichbaren geliebten und auch glorifizierten Heimat nicht möglich. 


 


Inhaltlich sollte man keine allzu hohen Erwartungen haben: der Roman bietet keinen spannenden Plot, die sich auf verschiedene Schauplätze aufspaltende Handlung gleicht eher fragmentarischen Episoden, deren Zusammenhang durch das Motiv des Heimatverlusts hergestellt wird. Damit man sich zwischen den unterschiedlichen Settings nicht verliert, nimmt Loschütz bei Orts- und Zeitwechseln den Faden des letzten vorangegangenen Moments in dieser Umgebung wieder auf. Dies gelingt ihm ausgezeichnet, denn es entsteht nicht der Eindruck von Wiederholung, sondern eher von spiralenhaftem Erzählen mit deutlichen Reminiszenzen an den Refrain, den man von Balladen kennt. 


 


Auch mit den Figuren kann man sich in der „Ballade“ schwertun: der Protagonist ist ein unzuverlässiger, inaktiver, leidender Erzähler, dem man in seinem ganzen Weltschmerz nicht allzu viel Sympathie entgegenzubringen vermag. So wie er nicht fähig ist, Bindungen zu anderen Menschen aufzubauen, gelingt es ihm auch nicht in Bezug auf den Leser. Tatsächlich schwebt man immer wieder am Rand des Überdrusses im Angesicht dieser konsequenten Rückwärtsausrichtung.


 


Allerdings ist der Roman trotzdem ein sehr lohnenswerter, denn Loschütz spielt virtuos mit Andeutungen, Anspielungen, Hinweisen, Motiven und Symbolen. In fast jeder Passage verbirgt sich ein Subtext, der das Konzept „Heimat“ umreißt und Ansichten zu „Heimatverlust“ transportiert. Sprachlich ist der Roman außerordentlich gelungen, atmosphärisch auf den Punkt mit zahlreichen treffenden Formulierungen. So entsteht ein sehr anspruchsvoller, höchst fordernder und sehr dichter Text, der in seinen Deutungsmöglichkeiten der Lyrik gleichkommt. Wer Freude am Spiel der Interpretation hat, kommt hier voll auf seine Kosten.

Cover des Buches Ballade vom Tag, der nicht vorüber ist (ISBN: 9783895611582)
walli007s avatar

Rezension zu "Ballade vom Tag, der nicht vorüber ist" von Gert Loschütz

Verlust der Heimat
walli007vor 2 Jahren

Mit seiner Mutter fährt der Junge vom Osten in den Westen. Der Vater ist schon dort. Doch der Junge vermisst seine Heimat, die Großeltern, das Haus. Die Klassenkameraden und sogar die Lehrer sind nicht immer freundlich zu dem Flüchtlingskind. Seine Eltern schont der Junge, so wie es Kinder manchmal machen. Allerdings erkrankt die Mutter relativ kurz nach der Ankunft in der neuen Stadt und als sie ins Krankenhaus muss, ist es als ahne sie schon, dass sie nicht mehr wiederkommt. Später beginnt das ehemalige Flüchtlingskind zu reisen, vielleicht ist dies ein Ausdruck seines Heimatverlustes.


Bereits im Jahr 1990 unter dem Titel „Flucht“ ist dieser Roman zum ersten Mal erschienen, wobei der nun gewählte Titel mindestens als ebenso passend erscheint. Denn der Erzähler kann von dem Tag, an dem sich die Flucht jährt und der auch der Todestag seiner Mutter ist, nicht loskommen, ihn nicht überwinden. Er bleibt ruhelos und auch seine Freundschaften und Beziehungen wirken nicht sehr tief gehend. Zu groß ist wahrscheinlich das Trauma, das seine Kindheit überschattet hat. Am anhänglichsten ist da wohl der Koffer, der noch aus der Heimat mitgekommen ist. In einer Nacht berichtet der Erzähler von seinem Leben.


Von seinen neueren Werken wohlbekannt lernt man hier eine andere Herangehensweise des Autors kennen. In episodenhafter Weise lässt er seinen Erzähler von seiner Kindheit berichten und von seinem Erwachsenenleben. Wobei die späteren Jahre wohl die Ruhelosigkeit widerspiegeln, deren Grundlage in der Kindheit gelegt wurde. Berührend sind die Schilderungen der Kindheit, die Reise in den Westen, die sich als Flucht entpuppt, die Mühe des Ankommens, der tragische krankheitsbedingte Tod der Mutter, der eine Lücke reißt, die der Vater nicht zu füllen vermag. Sind dem Leser oder der Leserin Erzählungen mit einer fortlaufenden Handlung lieber, kann der vorliegende Band nur bedingt begeistern. Dennoch überzeugt die Geschichte einer gebrochenen Jugend, die auch in späteren Jahren nicht wirklich verheilt. Ein prägender Moment ist dabei hervorragend in dem ansprechenden Coverbild festgehalten.


3,5 Sterne

Gespräche aus der Community

Liebe Lovelybooks Freunde,

wir laden Euch herzlich ein, an unserer Leserunde zu Gert Loschütz' Roman Ein schönes Paar teilzunehmen! Das Buch ist ein ergreifender Roman über die Liebe und die Vergänglichkeit vor dem Hintergrund der deutschen Teilung:

Beim Ausräumen seines Elternhauses stößt der Fotograf Philipp auf einen Gegenstand, der in der Familiengeschichte eine entscheidende Rolle gespielt hat. Seine Eltern, Herta und Georg, waren ein schönes Paar. Es lag eine glückliche Zukunft vor ihnen. Doch rasch verkehrten sich ihre Hoffnungen ins Gegenteil.

Wenn Ihr interessiert seid, dann bewerbt Euch jetzt für die Leserunde und gewinnt mit etwas Glück eines von 15 Leseexemplarpaketen!

Beantwortet einfach folgende Frage bis zum 29.01.2018, um Euch zu bewerben:

Was versteht Ihr unter einem schönen Paar?



Viel Erfolg wünscht Euer

Verlag Schöffling & Co.

PS: Eine Leseprobe zum Buch findet Ihr hier.
413 BeiträgeVerlosung beendet
Schoeffling_und_Cos avatar
Letzter Beitrag von  Schoeffling_und_Covor 5 Jahren
Liebe LovelyBooks-Freunde,

»Ein schönes Paar« ist für den LovelyBooks Leserpreis 2018 nominiert! Eure Stimme für das Buch könnt Ihr gleich hier abgeben: https://www.lovelybooks.de/leserpreis/2018/nominierungen/romane/

Herzliche Grüße
Euer Verlag Schöffling & Co.

Zusätzliche Informationen

Gert Loschütz wurde am 09. Oktober 1946 in Genthin (Deutschland) geboren.

Community-Statistik

in 130 Bibliotheken

auf 13 Merkzettel

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks