Der Plot:
Der Titel „Ischgler Schnee“ ist sehr gut gewählt, denn es gibt nicht nur das gefrorene Wasser, sondern auch Kokain im Überfluss.
Es gibt zahlreiche Fragen, die nicht schlüssig beantwortet werden. Warum ändert der Täter seine „Arbeitsweise“? Statt Gift ins Getränk nun brachiale Gewalt? Warum zerstückelt er ein 10-jähriges Urlauberkind? Ist der Hass auf die saufende, koksende und nur auf Halli-Galli ausgerichtete Menschenmenge sein Motiv? Wir werden‘s nicht erfahren, denn der Täter nimmt sein Geheimnis mit ins weiße Grab einer Lawine.
Allerdings sind es durchwegs kaputte Typen, die den Weg nach Ischgl finden. Immer wieder beginnen verschiedene Protagonisten ihre Geschichte in der Ich-Form zu erzählen. Allerdings wird nicht deutlich, wann der Schwenk zu einer neuen Person passiert. Hier hätte eine deutliche Absetzung dem Leser helfen können, in die andere Perspektive zu schlüpfen.
Die Handlung ist ziemlich härter Toback, aber auf eine ziemliche verstörend Weise auch faszinierend.
Ich glaube, dadurch, dass es mit Tabus bricht, und wirklich Szenarien beschreibt, mit denen ich absolut nichts zu tun haben möchte, liest es sich so gut.
Die Charaktere:
Der Autor Gert Weihsmann baut eine Unmenge an Erzählsträngen auf, die sich erst so nach und nach verbinden. Es soll wohl ein Abbild unserer Gesellschaft darstellen, doch die vielen Personen und Handlungen haben mich zusehends verwirrt. Manches Mal war ich mir auch nicht sicher welche Person gerade im Fokus steht.
Es wird leider sehr auf dem moralisch verwerflichen Verhalten der Touristen in diesem legendären Skiort herumgeritten, Beispiel: „Ich brauchte keine zehn Minuten, um das Geschäftsmodell von Ischgl erneut kennenzulernen: Nur eine Minderheit wollte Ski fahren, die allermeisten Urlauber …“ (S. 274). Das hat mich teilweise ein wenig genervt. Auch wenn sich nicht alle politisch korrekt benehmen – die Einnahmen aus diesem Wirtschaftszweig nimmt man dann doch ganz gerne mit …
Die Sprache:
Dabei hat mir auch die Sprache des Autors sehr gut gefallen, die die oft düstere Thematik auf humorvolle Weise aufgelockert hat. Das Buch hat mich bis zum Schluss nicht losgelassen. Dabei hat das Genre - Krimi - bei der Lektüre keinerlei Rolle mehr gespielt. Ich konnte mich einfach dem Sog nicht mehr entziehen, der die Protagonist*innen in den Abgrund gerissen hat. Ein großartiges Werk von einem großartigen Autor!.
Hinzu kommt, dass sich der Autor teilweise einer sehr derben Sprache bedient und man schnell den Eindruck gewinnt, dass es sehr viel um Sex und Drogenkonsum geht, was auch ziemlich plastisch beschrieben wird. Und das mag auf einige Leser abstoßend wirken.
Fazit:
Wie derzeit häufig, fehlen in der direkten Rede die Redezeichen und oftmals weiß man nicht, wer gerade spricht. Die verwendete Sprache ist derb und stößt häufig ab.
.Für mich persönlich war dieser Alpenkrimi am Anfang ein bisschen anstrengend. Der Autor baut viele verschiedene Handlungsstränge auf, und bis man versteht, wie alles zusammenhängt, ist man auch schon am unrealistischen, unglaubwürdigen Ende des Buches angelangt.
Ein richtiger Spannungsbogen wird nicht aufgebaut und so kann mich dieser Krimi so ganz und gar nicht begeistern. Vielmehr verwirrt mich die Geschichte bis diese gegen Ende doch noch einen temporeichen Showdown bietet (wobei ein Alkoholiker als Hubschrauberpilot nicht gerade glaubwürdig erscheint).
Ischgler Schnee ist in meinen Augen eher eine düster gezeichnete Gesellschaftsstudie als ein klassischer Kriminalroman.