Rezension zu "Aus meinem Leben" von Giacomo Girolamo Casanova
Aus meinem Leben
Giacomo Casanova
(Herausgegeben von Roger Willemsen)
____________________________________________________________________________
„Abenteurer und Diplomat, Hochstapler und Intrigant, Alchimist und Freimaurer, Theologe, Komödiendichter, Ökonom, Philosoph - der größte Verführer der Geschichte war mehr als nur ein Frauenheld. Roger Willemsen zeigt den ganzen Casanova und damit das aufregende Bild einer Epoche, die mit der Französischen Revolution zu Ende ging.“
______________________________________________________________________________
Warum ist Casanova eigentlich berühmt geworden?
Casanova schreibt über seine Frauen und über seine sexuellen Ausschweifungen mit ihnen, ohne dafür viel tun zu müssen. Die Frauen bieten sich ihm von selbst an. Und wenn eine nicht gleich mitmachen will, bedrängt er sie. Casanova verrät uns damit unbewusst, dass er ein Problem hat und seine Triebe nicht kontrollieren kann. Sein Sexualtrieb hat Kontrolle über ihn, und nicht umgekehrt, was heute sehr stark für Sexsucht spricht. Er akzeptiert kein Nein, wird sehr aufdringlich und respektlos, betatscht die Person obwohl diese ihm ausdrücklich sagt, dass sie das nicht möchte. Er gibt nicht auf und belästigt einfach weiter.
Die nächste Frage die ich mir stellte, ist: Was ist für Casanova eigentlich Liebe? Immer wieder schreibt er, wie verliebt er sei - in jede seiner Liebhaberinnen. Auch als er sich in seine Tochter „verliebt“ und mit ihr und ihrer Mutter das Bett teilt, reflektiert er sein Verhalten nicht und definiert nicht, was für ihn Liebe bedeutet. In diesem Buch gibt es einige sehr verstörende Szenen, die seinen geistigen Zustand immer wieder in Frage stellen.
Zum Schluss aber zieht Casanova Bilanz und teilt mit, was er in seinem Leben gelernt hat, nämlich:
„Mit meiner Veranlagung habe ich aber vielleicht gut daran getan, mich nicht unwiderruflich zu binden, obwohl die Unabhängigkeit in meinem Alter eine Art von Sklaverei ist. Hätte ich eine Frau geheiratet, die so geschickt gewesen wäre, mich zu lenken und zu beherrschen, ohne mich mein Joch fühlen zu lassen, so hätte ich mir mein Vermögen bewahrt, Kinder gehabt und wäre jetzt nicht mutterseelenallein und arm.“
Und:
„Ich erkannte trotz allen Sträubens, ja musste es mir gezwungenermaßen eingestehen, dass ich meine ganze Zeit vergeudet hatte, und das bedeutete, dass ich mein Leben vergeudet hatte.“