Antonio leidet seit seiner frühen Kindheit an einer Epilepsie. Nicht im Stande sich äußern zu können und mit dem Gefühl, die Welt bräche über ihn herein verliert er manchmal das Bewusstsein und bereitet seinen Eltern damit große Sorgen. Doch er hat Glück, denn seine Epilepsie ist eine leichtere Art und nachdem er als Jugendlicher über drei Jahre hinweg keine Anfälle mehr hatte, soll jetzt ein letzter Test prüfen ob er überhaupt noch zu solchen neigt. 48 Stunden soll er wach bleiben und somit sein Gehirn reizen an die Grenzen zu gehen. Begleitet bei diesem Versuch wird er von seinem Vater, bei dem er nach der Trennung der Eltern teilweise aufgewachsen ist. Sie durchstreifen zusammen Marseille, betreiben Sightseeing, gehen in eine Jazzbar, lernen auf einer Party neue Leute kennen und Antonio erlebt sogar sein erstes intimes Erlebnis mit einer Frau. Während dieser Zeit wird Antonio klar, dass er bisher gar nicht so viel über seinen Vater wusste wie er bisher geglaubt hat. Sie führen zum ersten Mal tiefgründige Gespräche, sprechen offen auch über unbequeme Themen, über Bücher, Gedichte, die Vergangenheit. Er erfährt viel über seinen Vater und fühlt sich ihm das erste mal richtig nahe. Diese 48 Stunden markieren eine neue Ebene ihrer Vater Sohn Beziehung und ihre gemeinsamen Erlebnisse werden sie immer in Erinnerung bewahren📖
Ein sehr angenehm ruhiges, zugleich auch tiefgründiges und bewegendes Buch. Durch ein paar Kapitel am Anfang erfuhr man Antonios Vorgeschichte, wie er mit seinen epileptischen Anfällen aufwuchs und wie ihm die ärztlich verschriebenen Vorsichtsmaßnahmen beinahe die Lebenslust nahmen. Die Eltern, zwar getrennt, zogen beide an einem Strang um für ihren Sohn die bestmögliche Behandlung zu ermöglichen. Auch wenn aus heutiger Sicht die Art der Überprüfung der Krankheit merkwürdig erscheint, war es interessant zu sehen wie Vater und Sohn gemeinsam die 48 Stunden durchstanden. Gleichzeitig hatte man auch Bedenken, was wäre, wenn Antonio z.B. irgendwo während der Bootsfahrt auf dem Meer doch einen schlimmen Anfall bekäme.
Die anfängliche Beklommenheit offen miteinander zu reden und auch Fragen zu stellen war nachvollziehbar und man konnte das Unbehagen spüren. Es war schön zu lesen, wie sich ihre Beziehung im Laufe der Geschichte veränderte. Wie Antonio seinen Vater bisher eher nur von der konventionellen und einsilbigen Seite her kannte und jetzt erst seine spontane und aufgeschlossene Seite kennenlernte. Und auch er selbst sich traute sich seinem Vater zu öffnen und ihn näher an sich, sein Leben und seine Gefühle heranzulassen. Für Antonio fühlte es sich an als wären sie Freunde geworden, was für ihn zwar seltsam, aber schön klang. Sie nahmen sich beide unabhängig voneinander vor, diese Verbundenheit nicht wieder zu verlieren, aufrechtzuerhalten und die Erinnerung an das Erlebte nicht zu vergessen.
Den Schreibstil empfand ich als sehr flüssig und angenehm, die Kapitel mit je immer etwa zehn Seiten gut einteilbar. Das Cover erschien mir zugegeben ein wenig unscheinbar. Mir wäre es selbst in der Buchhandlung so wohl nicht wirklich aufgefallen und ich hätte dann diese schöne Geschichte verpasst, was schade gewesen wäre. Aber zum Glück war es ja ein Geschenk und so ist sie mir nicht entgangen. Die Taschenbuchausgabe fällt da schon etwas ins Auge.
Insgesamt kann ich dieses Büchlein, das mir ein paar schöne und auch berührende Lesestunden beschert hat, sehr empfehlen. (4+/5)⭐️😊