Rezension zu "Die Vergangenheit ist ein gefährliches Land" von Gianrico Carofiglio
Der Roman erschien 2004 unter dem Originaltitel „Il passato è una terra straniera“. Giorgio ist ein vorbildlicher Jurastudent, er ist fleißig und klug und hat alle bisherigen Prüfungen mit Bestnote bestanden. Er ist mit Giulia, einer Medizinstudentin aus gutem Haus, liiert und alles deutet darauf hin, dass die beiden eine glückliche, sehr erfolgreiche gemeinsame Zukunft haben werden. Doch dann lernt Giorgio durch seine Freundschaft zu dem zwielichtigen Francesco einen anderen Teil der Gesellschaft kennen und gerät auf die schiefe Bahn. Tenente Giorgio Chiti von den Carabinieri arbeitet derweil an einem schwierigen Fall: ein Serienvergewaltiger hat bereits fünf junge Frauen missbraucht und es gibt keinerlei Hinweise darauf, um wen es sich dabei handeln könnte.
Carofiglio wechselt mehrfach die Erzählperspektive, der Teil mit dem jungen Studenten Giorgio wird aus dessen Sicht in der Ich-Form erzählt, während der Teil um den Tenente in der dritten Person erzählt wird, im Wesentlichen aber aus dem Blickwinkel Chitis. Beide Teile des Romans laufen nebeneinanderher und es ist lange nicht klar, wie sie zusammenhängen könnten. Ich hatte zunächst die Idee, dass der Tenente auch der Jurastudent ist, da beide den gleichen Vornamen haben, doch als der Nachname des Studenten bekannt wurde, war diese Theorie hinfällig. Dann überlegte ich, ob wohl der Student identisch mit dem Serienvergewaltiger sein könnte, aber das scheidet ebenfalls bald aus. Schließlich blieb als möglicher Vergewaltiger schnell nur noch einer übrig, den allzu viele Personen bevölkern den Roman nicht und der ist es dann auch. Allzu spannend ist das daher nicht.
Die Erzählweise des Autors fördert die Spannung auch nicht gerade, denn sie ist ausgesprochen emotionslos, er schildert alles, auch Szenen, bei denen man mit vielen Gefühlen und Emotionen rechnet, in Berichtform, als würde er vom Wetter sprechen. So nehmen die beiden Geschichten ein bisschen arg unspektakulär ihren Lauf, so dass trotz eigentlich durchaus nicht alltäglicher, gar dramatischer Ereignisse ein wenig Langeweile aufkommt. Ganz am Ende ändert sich das ein bisschen, aber das reißt es auch nicht mehr heraus.
Für mich ist das der Roman des Autors, der mich bisher am wenigsten angesprochen hat. Zwei Sterne.