Cover des Buches Zola Jackson (ISBN: 9783036955858)
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Rezension zu Zola Jackson von Gilles Leroy

Rezension zu "Zola Jackson" von Gilles Leroy

von rallus vor 12 Jahren

Rezension

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rallusvor 12 Jahren
Zola Jackson ist der Name einer Schwarzen die in New Orleans lebt und: "Stärker als ein Bataillon der Us-Marines" ist - und genau diese Eigenschaft hat sie in ihrem Leben immer gebraucht. Sie sitzt in ihrem Haus, welches im Zentrum des Sturmes Katrina ist, der 2005 über New Orleans hereinbricht, und denkt über ihr Leben nach. Ihr Sohn Carly, ein Resultat aus einer Verbindung mit einem rothaarigen Weißen, der sie verlassen hatte "Früher haben sie wenigstens ihre Sklaven geheiratet", doch heute muss sie sich mit ihrem Kind alleine durchschlagen. Einen Sturm hat sie schon mal überlebt, mit ihrem fiebrigen Kind durch die Stadt geirrt und Hilfe gesucht - und ihren zukünftigen Mann Aaron mit den so großen Händen, der aber nichts verschüttet hat, als er dem fiebernden Säugling die Aspirin einträufelte und der Carly ein großartiger Vater war und Zola ein umsorgender Mann. Auch hat er ihr dieses Haus gebaut und sich um sie gesorgt, was sie erst so richtig bemerkt als sie von den Fluten verfolgt das Dach erreicht und dort eine Axt findet. "Die Männer wissen so viel und vergessen es uns zu sagen. Und wir, ihre Frauen, wir reden, wir fragen, wir tun, als interessierten wir uns für die Dinge, die sie ohne uns, fernab von uns tun, aber wir vergessen, die richtigen Fragen zu stellen. Beispielweise: Was hast Du heute Morgen auf dem Dachboden angenagelt?" Katrina ist die Möglichkeit, ja die Chance für Zola, über ihr Leben nachzudenken, eingeschlossen mit ihrem Hund beginnen die Gedanken, erst wie in einem Sturm dann geordneter zu fliessen. Zeit dazu hatte sie nie gehabt - erst musste sie ihren Sohn versorgen, dem viel zu früh anzusehen war, dass er schwul ist, der ein Stipendium bekam und nach Atlanta zog um dort Troy seine große Liebe kennen zu lernen, um kurz nach seiner Dissertation plötzlich zu sterben Troy hatte sie ihm nie verwunden, mit ihm wurde sie nie warm. Sowieso hat das Leben ihr kaum die Sonnenseiten gezeigt, für ihre Nachbarn war sie zu sperrig, hatte keine Gardinen - und diesen Sohn - für ihre Arbeit als Lehrerin war sie zu ungläubig, die Kinder hatten Angst vor ihr, Amerika bietete ihr nichts - außer dem Dosenbier was sie viel zu viel trank. Überhaupt Amerika - wo war das jetzt wo es gebraucht wurde, wo die Dämme brachen, die Leichen herumschwammen: "Manchmal kann man auf einem Leichenrücken eine Ratte reisen sehen. Eine Ratte auf Kreuzfahrt. Das ist eine Wucht." Die Realität ist eben ungeschönt, Amerika schickt lieber die Marines in den Orient und sie kehren als Sarg zurück, als in der Heimat sich um die eigenen Menschen zu kümmern. Und Gott? "Gleichgültiger Gott, wo bist Du? Erinnerst Du Dich noch an Deine Kinder? Erinnerst Du Dich daran, dass Du sie der Welt ausgeliefert hast? Du hast sie verlassen, und vom Verlassenwerden haben wir genug hier auf unserer armen Erde, es herrscht Überfluss daran, und deshalb verzichte ich auf Dich, ich schaffe dich ab, ich bespucke Dich, Herr, Meister, Scheißgott" Die Flut steigt, Zola weigert sich ohne ihren Hund in die Rettungsboote zu steigen und landet am Ende unter dem Dach. Ein Buch welches ein ums andere Mal mir Gänsehaut bereitet hat, was die teils wirren Gedanken von Zola, durch die erzwungene Untätigkeit im überfluteten New Orleans, langsam bündelt, was die Wut über die soziale Ungerechtigkeit einer doch gebildeten Schwarzen in einem immer noch rassistischen Amerika herauslässt. Diese Intimität mit der uns Giles Leroy an den Gedanken teilhaben läßt. Am Ende wird Zola von ihren Ängsten befreit und kann sich dem Scheißleben, von dem sie sich immer so ausgesperrt hat, hingeben. Für mich ein Highlight dieses noch so jungen Jahres, etwas was niemanden unberührt lassen kann, was Dich mit den Emotionen wie eine Flut überrollt.
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