Zwei Tage vor Halloween, kurz nach Mitternacht beobachtet Jen Unvorstellbares: Ihr achtzehnjähriger Sohn ermordet kaltblütig einen Fremden. Und ihr persönlicher Albtraum geht noch weiter. Am nächsten Morgen wacht Jen einen Tag vor dem Mord auf. Jeden Tag reist sie nun weiter in die Vergangenheit, immer auf der Suche nach Antworten. Doch wann fing das Böse an? Gelingt es Jen herauszufinden, was wirklich passiert ist? Und wird sie die Tat gar verhindern können?
Autorin Gillian McAllister schreibt angenehm flüssig und unkompliziert aus Jens Sicht in der dritten Person. Jen erlebt das Geschehen „rückwärts“, es wird also „rückwärts-chronologisch“ erzählt, wie es zu dem Mord kam.
Jen glaubt, ihr Leben sei berechenbar. Sie arbeitet viel und kann sich stets auf ihre Familie verlassen. Sie wähnt sich in Sicherheit, begreift aber bald, dass sie in einer Lüge lebt. Nach und nach stellt sie alles, was sie bisher glaubte, in Frage. Auch ihre Prioritäten beginnt sie zu überdenken, lernt sich dabei selbst auf eine andere Weise kennen. So wird für sie offensichtlich, dass sie sich und ihre eigenen Wünsche oft vernachlässigt hat: „Jen hat ihr Leben lang, Dinge für andere gemacht: anspruchsvolle Klienten getroffen, wenn sie eigentlich bei Todds Schwimmunterricht zusehen wollte, Todds Schwimmunterricht zusehen, wenn sie eigentlich lieber mit einem Buch auf dem Sofa gelegen hätte“. Interessant ist es zu lesen, wie sich im Verlauf der Handlung die Beziehung zwischen Jens Sohn Todd und Jen verändert und entwickelt. Zwischen den beiden besteht ein besonderes Mutter-Sohn-Band, das je nach Perspektive immer enger wird bzw. auseinanderzufallen droht. Auch ihren Mann Kelly sieht Jen bald mit anderen Augen.
Was für eine unglaubliche, beängstigende Vorstellung, das eigene Leben rückwärts zu erleben! Lässt sich das Schicksal verändern? Oder ist letztendlich doch alles vorherbestimmt? Und wird Jen erfahren, wann und wie das Böse begann?
„Going back- Wo fing das Böse an?“ ist ein absolut ungewöhnlicher, einzigartiger Krimi, der bis zum Schluss mit zahlreichen, immer wieder erstaunlichen unvorhersehbaren Wendungen überzeugt. Manche Zusammenhänge habe ich nicht einmal erahnen können. Auch das nur angedeutete Ende außerhalb der eigentlichen Handlung hat mir gut gefallen. Es liefert Stoff zum „Weiterspinnen“ der Geschichte im Kopf. Setzt Liebe der Mütter tatsächlich übernatürliche Kräfte frei?
Insgesamt ein fesselndes, etwas anderes, sehr lesenswertes Buch für alle, die sich gerne überraschen lassen und sich darauf einlassen können, auch mal in ungewohnten Bahnen zu denken.