Fantasy gehörte bislang nicht zu den Literaturgattungen, denen ich viel abgewinnen konnte – bis ich im Anschluss an eine Lesung das Buch
Federkleid von Gina Mecke gekauft habe.
Schon der verträumte und sehr bildhafte Prolog lässt erahnen, dass hier eine ganz besondere Geschichte beginnt: Bree, die Ich-Erzählerin des in der heutigen Zeit spielenden Romans, zieht als Adler ihre Kreise über einem verlassenen Haus, fliegt hinein und verwandelt sich zurück in einen Menschen. Doch die junge Frau muss ständig auf der Hut sein vor den „Fängern“, die auf Gestaltenwandler wie sie Jagd machen („da die Polizei es nicht für nötig hielt ...“). Und so währt der Traum vom Fliegen nicht lange, denn es folgt Brees erste atemlose Flucht, mit der die Autorin den Leser gleich zu Beginn in die überaus lebendig und spannend erzählte Handlung hineinzieht, um ihn dann bis zum Schluss nicht mehr loszulassen.
Gina Mecke gelingt das virtuos, obwohl sie auf ausufernde Gewaltszenen ebenso verzichtet wie auf eine Liebesgeschichte. Stattdessen geht es in
Federkleid um unser Verhältnis zur Natur und zu den Tieren, um Vertrauen und Misstrauen und um die Furcht vor dem Fremden und Andersartigen: Wenn Bree anfangs vor den Trümmern ihres niedergebrannten Zuhauses steht und gegen Ende sinniert: „Zurück kann ich nicht, auch wenn dort die einzigen Menschen leben, die ich kenne und die mir helfen würden. Ich will sie nicht gefährden“, dann fühlt man sich unweigerlich an ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte erinnert.
Schade nur, dass Federkleid vom Verlag offenbar nicht lektoriert wurde, sodass man über zahlreiche Rechtschreibfehler hinweglesen muss. Am Ende bleiben ein paar Fragen offen, was den Gedanken nahelegt, dass Bree, Marek und Caiven irgendwann im Mittelpunkt eines weiteren Romans stehen werden. Die Charaktere hätten es verdient, so wie die Autorin in jedem Fall die Aufmerksamkeit eines großen Verlages verdienen würde.