Cover des Buches Canterbury Requiem (ISBN: 9783940258403)
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Rezension zu Canterbury Requiem von Gitta Edelmann

Häkeln in Kent

von Igelmanu66 vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Netter und sehr britischer Häkelkrimi mit viel englischer Atmosphäre. Freunde des Häkelkrimis dürften nichts vermissen.

Rezension

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Igelmanu66vor 9 Jahren

»Wieder empfing sie draußen kalter Regen. Dieses Mal jedoch kam er ihr gelegen und es kümmerte sie nicht, dass ihre Haare schon nach wenigen Metern am Kopf klebten. Der Regen wusch den leichten Wein-Nebel weg und auf dem Heimweg hatte sie Gelegenheit nachzudenken.

Kein Unfall? Aileen war ermordet worden? Aber wie hatte der Autofahrer wissen können, dass sie so unvorsichtig sein würde, die Straße zu überqueren, statt die Unterführung zu nehmen? Kannte er sie? Hatte er gewusst, wann sie unterwegs sein würde? Hatte er irgendwo gewartet, um sie zu erwischen?

Ella schüttelte den Kopf. Das konnte nicht sein. Der Plot war völlig undicht. Halt! Sie erschrak vor ihren eigenen Gedanken. Dies war kein Plot für irgendeine ihrer Geschichten! Der Unfall war wirklich passiert. Und Aileen, die nette, hilfsbereite Aileen, die ihre Freundin hätte werden können, war tot.«

Ella Martin, Erfolgsautorin von Portugal-Romanzen, möchte für ihren Verlag künftig genauso erfolgreiche England-Romanzen schreiben. Um Land und Leute kennenzulernen, hat sie sich für einige Monate in Canterbury niedergelassen. Mit dem Wetter tut sie sich noch sehr schwer, aber dafür hat sie schon nach kurzer Zeit einige nette Bekanntschaften gemacht. Und Aileen, die sie bei einer Chorprobe kennenlernte, war ihr besonders sympathisch. Umso größer die Trauer, als diese, kaum dass sich die beiden auf dem Heimweg getrennt haben, von einem Auto überfahren und getötet wird. Und die Trauer wird zum Schock, als kurz darauf zwei Polizisten bei Ella erscheinen und ihr zwei Dinge mitteilen: Erstens, dass Aileen nicht das Opfer eines Unfalls, sondern ermordet wurde. Und zweitens, dass sie selbst verdächtig ist, an dem Mord beteiligt gewesen zu sein. Für Ella steht schnell fest, dass sie den tatsächlichen Mörder wohl selber suchen muss.

Ich hatte mich also auf einen Häkel-Krimi eingelassen. Das kommt nicht so häufig vor, aber hin und wieder schau ich mal ganz gerne über meinen eigenen „Lese-Rand“ hinüber. Was mir gleich gut gefiel, war die gesamte sehr britische Atmosphäre in diesem Buch. Auf beinahe jeder Seite war mir bewusst, dass ich einen Krimi las, der in England spielte. Die Gegend wurde beschrieben und die Stadt Canterbury. Immer wieder auch das Wetter (in all seiner Feuchtigkeit ;-) Man hielt sich in Pubs auf oder traf sich zum Tee. Unterstützt wurde alles noch durch Englisch-Brocken, die sich durch die Dialoge zogen. Nichts, wozu man großartige Englisch-Kenntnisse benötigen würde, sondern einfache Floskeln wie „come on“, „I see“, „oh dear“, „thanks“, „nice to meet you“ usw. Der Effekt war aber klasse, auf mich wirkte alles sehr, sehr britisch.

Der Krimi beginnt als geruhsame Detektivgeschichte – schließlich hat Ella bislang ausschließlich Liebesszenarien entworfen. Ich war dann auch überrascht, als sie plötzlich in Gefahr geriet. Damit hatte ich nicht gerechnet und auch die Auflösung gestaltete sich überraschend kreativ. Was dazwischen passiert, fand ich allerdings nicht sooo spannend. Der Polizei wurde keine glückliche Rolle verpasst, ihr dargestelltes Verhalten erschien mir doch zu unrealistisch. Es wirkte auf mich, als ob die wichtigste Funktion des zuständigen Inspectors wäre, als Vorlage für einen Charakter in Ellas neuem Buch zu dienen und bei ihr immer mal wieder „so ein Ziehen im Bauch“ auszulösen.

Besagtes „Ziehen“ lösten aber noch weitere männliche Personen aus, Ella flirtete und küsste sich durch die Kapitel, ohne Anzeichen einer sonstigen Verliebtheit. Als Charakter kam sie mir nie sehr nah. Sonderliche Tiefe habe ich aber bei keiner der agierenden Personen gefunden – da wäre sicher noch mehr drin gewesen. Und eine Sache hat mich glatt ein wenig geärgert, weil sie für meinen Geschmack einfach zuuu unwahrscheinlich und zuuu sehr ein Druck auf die Tränendrüse war. Wer in der Lage ist, das Buch mit mehr „Hach! Wie schön!“ als ich zu lesen, den wird das aber vermutlich nicht stören.

Zu den weiteren Nebenschauplätzen des Buches zählten auch die Schwierigkeiten, die Ella mit dem Schreiben ihres neuen Romans hat. Nicht uninteressant! Und ganz am Rande: Tatsächlich wird in dem Buch gehäkelt. Und zwar nicht zu knapp ;-)

Ganz nett fand ich zudem den Anhang, in dem es sowohl einige Infos zu Sehenswürdigkeiten in Canterbury als auch eine kleine Karte der Stadt gibt.

Fazit: Netter und sehr britischer Häkelkrimi mit viel englischer Atmosphäre. Freunde des Häkelkrimis dürften nichts vermissen. Abraten würde ich aber jedem, der im Krimi nicht auf Spannung verzichten kann.

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