Obwohl ich mir anfangs nicht sicher war, ob man es als „literarisch wertvoll“ bezeichnen kann, war ich am Ende aber doch begeistert.
Ich finde aber auch, dass sowohl der Titel, als auch der Klappentext dem Buch nicht gerecht werden und nicht genau wiedergeben, was dem Leser berichtet wird.
Im Buch erzählt Leslie aus ihrem eigenen Leben. Ihre Mutter ist zur Hälfte Polin und zur Hälfte Chinesin, ihr Vater Chinese durch und durch. Sie wächst als zweites von vier Mädchen auf. Die Hauptpersonen im Buch sind Leslie selbst, ihr Vater und ihre Großmutter. Über Leslies jüngere beiden Schwestern erfährt man nicht so viel und die Mutter wird auch nicht allzu oft erwähnt (dies sagt sie aber bereits im Prolog).
Das Buch ist mehr oder weniger chronologisch aufgebaut, allerdings steht meist ein bestimmtes Thema oder Ereignis im Vordergrund eines jeden Kapitels (zB das Neujahrsfest oder die Schulzeit). Häufig spielt Essen auch eine Rolle, aber nur selten eine primäre. Nach einigen Kapiteln finden sich Rezepte zu vorher genannten Speisen. Meiner Meinung löst es zwar ein Gefühl von Intimität aus, weil man quasi die „alten Familienrezepte“ anschaut, andererseits sind diese Gerichte wohl nicht unbedingt praktisch für das westliche Kochen. Ich würde es als nettes Beiwerk bezeichnen.
Generell zieht sich eigentlich durch das Buch die Gegensätze zwischen der chinesischen Kultur und der amerikanischen. Das ist sehr spannend und teilweise habe ich mir auch noch länger darüber Gedanken gemacht und mich mit meinem Mann ausgetauscht. So wird zum Beispiel deutlich, dass sich chinesische Familien eigentlich nur richtig über Jungs als Nachwuchs freuen und über Mädchen nicht richtig. Auch wird deutlich welche Rolle Frauen generell in der chinesischen Kultur innerhalb der Familie innehaben und dass das für unsere westliche Welt total altmodisch und komplett überholt ist. Besonders negativ hat mich die Tatsache fasziniert, dass Ehebruch in China lange Zeit mit dem Tode bestraft wurde – aber nur wenn die Frau die Fremdgängerin war. Noch 1989 hat ein chinesischer Mann seine Frau erschlagen, weil er den Verdacht(!) hatte, dass sie fremdgeht. Er wurde lediglich zu ein paar Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt, weil die Untreue in China eine schwere Straftat darstellt und den Mann geradezu dazu gezwungen hätte die Tat zu begehen. Das pikante daran: dies fand nicht etwas in China statt sondern in New York in China Town und der Richter war Amerikaner.
Leslie steht zwischen zwei Kulturen: der amerikanischen Welt in der sie aufwächst und die sie umgibt – und der chinesischen, nach der ihr Vater lebt und seine Kinder entsprechend erzieht. Für Leslie bedeutet das, dass sie sich beidem nicht richtig zugehörig fühlt. Gleichzeitig ist sie in der frühen Schulzeit die Exotin in der Klasse und für ihre chinesische Familie in China ebenfalls nicht zu 100% chinesisch wenn sie manche Dinge auf amerikanische Weise erledigt.
Insgesamt ein sehr spannendes und interessantes Buch. Der Prolog hatte mich ziemlich gelangweilt aber danach ging es bergauf.