Golineh Atai

 4,5 Sterne bei 12 Bewertungen

Lebenslauf

Golineh Atai, geboren 1974 in Teheran, war von 2006 bis 2008 für die ARD als Korrespondentin in Kairo und von 2013 bis 2018 Korrespondentin in Moskau, danach arbeitete sie für den WDR in Köln. Seit 2022 leitet sie das ZDF-Studio in Kairo. Sie wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. als «Journalistin des Jahres 2014», mit dem Peter-Scholl-Latour-Preis sowie dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis. Ihr Buch «Die Wahrheit ist der Feind. Warum Russland so anders ist» (2019) war ein Bestseller. 2021 erschien ihr Buch «Iran - die Freiheit ist weiblich».

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Golineh Atai

Cover des Buches Die Wahrheit ist der Feind (ISBN: 9783737100618)

Die Wahrheit ist der Feind

(6)
Erschienen am 11.06.2019
Cover des Buches Iran – die Freiheit ist weiblich (ISBN: 9783737101189)

Iran – die Freiheit ist weiblich

(3)
Erschienen am 16.11.2021
Cover des Buches Die Wahrheit ist der Feind (ISBN: 9783732405237)

Die Wahrheit ist der Feind

(1)
Erschienen am 29.04.2022

Neue Rezensionen zu Golineh Atai

Cover des Buches Die Wahrheit ist der Feind (ISBN: 9783737100618)
wandablues avatar

Rezension zu "Die Wahrheit ist der Feind" von Golineh Atai

wandabluevor 2 Jahren
Informationskrieg und Abschottung

Golineh Atai war während des Euromaidan in Kiew/Ukraine vor Ort. Von 2012 bis 2018 war sie als Korrespondentin in Moskau. Sie weiß wovon sie spricht, wenn sie zum Beispiel sagt, dass Russland alles daran setzt, ausländische Journalisten - natürlich im russischen Inland, aber auch im Westen selbst- zu diskreditieren, was zumindest im rechten Flügel der USA und im rechten und linken Segment Deutschlands hervorragend funktionierte und noch immer funktioniert. 

Dass es funktioniert liegt auch daran, dass die westlichen Medien nicht mit derselben Münze zurückzahlen: Im Westen gilt Meinungsfreiheit, auch wenn diese vielleicht nicht vollumfassend ist, es gibt auch im Westen vereinzelt eine Beeinflussung durch Vorgesetzte und politisch motivierte Besetzungen von Aufsichtsräten etc. pp., so muss doch niemand um Job und Leben fürchten, der sagt und schreibt, was er denkt. Von dieser Freiheit profitieren die russischen Sender (z.B Russia Today oder Sputnik), nämlich von der Freiheit, dass sie alles sagen und behaupten dürfen, was ihnen in den Sinn kommt, während gleichzeitig die Veröffentlichungsfreiheit ausländischer Medien im eigenen Land strikt reglementiet und mitunter völlig unterbunden wurde. 

Der Westen ist sich zu fein dafür, Russland im Gegenzug mit Trollen, Bots und Falschmeldungen zu überziehen. Im Informationskrieg hat Russland momentan die Nase vorn dank der Skrupellosigkeit seiner Führung und seiner Elite. 

In ihrem Sachbuch „Die Wahrheit ist der Feind“ deckt Atai auf, wie sehr die Demokratisierung in den Nachbarländern die russische Politelite beunruhigte, so sehr, dass unter Putins Herrschaft bereits fünf Kriege geführt wurden! Die Tschetschenienkriege waren grausam, blutig, furchtbar – und doch von der Weltöffentlichkeit nur am Rande wahrgenommen. Darauf hoffte Russland auch beim Angriffskrieg auf die Ukraine. 

Verächtlich lässt sich der Kreml über die „Farbrevolutionen“ im Nahen und Mittleren Osten aus und unterstützt selbst sämtliche tyrannische Autokraten. Das russische Staatsfernsehen samt den meisten Printredaktionen sind mit einem Direktdraht mit dem Kreml verbunden, woher Direktiven zur Programmgestaltung kommen. Journalismus ist ein Kampffeld geworden, eine objektive Berichterstattung ist nur noch unter Lebensgefahr möglich. 

Drohbriefe und Morddrohungen seien die Regel im Alltag russlandkritischer Berichterstatter. Nicht wenige davon starben auf unerklärliche Weise. Und nein, natürlich nicht: der Kreml hat nichts damit zu tun. Das ist alles Zufall. Auch die Ermordungen von vom Kreml Verräter geschimpften Geflüchteter – Einzeltaten, Zufall. Der Kreml hat auch damit nichts zu tun, dass einige den Mund zu voll nehmender Oligarchen oder unfreundlicher Politiker, vergiftet werden, aus dem Fenster fallen, etc. pp. Shit happens! Putin wäscht seine Hände in Unschuld. 

Bände spricht die großangelegte Geschichtsverfälschung und die Umdeutung der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs. Memorial, eine Organisation, die zum Ziel hatte, an die Opfer Stalins zu erinnern sowie andere NGOs in Russland wurden dazu gezwungen, sich als „ausländische Spione“ registrieren zu lassen! Und wer glaubt einer Organisation, die „zugibt“, dass sie ein Agent des Auslands sei. So herrscht im Volk allmählich nicht mehr das große Entsetzen über Stalins Vernichtungsorgie vor, sondern Stalin wird als Erneuerer Russlands und als Held neu aufgebaut. Opfer waren eben nötig, heißt es und nicht mehr wie vorher„die Paranoia Stalins konnte jeden treffen“ und der einzelne war der Willkür der Staatspolizei ausgeliefert. Ob die Menschen diese Umdeutungen in großem Stil kaufen, weiß man nicht, aber „Putins Welt“ setzt bei den Kindern an, es gibt neue Schulbücher, wie in der ehemaligen DDR, – und die Gehirnwäsche wirkt. „Russen sind die Guten und wer das Gegenteil behauptet, ist ein Verräter“, ist die Doktrin. Patriotismus und Militarismus gehen Hand in Hand. Wer anderer Meinung ist, muss das Land verlassen. Wenn er kann. 

Es sind so viele Details, belegte Beispiele für Russlands gezielte Desinformation in „Die Wahrheit ist der Feind“ enthalten, zum Beispiel zum „Fall Lisa“, der unter den in Deutschland ansässigen Russen Kreise zog und an den der eine oder andere sich vielleicht erinnert, das kann man gar nicht widergeben. Das muss man selber lesen oder hören. Ja, es ist mühsam und anstrengend, aber in den heutigen Zeiten sollte man sich informieren. P.S. Die vielen unqualifizierten Einserbewertungen auf Amazon weisen drastisch auf russische Bots hin. Quad erat demonstrandum. 

Fazit: Tatsache ist, dass das wundervolle und ein wenig geheimnisvolle Land Russland mehr und mehr ein faschistischer Staat geworden ist. Wie lange es diese Strukturen aufrechterhalten wird, weiß kein Mensch. 


Kategorie: Politisches Buch
Verlag: Argon Verlag, 2022

Informationskrieg und Abschottung

Golineh Atai war während des Euromaidan in Kiew/Ukraine vor Ort. Von 2012 bis 2018 war sie als Korrespondentin in Moskau. Sie weiß wovon sie spricht, wenn sie zum Beispiel sagt, dass Russland alles daran setzt, ausländische Journalisten - natürlich im russischen Inland, aber auch im Westen selbst- zu diskreditieren, was zumindest im rechten Flügel der USA und im rechten und linken Segment Deutschlands hervorragend funktionierte und noch immer funktioniert. 

Dass es funktioniert liegt auch daran, dass die westlichen Medien nicht mit derselben Münze zurückzahlen: Im Westen gilt Meinungsfreiheit, auch wenn diese vielleicht nicht vollumfassend ist, es gibt auch im Westen vereinzelt eine Beeinflussung durch Vorgesetzte und politisch motivierte Besetzungen von Aufsichtsräten etc. pp., so muss doch niemand um Job und Leben fürchten, der sagt und schreibt, was er denkt. Von dieser Freiheit profitieren die russischen Sender (z.B Russia Today oder Sputnik), nämlich von der Freiheit, dass sie alles sagen und behaupten dürfen, was ihnen in den Sinn kommt, während gleichzeitig die Veröffentlichungsfreiheit ausländischer Medien im eigenen Land strikt reglementiet und mitunter völlig unterbunden wurde. 

Der Westen ist sich zu fein dafür, Russland im Gegenzug mit Trollen, Bots und Falschmeldungen zu überziehen. Im Informationskrieg hat Russland momentan die Nase vorn dank der Skrupellosigkeit seiner Führung und seiner Elite. 

In ihrem Sachbuch „Die Wahrheit ist der Feind“ deckt Atai auf, wie sehr die Demokratisierung in den Nachbarländern die russische Politelite beunruhigte, so sehr, dass unter Putins Herrschaft bereits fünf Kriege geführt wurden! Die Tschetschenienkriege waren grausam, blutig, furchtbar – und doch von der Weltöffentlichkeit nur am Rande wahrgenommen. Darauf hoffte Russland auch beim Angriffskrieg auf die Ukraine. 

Verächtlich lässt sich der Kreml über die „Farbrevolutionen“ im Nahen und Mittleren Osten aus und unterstützt selbst sämtliche tyrannische Autokraten. Das russische Staatsfernsehen samt den meisten Printredaktionen sind mit einem Direktdraht mit dem Kreml verbunden, woher Direktiven zur Programmgestaltung kommen. Journalismus ist ein Kampffeld geworden, eine objektive Berichterstattung ist nur noch unter Lebensgefahr möglich. 

Drohbriefe und Morddrohungen seien die Regel im Alltag russlandkritischer Berichterstatter. Nicht wenige davon starben auf unerklärliche Weise. Und nein, natürlich nicht: der Kreml hat nichts damit zu tun. Das ist alles Zufall. Auch die Ermordungen von vom Kreml Verräter geschimpften Geflüchteter – Einzeltaten, Zufall. Der Kreml hat auch damit nichts zu tun, dass einige den Mund zu voll nehmender Oligarchen oder unfreundlicher Politiker, vergiftet werden, aus dem Fenster fallen, etc. pp. Shit happens! Putin wäscht seine Hände in Unschuld. 

Bände spricht die großangelegte Geschichtsverfälschung und die Umdeutung der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs. Memorial, eine Organisation, die zum Ziel hatte, an die Opfer Stalins zu erinnern sowie andere NGOs in Russland wurden dazu gezwungen, sich als „ausländische Spione“ registrieren zu lassen! Und wer glaubt einer Organisation, die „zugibt“, dass sie ein Agent des Auslands sei. So herrscht im Volk allmählich nicht mehr das große Entsetzen über Stalins Vernichtungsorgie vor, sondern Stalin wird als Erneuerer Russlands und als Held neu aufgebaut. Opfer waren eben nötig, heißt es und nicht mehr wie vorher„die Paranoia Stalins konnte jeden treffen“ und der einzelne war der Willkür der Staatspolizei ausgeliefert. Ob die Menschen diese Umdeutungen in großem Stil kaufen, weiß man nicht, aber „Putins Welt“ setzt bei den Kindern an, es gibt neue Schulbücher, wie in der ehemaligen DDR, – und die Gehirnwäsche wirkt. „Russen sind die Guten und wer das Gegenteil behauptet, ist ein Verräter“, ist die Doktrin. Patriotismus und Militarismus gehen Hand in Hand. Wer anderer Meinung ist, muss das Land verlassen. Wenn er kann. 

Es sind so viele Details, belegte Beispiele für Russlands gezielte Desinformation in „Die Wahrheit ist der Feind“ enthalten, zum Beispiel zum „Fall Lisa“, der unter den in Deutschland ansässigen Russen Kreise zog und an den der eine oder andere sich vielleicht erinnert, das kann man gar nicht widergeben. Das muss man selber lesen oder hören. Ja, es ist mühsam und anstrengend, aber in den heutigen Zeiten sollte man sich informieren. 

Fazit: Tatsache ist, dass das wundervolle und ein wenig geheimnisvolle Land Russland mehr und mehr ein faschistischer Staat geworden ist. Wie lange es diese Strukturen aufrechterhalten wird, weiß kein Mensch. 

Kategorie: Politisches Buch
Verlag: Argon Verlag, 2022

Cover des Buches Die Wahrheit ist der Feind (ISBN: 9783737100618)
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Rezension zu "Die Wahrheit ist der Feind" von Golineh Atai

Tokallvor 2 Jahren
Starke, differenzierte und weitsichtige Analyse

Der russische Angriffskrieg war unvorhersehbar. Niemand konnte ahnen, dass es soweit kommt. Keiner hätte vermutet, dass Putin einen Krieg gegen die Ukraine beginnt. Ähnliche Aussagen hört man häufiger, wenn man politische Talkshows im Fernsehen verfolgt. Doch ist das wirklich so? Diese Frage hat mich sehr beschäftigt. Aus diesem Grund entschied ich mich dafür, das Buch „Die Wahrheit ist der Feind“ von Golineh Atai aus dem Jahr 2019 vom Rowohlt-Verlag genauer in den Blick zu nehmen. Atai ist 2014 mit dem Preis „Journalistin des Jahres“ ausgezeichnet worden. Von 2013 bis 2018 war sie ARD-Korrespondentin in Moskau (vgl. Klappentext). Und in meinen Augen zeigt sie tatsächlich sehr genau auf, was für eine autokratische und aggressive Innen- und Außenpolitik der Kreml v.a. seit 2012 verfolgt hat. Da verspricht der Klappentext nicht zu viel. Und als ergänzende Lektüre zu Atai empfehle ich auch noch das Werk „In Putins Kopf“ von Michel Eltchaninoff, das bereits 2016 erstmals erschienen ist. Vielleicht hätte die deutsche Bundesregierung diese Bücher auch einmal lesen sollen? Doch nun zum Inhalt:

 

Kapitel 1 - „Der Zar kommt zurück. Die Jahre 2011 bis 2013“

Die Autorin macht deutlich, dass Putins Wiederwahl im Jahr 2012 von massiven Protesten begleitet gewesen sei. Das Regime sei barsch gegen Demonstranten vorgegangen und bereits zu diesem Zeitpunkt habe der russische Präsident erkennen lassen, dass er ein Intrigenspiel des Westens hinter den Versammlungen und Demonstrationen vermutet. Nach seiner Wiederwahl habe Putin jede Menge Gesetze unterschrieben, um oppositionelle Stimmen zum Verstummen zu bringen. Auch die Medienlandschaft sei umgekrempelt worden, so Atai. An diesen Handlungen sei die sowjetische Sozialisation Putins erkennbar gewesen: Das Denken im Freund-Feind-Schema und die Interpretation innerer Kritik als Gefahr von außen. Weitere Pfeiler seiner Politik seien die folgenden gewesen: Das Werben um den Beitritt der Ukraine zur Eurasischen Union, die Hinwendung zu einem konservativen und anti-westlichen Weltbild, eine patriotische Mobilisierung durch Inszenierung von Gedenkfeiern, die Konfrontation mit der Ukraine seit 2013, die Bestrafung der EU-Ambitionen der Ukraine mit einer Handelsblockade, die Kleinhaltung der Zivilgesellschaft im eigenen Land, z.B. durch die Einführung von Repressalien, und eine Zunahme der Fernsehpropaganda. Letztlich finde ich vor allem die Ausführungen zum außenpolitischen Umgang Russlands mit der Ukraine interessant. Wenn man die Darstellung der Autorin liest, so fragt man sich schon, warum die deutsche Regierung die Zeichen der Zeit damals nicht erkennen konnte.

 

Kapitel 2 – „Die Dominosteine beginnen zu fallen. Die Jahre 2013 bis 2014“

In diesem Kapitel rücken v.a. die Ereignisse auf dem Maidan in den Blickpunkt. Im Jahr 2014 hätten sich zwei Akteure direkt gegenüber gestanden, so Atai: Die ukrainische Zivilgesellschaft einerseits und der russische Staat mit Putin andererseits. Die Revolution auf dem Maidan sei von Russland als rechtswidriger, faschistischer Staatsstreich umgedeutet worden. Moskau habe die Deutungsmacht über die Ereignisse auf dem Maidan behaupten wollen. Nach der Annexion der Krim hätten Kritiker im eigenen Land unter Diskriminierung gelitten und seien mundtot gemacht worden. Dezidiert und mit vielen nachvollziehbaren Beispielen wird in diesem Zusammenhang auch der Informationskrieg nach innen und außen durch Russland dargestellt, in dem v.a. Fakten verdreht worden seien (was für eine Parallele zu heute! Anm. d. Verf.). Verneblung und Verwirrung seien an der Tagesordnung gewesen. Falschmeldungen seien verbreitet worden. Und begleitend dazu hätte eine Medienzensur stattgefunden. Medien und Internet seien immer mehr unter staatliche Kontrolle geraten. Und nicht zuletzt hätte sich der Kreml darum bemüht, eine neue Geschichtsschreibung zu manifestieren. So wurden z.B. 2015 neue Geschichtslehrbücher an den Schulen ausgeteilt, um auf diese Weise einen nationalen Konsens über die russische Geschichte herzustellen. In den Lehrwerken sei eine kritische  Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte ausgespart geblieben, so Atai. Stattdessen werde Stolz und Liebe zum Vaterland kolportiert. Auch die KGB-Archive blieben weiterhin verschlossen.

Was mir gut gefallen hat: Die Geschehnisse um den Maidan und die Umwälzungen in der Ukraine werden bei Atai viel genauer dargestellt als bei Eltchaninoff. Und auch der Bericht über die illegale Machtübernahme Russlands über die Krim wird sehr detailliert und kenntnisreich dargestellt. Besonders brisant ist, dass Atai sehr nachvollziehbar die vielen Lügen des Kremls offenlegt, die vor dem Hintergrund der Krimannexion verbreitet worden sind. Und wieder stelle ich mir die Frage: Warum hat von den politisch Verantwortlichen niemand die Warnzeichen erkannt? Aus heutiger Sicht erscheint es unverständlich.

 

Kapitel 3 - „Die Neue Front. Die Jahre 2015 bis 2017“

Hier geht es vor allem um das Thema der Militärintervention in Syrien. Im Syrienkrieg seien durch russische Flugzeuge immer wieder Zivilisten attackiert worden, in den Medien sei zeitgleich dazu ein verfälschtes Bild dieses Einsatzes gezeichnet worden. Ein weiteres Instrument russischer Kriegsführung, auf das die Autorin eingeht: Der Einsatz von Söldnertruppen. Der Grund für den Einsatz solcher Truppen sei, dass der Kreml jegliche Verantwortung von sich weisen könne. Im Netz seien Desinformationskampagnen gestartet worden. Internettrolle hätten beispielsweise die Arbeit von Oppositionellen gestört. Und auch in Talkshows sei zu beobachten gewesen, wie Kritiker mit Ironie und rüdem Ton angegriffen worden sind. Überhaupt sei der Ton in den Medien sehr aggressiv und konfrontativ, so die Autorin. Im Fernsehen würde das Bild eines vom Feind umzingelten Landes erzeugt. Wut, Hass und Aggression beeinflussten auf diese Weise die gesamte Bevölkerung.

Besonders gelungen fand ich, dass die Autorin die Manipulations- und Beeinflussungsstrategien des Kreml sehr anschaulich mit Beispielen und nachvollziehbar erläutert und begründet. Vor allem die Technik der Desinformation und der strategischen Täuschung wird gut erklärt. Dabei gehe es darum, den Rezipienten zu verwirren und seine Wahrnehmung zu destabilisieren, um seine Standfestigkeit zu erschüttern (vgl. S. 215).

 

Kapitel 4 – „Angriff auf den Westen. Die Jahre 2016 bis 2019“

Hier geht es u.a. um die Einmischung des Kremls in den amerikanischen Wahlkampf und in Europa. Gezielte Hackerangriffe hätten stattgefunden. Ziel sei gewesen, Hillary Clinton zu diskreditieren. Auch auf den Balkan habe man „Internet-Einflussoperationen“ unternommen. So wirke Russland z.B. in Serbien stark in Politik und Gesellschaft hinein, u.a. mit Cyberattacken. Eine beliebte Taktik sei es, in sozialen Medien Desinformationen und die Narrative russischer Staatsmedien zu streuen, immer auch mit der Absicht eine Art Unruhe in anderen Ländern zu erzeugen und sie zu destabilisieren. Weiterhin verdeutlicht die Autorin, dass Putin trotz sinkender Beliebtheitswerte nicht auf Reformen oder auf eine Umgestaltung des eigenen Landes setze, sondern stattdessen auf Konfrontation mit dem Westen. Er zeichne das Bild eines vom Westen bedrohten Russlands. Russland sei eine Festung, umzingelt von äußeren Feinden. Viel Geld fließe also in militärische Aus- und Aufrüstung statt in Sinnvolleres, wie z.B. den Wohlstand der eigenen Bevölkerung.

 

Fazit: Die Analyse, die die Autorin hier vorlegt, ist sehr kenntnisreich, differenziert, anschaulich und nachvollziehbar verfasst. Ich empfinde das Werk aus dem Jahr 2019 als äußerst vorausschauend. Atai antizipiert bereits viele Entwicklungen, die dann tatsächlich eintreten. Und im Nachhinein wünscht man sich, dass die Bundesregierung schon früher die „Warnzeichen“ erkannt hätte, um angemessen darauf zu reagieren. Ich empfehle die Lektüre dieses Buchs solchen Lesern, die an einer treffenden Bestandsaufnahme der Jahre 2011 bis 2019 interessiert sind. Ich habe nichts zu bemängeln und vergebe 5 Sterne.

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