Cover des Buches Der Realitäts-Code (ISBN: 9783867280594)
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Rezension zu Der Realitäts-Code von Gregg Braden

Oh Gott, wir leben doch nicht wirklich in einer Simulation?

von Dr_M vor 9 Jahren

Rezension

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Dr_Mvor 9 Jahren
Wir verändern alle ständig unsere Wirklichkeit. Dazu brauchen wir Gregg Braden nicht. Gregg geht es allerdings nicht um banale Sachen wie eine neue Wohnungseinrichtung oder einen neuen Partner, eine neue Tätigkeit oder andere Bewegungen in unserem Leben. Hier geht es um die ganz gravierenden Veränderungen wie Wunderheilungen oder eine völlige Umgestaltung unseres Daseins. Dies soll durch essentielle Veränderungen unserer Überzeugungen geschehen.

Es ist doch eine allgemein anerkannte Tatsache, dass unsere generellen Überzeugungen unser Leben ganz entscheidend bestimmen. Wer überzeugt ist, dass er ein bestimmtes Ziel erreichen kann, der hat eine Chance, dass er es wirklich schafft. Wer ein solches Ziel von vorneherein als unerreichbar erklärt, wird auch niemals dorthin gelangen.

Was ist also neu an diesem Werk? Im Grunde nichts, außer man hält eine pseudowissenschaftliche Erklärung dieser Tatsache für wichtig. Gregg ist Ingenieur und hat als solcher jahrelang in der Industrie gearbeitet. Er liebt es wohl deshalb Analogien zur Technik zu erfinden.

Seine Argumentationskette verläuft so: Alles besteht aus Atomen. Atome gehorchen den Gesetzen der Quantenphysik. Gedanken und Emotionen erzeugen nachweisbar Felder. Felder beeinflussen die Atome. Also haben wir Macht über die Realität und können sie deshalb verändern. Ob das nun tatsächlich so einfach ist und wie es genau funktioniert, weiß Gregg natürlich nicht. Aber er vermittelt den Eindruck, als würde das alles schon so feststehen. Ehrlich gesagt, mir gehen diese esoterischen Überinterpretationen der Quantenphysik mittlerweile ziemlich auf die Nerven. Was natürlich nicht heißt, dass ich bestreiten will, dass wir unsere Realität verändern können.

Eine solche Überinterpretation ist die Behauptung, dass bereits ein Beobachten der Realität eine Veränderung hervorruft. Auf der Quantenebene verändert eine Messung das gemessene System. Warum ist das so? Die Messung geschieht mit physikalischen Geräten, die auf eine gewisse Weise die Messung durchführen. Dabei können zum Beispiel magnetische oder elektrische Felder entstehen, die natürlich das zu messende System in der Folge auf der atomaren Ebene verändern. Im Gegensatz dazu wird mein Auto, wenn ich geblitzt werde, nicht von der Straße geschleudert, weil es einfach zu riesig im Verhältnis zur Wirkung der Messung ist. Daran ist nichts mystisch Geheimnisvolles.

Ich kann mich auch in meinen Garten stellen und irgendwas beobachten. Es wird sich nichts verändern, außer dass ich vielleicht in die Klapse komme. So banal hat er das nun auch wieder nicht gemeint, wird mir Gregg antworten. Ja wie denn dann? Mehr steht dazu nämlich nicht in diesem Werk.

Vielleicht möchte Gregg die meisten von uns, die sicherlich keine Ahnung von Quantenphysik haben und gedruckten Sätzen glauben, beeindrucken. Oder aber er wollte eine neue Pseudotheorie zur Erklärung bekannter Tatsachen aufstellen. Menschen, die ihr Leben umkrempeln wollen, brauchen aber praktische Ratschläge, die funktionieren, und keine Spekulationen, die wie hier so verkauft werden, als wären sie die allerreinste Wahrheit.

Nachdem die Theorie in den ersten zwei Kapiteln entwickelt wurde, kommt der Autor dann zu etwas Nützlichem. Er stellt fest, dass unser Unterbewusstsein bis zum 7. Lebensjahr durch fremde Programme wesentlich beeinflusst wurde und gibt uns Methoden in die Hand, mit deren Hilfe wir solche Programme aufspüren können.

Wer nun gedacht hat, jetzt kommt der praktische Teil, der wird enttäuscht. Erst im 6. Kapitel verrät uns Gregg, wie wir denn nun unsere Realität verändern können. Es ist ganz einfach: durch Logik und durch Wunder. Das mit den Wundern können wir leider nicht ganz beeinflussen. Wunder bedeuten für Gregg eine Erfahrung, die jenseits unserer Logik ist, und die uns deshalb zwingt, eine neue Überzeugung zu verinnerlichen. Um es an einem praktischen Beispiel zu verdeutlichen: Wenn wir sehen, dass etwas möglich ist, was wir für unmöglich gehalten haben, dann setzt das in uns möglicherweise einen Überzeugungswandel in Gang.

Das kann man ja noch irgendwie einsehen. Mit einer wie auch immer gearteten Logik an grundlegende innere Überzeugungen heranzukommen und sie zu verändern, halte ich für eine ziemlich hoffnungslose Methodik. Seit wann handeln und denken denn Menschen logisch? Und seit wann liegt das Unterbewusstsein, in dem diese Überzeugungen implementiert sind, offen? Wenn das so einfach wäre, bräuchten wir keine Psychologen mehr.

Schließlich diskutiert der Autor in diesem Werk beständig die wichtige Frage, ob unsere Realität eine Computersimulation ist, die sich irgendeine höhere Intelligenz ausgedacht hat. Er führt sogar "Beweise" dafür an. An dieser Stelle spätestens wird klar, dass es hier um nichts Praktisches geht.

Fazit.
Das ist ein Buch voller Spekulationen, die, wie auch immer sie ausfallen mögen, keinerlei praktischen Nutzen haben. Die vom Autor vorgestellten Methoden zur Veränderung der eigenen Realität sind vom gleichen Kaliber. Sie funktionieren nicht. Was bleibt, ist die Feststellung, dass wir unsere Realität in gewissen Grenzen dadurch verändern können, in dem wir so denken und fühlen als ob das, was wir uns erwünschen, bereits real wäre. Das funktioniert, wenn man es kann. Nur ist diese Erkenntnis weder neu, noch werden solche Fähigkeiten hier gelehrt. Nicht nur aus praktischen Gesichtspunkten ist dies leider ein ziemlich nutzloses Buch.
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