Weihnachten ist gerade vorbei. Millionen Bäume wurden gefällt und in die Wohnungen der Menschen geschleppt. Und vielleicht hatte auch einer der beiden Textautoren dieses sehr schönen Bildbandes einen Weihnachtsbaum in seinem Wohnzimmer stehen. Ob ihm wohl dabei die Schizophrenie seiner Aufforderung bewusst geworden ist? Wohl eher nicht. Wann immer man Natur-Bildbände aufschlägt und die dortigen Texte zu lesen beginnt, kann man darauf warten, dass irgendeine Endzeitstimmung heraufbeschworen wird, die gelegentlich bei allem Respekt vor den tatsächlichen Problemen einen esoterischen Einschlag besitzt und der Wirklichkeit nicht gerecht wird.
So wie zum Beispiel auch die in einem Textbeitrag nachzulesende Trauer darüber, dass angeblich das kindliche Staunen in unserer Zeit verschwunden ist. Spätestens wenn man sich Art Wolfes Bilder in diesem Buch ansieht, weiß man, dass das nicht stimmt. Was man hier zu sehen bekommt, ist eine Enzyklopädie von Bäumen, aufgenommen in prachtvoller, majestätischer Weise. Bäume, die man vielleicht noch nie gesehen hat, weil sie an Stellen dieser Welt wachsen, wo man noch nie war und auch vielleicht nie hinkommen wird. Man kann den Einfallsreichtum und die Vielfalt der Natur bestaunen und bewundern. Oder sich Gedanken darüber machen, wie sich der Charakter der Bäume von Kontinent zu Kontinent ändert. Warum zum Beispiel gibt es in vielen Teilen Asiens nur relativ kleine Bäume? Und warum blühen sie dort besonders bunt?
Und warum stehen nur in Nordamerika diese gigantischen Mammutbäume, von denen behauptet wird, sie seien mehrere tausend Jahre alt? Völlig unabhängig von solchen Fragen kann man aber auch einfach nur Art Wolfes Fotografien bestaunen, die oft Wunderwerke der Ästhetik darstellen. Ignoriert man die gelegentlich seltsamen Ausschläge der Texte, dann enthalten sie durchaus viele Informationen, Geschichten oder beschreiben Mythen.
Nach einer Einführung folgen Fotografien von besonderen und typischen Bäumen, wohl geordnet nach ihren kontinentalen Auftritten in Afrika, Asien, Ozeanien, Europa, Nord- und Südamerika. Danach schließt einer dieser manchmal merkwürdigen Texte (hier: Leben, Tod und Wiedergeburt) das Buch ab.
Betrachten Sie also diesen herrlichen Bildband, auch wenn dafür ein Baum sein Leben lassen musste. Er ist eine Augenweide. Die Sterne gibt es für die Bilder.
"Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, retten Sie einen Baum …"