Rezension zu "Niemand ist eine Insel" von Gudrun Kugler
Die Zahl der Partnerbörsen im Internet nimmt jedes Jahr zu, auch die Zahl derer, die, oft auf mehreren Plattformen angemeldet, meist vergeblich versuchen, ihr Singledasein zu beenden und endlich einen Partner zu finden, vielleicht sogar fürs Leben.
Es sind, wie mir Freunde berichtet haben, die dort unterwegs sind, meistens sehr äußerliche Kriterien, die über Gefallen und Nichtgefallen bestimmen. Oft ist schon kurz nach dem Freischalten des persönlichen Bildes Schluss mit dem zuvor noch vertieften Mailaustausch. Und immer, selbst wenn man dann mal jemand getroffen hat, bleibt in einer Welt der unzähligen Möglichkeiten die Option, dass es vielleicht irgendwo da draußen noch jemand gibt, der besser, schöner, erfolgreicher etc. ist, als der Mensch, dem ich gerade gegenüber sitze.
Eva Illouz hat 2011 in ihrem Buch „Warum Liebe weh tut“ darüber geschrieben und dabei viele Schneisen durch das Dickicht moderner Liebe geschlagen und überzeugende Erklärungen für die Verunsicherung und Orientierungslosigkeit der hochreflektierten und autonomen Individuen spätmoderner Prägung gegeben.
Die Autorin des vorliegenden Buches wählt einen komplett anderen Weg. Gudrun Kugler, Theologin und Juristin betreibt seit einigen Jahren in Wien eine katholische Partnervermittlung im Internet und hat seit dieser Zeit schon Hunderte von Ehen vermittelt.
Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass sie in ihrem ganzen Ansatz davon ausgeht, dass es weniger die Romantik und die vordergründige Attraktivität eines Menschen sind, die den Erfolg einer auf Dauer angelegten Beziehung ausmachen, sondern eine „grundlegende Übereinstimmung in allen wichtigen Fragen des Lebens und eine gemeinsame Wertebasis“.
Doch nicht nur das. Gudrun Kugler zeigt überzeugend, dass man als Single zunächst einmal mit sich selbst ins Reine kommen muss, sich mit sich selbst, mit allem, was mich ausmacht, mit meiner ganzen Geschichte, auch meinen Enttäuschungen, aussöhnen muss. Dann gilt es, eine realistische Sicht von Partnerschaft zu entwickeln, das heißt von den ganzen Träumen nach dem perfekten Partner wegzukommen, und sich auf das besinnen, was man sich für ein dauerhaftes gemeinsames Leben wünscht.
Tragendes Fundament sind dabei für die gläubige Katholikin die im christlichen Glauben fundierten Werte, d.h. auch bedingungslose Treue.
Das alles klingt konservativ, und wird sicher auch viele davon abhalten, das Buch überhaupt in die Hand zu nehmen. Doch dann verpassen viele Singles eine einzigartige Gelegenheit, sich selbst und dem, was ihnen wirklich wichtig ist, endlich einmal auf die Spur zu kommen. Man muss kein gläubiger oder katholischer Mensch sein, um von den Ratschlägen, Vorschlägen, Übungen und Anregungen dieses Buches zu profitieren. Man muss auch nicht alle Einstellungen von Gudrun Kugler akzeptieren. Ich halte etwa ihre Auffassung zur Selbstbefriedigung für äußert fragwürdig.
Doch wer sich auf den kritischen Weg der langsamen und selbstreflektierten Lektüre dieses Buches macht, wird am Ende anders herauskommen. Er wird herausgefunden haben, warum alle bisherigen Versuche in den Partnerbörsen scheitern mussten und, wenn es ihm wirklich ernst ist mit einem gemeinsamem Leben mit einem anderen Menschen, in Zukunft Menschen, die er kennenlernt, anders anschauen, auf andere Dinge achten als bisher.
Und ich bin sicher: Beziehungen und Ehen, die von Anfang an über die wichtigen Fragen des Lebens gegründet wurden, haben festeren Bestand als die, die aufgrund von vergänglichen Äußerlichkeiten geschlossen wurden.