Gudrun und Otto Honke

Lebenslauf

Gudrun und Otto Honke haben lange Jahre in verschiedenen afrikanischen Ländern gelebt. Die Lektorin und der Soziologe sind Kenner der afrikanischen Literaturen und haben u.a.die Werke von Patrice Nganang und Hemley Boum übersetzt.

Quelle: Verlag / vlb

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Neue Rezensionen zu Gudrun und Otto Honke

Cover des Buches Frau auf bloßen Füßen (ISBN: 9783779506782)
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Rezension zu "Frau auf bloßen Füßen" von Scholastique Mukasonga

lesehorizont
Gegen das Vergessen: Ein wichtiges Stück ruandischer Erinnerungskultur

"Frau auf bloßen Füßen" ist das erste Werk, das ich von der ruandischen Schriftstellerin Scholastique Mukasonga las. Die Autorin verarbeitet darin ihre eigene Familiengeschichte. Im Kern geht es um den Konflikt zwischen Hutu und Tutsi und den Völkermord an vielen Menschen. 

Die Autorin blickt zurück auf das Leben in Stefanias Haus: ein Leben voller Liebe und Geborgenheit; einem Ort, wo die Töchter unbekümmert sein konnten. Stefania ist die Mutter der Autorin. Ihr wird mit diesem Roman ein Denkmal gesetzt, da sie stets bemüht war, ihre Töchter vor wirtschaftlicher Not , dem Verlust des kulturellen Erbes der Tutsi und v.a. einem gewaltsamen Tod zu schützen. 

Leider ist die Autorin Mukasonga die einzig Überlebende der Familie. Sie erinnert sich an das karge Leben in Südruanda in den 60er Jahren. Man spürt den Stolz auf die Tutsi-Kultur und die Schwierigkeiten, sich auch angesichts europäischer Einflüsse ein eigenes Leben aufzubauen. 

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen. Der Schreibstil der Autorin ist sehr angenehm. Man lernt viel über die Kultur der Tutsi, deren Alltag, Besonderheiten wie Feste und Rituale beispielsweise. Allein deswegen ist der Roman sehr lesenswert. Das besondere Verdienst der Autorin sehe ich darin, dass sie gegen das Vergessen des ruandischen Völkermords anschreibt und so einen wichtigen Beitrag zur Förderung einer Erinnerungskultur leistet. Gerne werde ich weitere Werke der Autorin lesen. 

Cover des Buches Die Tage kommen und gehen (ISBN: 9783779506690)
B

Rezension zu "Die Tage kommen und gehen" von Hemley Boum

buchlesenliebe
Drei Frauenschicksale verwoben mit dem Schicksal eines Landes über mehrere Jahrzehnte

„(…) für mich ist diese Frau nicht einfach ein Körper, der die Waffen streckt, sie ist ein geliebter Mensch, ein kostbares Leben, das still endet.“ (S.11)


Anna liegt im Sterben. Brustkrebs im Endstadium. Jede weitere Chemotherapie lehnt sie ab. 1953 in Kamerun geboren, erinnert sie sich auf der Palliativstation in einem Pariser Krankenhaus an ihr bewegtes Leben: an das Aufwachsen bei einer mittellosen Bäuerin, die zu ihrer Adoptivmutter wird; an den Besuch einer streng katholischen Mädchenschule sowie eines Internats, in der/dem sie von den Kindern der aufstrebenden „Bildungselite“ ausgegrenzt wird; an die konfliktbeladene Ehe mit Louis, der einst die Unabhängigkeitsbewegung unterstützte, schließlich politisch aufsteigt, Teil der korrupten Regierung wird und Anna betrügt. In ihrer Familie ist Anna die letzte lebende Zeitzeugin, die nicht nur ihre eigene Geschichte, sondern auch die eines Landes erzählen kann.


Im Krankenhaus steht Anna ihre Tochter Abi beiseite. Erst durch Annas nahenden Tod nähern sich Mutter und Tochter an. Abi verließ Kamerun bereits als junge Frau, studierte in Frankreich und lernte Julien kennen, mit dem sie einen gemeinsamen Sohn – Max – hat. Im Vergleich zur Mutter führt Abi, die als Kulturjournalistin arbeitet, ein privilegiertes Leben. Doch sie ist nicht glücklich, beginnt eine Affäre und wird von Julien verlassen. Teenager Max leidet unter der Trennung seiner Eltern, verschlechtert sich in der Schule, konsumiert Drogen, rebelliert und wird schließlich nach Kamerun zu seiner Großmutter geschickt, um die Schule zu beenden.


In Kamerun lernen wir die Freunde von Max kennen: Ismael, Jenny und Tina. Letztgenannte ist die dritte Erzählerin in „Die Tage kommen und gehen“. Sie berichtet von der Radikalisierung der Jugendlichen und dem Übertritt zur islamischen Terrororganisation Boko Haram; von jungen Menschen, die zu lebenden Bomben werden…  


Bereits durch diese grobe Inhaltsangabe wird ersichtlich, dass der 368 Seiten umfassende Roman von Hemley Boum inhaltlich recht komplex, episch und dicht ist. Drei Erzähler*innen aus drei Generationen, die nicht nur ihre persönlichen Schicksale in den Fokus stellen, sondern darin auch die (teils diasporischen) Schicksale von Verwandten, Freunden und jenes eines ganzen Landes verweben. Dies mag manche Leser*innen ermüden, ist hinsichtlich der Passagen zur Islamischen Terrororganisation nicht immer leicht auszuhalten - der Einblick in wichtige gesellschaftliche, politische und historische Ereignisse ist jedoch äußerst lehrreich. Und besonders gut gefallen hat mir, dass Boum, die für diesen Roman 2020 mit dem Ahmadou-Kourouma-Preis ausgezeichnet wurde, den Frauen eine Stimme gibt. Frauen, die sich aus den starren patriarchalischen Strukturen zu emanzipieren versuch(t)en und ihren eigenen Weg in die Unabhängigkeit anstreb(t)en. Von mir: eine klare Leseempfehlung. Übersetzt aus dem Französischen von Gudrun und Otto Honke.

Cover des Buches Gesang für die Verlorenen (ISBN: 9783779505969)
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Rezension zu "Gesang für die Verlorenen" von Hemley Boum

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Sinfonie der Gefühle

Kamerun in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die Kolonialmächte England und Frankreich versuchen – nach ihren eigenen offiziellen Angaben – das Land in eine gesicherte Zukunft entlassen zu können. Nach ihren Regeln. Doch es regt sich Widerstand. Die UPC, Union der Völker Kameruns, Frontschild im Kampf für die Freiheit will einen raschen und vor allem gewaltlosen Übergang in die Unabhängigkeit. Ruben Um Nyobé – der im Buch wie des Damokles‘ Schwert der verheißungsvollen Freiheit über allem schwebt – ist ihr Anführer. Als die Partei Mitte der 50er Jahre verboten wird, muss er zusammen mit seinen Gefolgsleuten in den Untergrund gehen.
Soweit die Fakten. Hemley Boum fügt der Geschichte eine weitere Geschichtensammlung hinzu. Ein Weggefährte Nyobés ist Amos. Er ist verliebt in Esta, doch ihre Liebe steht unter keinem guten Stern. Denn Esta ist schon einem anderen versprochen. Ihre Tochter Likak, die sie allein erzieht, was an sich schon ungewöhnlich genug ist, ist ein aufgewecktes Mädchen. Sie hat genauso ihren eigenen Kopf wie ihre Mama Esta. Sie lässt sich nichts vorschreiben. Dabei bleibt sie immer liebenswert und angenehm offen. Ein Charakter, den man nur selten antrifft. Außerdem ist eine Art Hexe im Geheimbund Ko’ô. Hier treffen sich die Frauen des Ortes, um sich auszutauschen und um ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. 
Doch der Frieden in der UPC, im Land und im Dorf ist fragil. Neid und Missgunst sind die erbittertsten Feinde des Fortschritts. Ein Seitenwechsel geht schneller von vonstatten als den Köpfen der Bewegung lieb sein kann. Der schnöde Mammon sorgt für Verwirrungen bei vielen und für Enttäuschungen auf Seiten der Unabhängigkeitskämpfer. 
Esta und Amos gemeinsamer Weg ist jäh beendet als die zu viele Kameraden die Seiten gewechselt haben. 
Pierre Le Gall ist die Giftspritze im Fleisch der Dorfgemeinschaft. Er sieht den gesellschaftlichen Veränderungen mit Skepsis entgegen. Den Menschen in dem Land, in das er als Unterdrücker kam, traut er wenig bis gar nichts zu. Seine Abneigung zeigt er offen. Seine Taten sind widerwärtig. Doch auch seine Tage sind gezählt.
Ausnahmsweise darf man mal ein Buch mit dem Ende beginnen. Denn hier sind die familiären Verflechtungen der handelnden Familien grafisch in einem Stammbaum dargestellt. Hat man sich mit den außergewöhnlichen Namen angefreundet, liest man sich in einen Rausch, aus dem man nie mehr aufwachen will. Wer mit wem, warum? Ein Höllenritt durch die Geschichte Kameruns und einen echten Freiheitskampf auf allen erdenklichen Ebenen. Erstaunlich wie frei die weiblichen Figuren in diesem Buch sich entfalten. Sie sind die wahren Heldinnen, für die der titelgebende Gesang als Marschmusik erdacht wurde. Sie schreiten stolz und unbeirrt voran. „Gesang für die Verlorenen“ steigert sich mit jeder Seite mehr in ein Geflecht aus Traditionen, progressivem Kampf bis hin zur teilweisen Aufgabe. Das Ende des Buches löst so manches entstandene Problem auf. Nämlich dann, wenn längst verschollene Figuren durch vier Fotografien und einen nicht enden wollenden Brief endlich ihren Frieden machen können und aus den Vergessenen präsente Helden erwachsen. 

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