Cover des Buches Heimwärts über das Eis (ISBN: 9783458361879)
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Rezension zu Heimwärts über das Eis von Gunilla Linn Persson

Buch mit seinem eigenen Charme

von frenx1 vor 7 Jahren

Rezension

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frenx1vor 7 Jahren
Ellinor lebt in den Stockholmer Schären - abgeschieden vom Rest der Welt versorgt sie ihren kranken Vater. Doch eines Tages taucht ihre Jugendliebe Herrman nach über dreißig Jahren plötzlich wieder auf. Und das bringt Ellinor gewaltig aus ihrem bisherigen Trott.

Gunilla Linn Persson gelingt es, in "Heimwärts über das Eis" die besondere Atmosphäre der Stockholmer Schären einzufangen. Da gibt es das alte Wegerecht, die Erkenntnis, dass man mit den Menschen, die da sind, vorlieb nehmen muss. Zudem gibt es jede Menge Fehden zwischen den Familien, die seit Jahrzehnten gepflegt werden, seit mehrere Jugendliche bei einem Sturm auf dem Eis erfroren sind. "Alles ist kaum mehr als eine Ahnung", so lautet der letzte Satz des Buches. Das trifft es sehr gut, worum es in dem Buch geht: Um das was zwischen den Zeilen steht, um das, was nicht gesagt wird. Und so ist "Heimwärts über das Eis" letztlich ein Frauenroman, in dem es um das Aufbrechen alter Krusten geht. So wie sich die Natur am Ende des Buches befreit und der Frühling da ist, so muss auch Ellinor sich befreien aus ihren Zwängen, die sie jahrzehntelang gefangen haben. Sprich: sie muss sich von ihrem Vater lösen und beginnen, ihr eigenes Leben zu leben. Diese Erkenntnis beschleicht Ellinor immer mehr, als Herrman wieder auftaucht und ihr ihr früheres Leben, ihre Jugend, in Erinnerung ruft.

Für mich war die Bildersprache, mit der dies im Buch verdeutlicht wird, etwas gewöhnungsbedürftig (gelinde gesagt!). Wenn von Ellinor als Baum immer wieder die Rede ist - nun gut. Aber sie als verirrter Perlmutterfalter, als Eichhörnchen, das schließlich lächelt, zu bezeichnen: für mich sind das schräge Metaphern. Wenn von einem toten Mädchen, das zu ihren Leibzeiten gestrickt hat, gesagt wird, sie werde zu Brüsseler Spitze, kann ich damit so gar nichts anfangen. Im Buch sind es aber vor allem die vielen Vergleiche von Ellinor mit Pflanzen und Tieren, die irgendwann zu viel werden. Genauso wie die vielen literarischen Zitate, die eingeflochten sind. Durch sie hat sich für mich auch ein Missverhältnis aufgetan: Ellinor, die ständig in der Natur ist, alle Tiere und Pflanzen bei ihrem Namen kennt, wird plötzlich zur belesenen Büchernärrin. Das hat für mich nicht gepasst. Zudem ist manches an dem Roman sehr konstruiert, etwa dass Herrman genauso literarisch bewandert ist wie sie.


Anderes dafür ist gelungen: Die Verquickung mit einem tragischen Unglück vor über 100 Jahren führt durch das parallele Erzählen dazu, dass man als Leser kaum den Eindruck hat, dass viel Zeit vergeht, sondern sich alles in kürzester Zeit abspielt. Auch dass manches erst nach und nach aufgedeckt wird, sorgt im zweiten Teil des Buches noch einmal für einen Erzählschub, der mir am Anfang des Buches etwas gefehlt hat.


So ist "Heimwärts über das Eis" ein Buch, das seinen eigenen Charme hat, wenn es mich auch nicht völlig überzeugt hat.
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