Cover des Buches Die Liebe zur Freiheit hat uns hierher geführt (ISBN: 9783896675484)
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Rezension zu Die Liebe zur Freiheit hat uns hierher geführt von Gunnar Ardelius

Nirgendwo etwas von Freiheit zu spüren

von Corsicana vor 8 Jahren

Rezension

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Corsicanavor 8 Jahren
Ende der 60er Jahre kommt eine schwedische Familie nach Liberia. Der Vater hat dort in einer schwedischen Bergbaufirma eine Stelle als Personalchef angeboten bekommen. Seine Frau und sein 16 jähriger Sohn kommen notgedrungen mit. Aber es wird keine spannende und schöne neue Erfahrung. Denn im Grunde genommen ist die Familie zerrüttet, alle drei kommen mit ihren Problemen im Gepäck nach Afrika - und können dort nicht ankommen und sich dort nicht wohlfühlen.

Der Vater wirkt seltsam haltlos und energielos - trotz seiner beruflichen Karriere. Vor kurzem hatte sich sein Vater umgebracht, Darunter leidet er. Und er wollte nach Afrika, weil er sich "nach dieser Finsternis" sehnt.

Die Ehefrau ist wahlweise planlos, hysterisch oder depressiv. Sie ist chronisch unentschlossen, denn "nach jeder Entscheidung, die sie im Leben getroffen hatte, immer ein bisschen weniger von ihr übrig geblieben war". Sie trauert ihrem Liebhaber in Schweden hinterher, der sie vor kurzem verlassen hat. Und dies alles betäubt sie mit Tabletten. Mit den Einheimischen kommt sie gar nicht klar - und sie bemüht sich auch nicht darum - sie kreist nur um sich selbst.

Am normalsten wirkt noch der Sohn Marten, Er vermisst seine in Schweden zurückgelassene Freundin und ist ansonsten auf dem Jugendlicher-Rebellen-Weg. Und so interessiert er sich als einziger für die Einheimischen und für deren Probleme - und kämpft damit auf Seiten der Minenarbeiter - und beschwört damit eine Katastrophe herauf....

Irgendwie hat mich dieses Buch nicht packen können. Die Protagonisten waren mir all zu unsympathisch - bis auf den Sohn,
der ein ganz normaler Jugendlicher zu sein schien. Etwas rebellisch - aber natürlich konnte er die Folgen seiner Handlungen noch nicht einschätzen.

Was mich jedoch beeindruckt hat, war der Einblick in die Geschichte Liberias. "Die Liebe zur Freiheit hat uns hierher geführt" ist das Motto Liberias. Der Staat wurde quasi von Amerikanern gegründet, die hierhin Tausende ihrer freigelassenen Sklaven verschifften. Ob als Geste der Wiedergutmachung oder eher weil man diese Menschen nicht als freie Bürger im eigenen Land haben wollte?

Jedenfalls führten sich diese freigelassenen Sklaven dann gegenüber der einheimischen Bevölkerung als neue Sklavenhalter auf.



Liberia war zwar nie Kolonie - aber "Freiheit" gab es auch nie. Statt Kolonialherren kamen später ausländische Firmen, die das Erz abbauten und die Wirtschaft bestimmten. Und danach ein langer und blutiger Bürgerkrieg - der begann jedoch erst Ende der 80er Jahre.

Daher ist dieses Buch durchaus relevant als Zeugnis von Kolonialismus und Neo-Kolonialismus und es wird aufgezeigt, dass Gewalt und Unterdrückung nur zu neuer Gewalt und weiterer Unterdrückung führen.

Fazit: Geschichtlich interessant, sprachlich gut geschrieben. Aber düster und mit komplett haltlosen Protagonisten. Für mich persönlich eher eine Enttäuschung.






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