Rezension zu "Philippine Welser" von Gunter Bakay
Von den literarischen Fähigkeiten des Autors einmal abgesehen: das Buch ist erstklassig recherchiert! Plastisch erzählt Bakay, wie Philippine in Augsburg aufwächst, wie sie lebt und ihren Ferdinand kennen lernt. Die Liebe der beiden zueinander muss sehr groß gewesen sein, denn Ferdinand verzichtet für sie auf seine mögliche Nachfolge als Kaiser und Philippine muss sich viele Jahre lang - trotz heimlicher kirchlicher Trauung - öffentlich mit der Rolle einer Mätresse zufrieden geben.
Philippine bringt ihre "unstandesgemäßen" Kinder in Böhmen zur Welt und übersiedelt dann mit Ferdinand nach Schloß Ambras bei Innbruck (ihr Hochzeitsgeschenk!). Dieser rote Faden gibt Bakay die Gelegenheit über die Wohnverhältnisse und die Lebensart der damaligen Zeit zu erzählen:
Man erfährt zum Beispiel, dass die bürgerliche Frau im 16. Jahrhundert nicht stickend am Sofa saß, sondern anpackte, bestens ausgebildet war und auch die Geschäfte führte, wenn der Mann auf Geschäftsreise (etwa nach Venezuela in die Kolonien) war. Ein völlig neues Bild der Bürgerinnen wird hier dargestellt und mit Fakten untermauert!
Oder der Autor erzählt von der Hochzeitsnacht im eiskalten Schlafzimmer auf Bresnitz, vom Kochen in der verrauchten Küche am offenen Feuer (wobei auch das berühmte Kochbuch der Philippine Welser beschrieben wird). Von der Heilkunst der Philippine Welser und ihrer Beliebtheit in der Bevölkerung Innsbrucks.
Die bisherigen Biografien über Philippine waren vor allem Mythen - der Autor erzählt sie alle, und geht ihnen auf den Grund: das liest sich spannend wie ein Krimi!
Am Ende des Buches bleibt eine Frau übrig, die man gerne einmal kennen lernen möchte. Ein unterhaltsames - und enorm invormatives Buch!