1396 in Köln, 40 Jahre nach der großen Pest, 25 Jahre nach der Weberschlacht, begegnen wir Matthäus Arnolds, der in Köln eine kleine Apotheke betreibt. Doch Matthäus Arnolds hat ein dunkles Geheimnis. Für den geheimnissvollen Captiano, Herr über die Kölner Bettler und Strolche, dessen Identität niemand kennt, arbeitet er im Verborgenen als Krüppelmacher. Er verstümmelt Bettler, damit sie vor den Portalen der unzähligen Kölner Kirchen an den für Krüppelbettler bevorzugten Stellen das nötige Kleingeld erbetteln können.
Matthias Arnolds erzählt seine Geschichte in der Ich-Form und hebt sich damit erzähltechnisch von den beiden anderen Protagonisten Judith Hirzelin, einer Patrizier-Witwe und dem Bettelmädchen Lisa ab, deren Geschichten in der dritten Person erzählt werden, zunächst in drei parallel zueinander verlaufendenden Handlungssträngen, die sich dann im letzten Abschnitt dieses Buches zu einem gemeinsamen Handlungsstrang zusammenfügen.
Günter Ruch ist es gelungen, ein sehr plastisches und historisch fundiertes Bild von Köln im Jahre 1396 zu zeichnen, einer Stadt, die zu dieser Zeit bereits 40.000 Einwohner hatte und aus allen Nähten quoll. Es ist eine laute, stinkende, lebendige, fröhliche und lebenslustige Stadt mit kleinen verwinkelten Gassen und Straßen sowie zentralen Märkten und Plätzen, auf und in denen das Leben tobt. Günter Ruch lässt sehr viele Straßennamen und Ortsbezeichnungen einfließen, die es auch im heutigen Köln noch gibt, sodass der ortskundige Leser gedanklich mit Mattähus Arnolds durch das historische Köln streift. Das sind Dinge, die mir bei diesem Buch besonders gut gefallen haben. Das ist meine Stadt, wie ich sie kenne und liebe und da geht mir als echtem kölschen Mädchen wirklich das Herz auf
Leider gibt es auch Dinge, die mir bei diesem Buch weniger gut gefallen haben. Von den drei Protagonisten ist eigentlich nur Matthäus Arnolds facettenreich gezeichnet, auch wenn man ihm seinen zum Ende des Buches vollzogenen Sinneswandel nicht völlig abnimmt und er den nötigen zwischenmenschlichen Tiefgang vermissen lässt. Zudem haben mich seine permanent negative Lebenseinstellung und die ständigen Rückblicke auf seine Vergangenheit als Wundarzt irgendwann leicht genervt. Die beiden anderen Protagonisten - Judith Hirzelin und Lisa - bleiben dagegen etwas blass, zumal Lisa entgegen des Klappentextes in der Geschichte eher nur einen Gastauftritt hat, dessen starke Wirkung auf Matthäus Arnolds sich mir nicht glaubhaft erschlossen hat.
Wirkliche Spannung kam im Buch auf den letzten 100 Seiten auf, als sich das Schicksal der drei Protagonisten vom einen auf den anderen Tag schlagartig ändert und zwei von Ihnen durch Verrat in den eigenen Reihen in Lebensgefahr geraten. Dieser letzte Teil des Buches hat mich dann mit der zuerst etwas schleppend verlaufenden Geschichte wieder versöhnt. Das Ende lässt viel Raum für eigene Gedanken und Überlegungen, wie es mit der Geschichte weitergehen könnte. Vielleicht belohnt der Autor den geneigten Leser ja in absehbarer Zeit mit einer Fortsetzung :-)
Das Buch ist mit einem Glossar ausgestattet, in dem leider nicht alle Begriffe erklärt sind (der Meulenstößer und der Reudelsterz fehlen), sowie einer Zeittafel über die wichtigsten Ereignisse der Kölner Stadtgeschichte des 14. Jahrhunderts.
4 Sterne für ein Buch, an dem Leser, die Bücher über das historische Köln lieben, sicher ihre Freude haben werden.