Gunther Geltinger

 4,1 Sterne bei 18 Bewertungen
Autor von Benzin, Moor und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Anspruchsvolle Literatur: Gunther Geltinger, geboren 1974 in Erlenbach am Main, ist ein deutscher Schriftsteller. Er studierte nach dem Abitur Drehbuch und Dramaturgie an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien und als Postgraduierter an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Die Stadt am Rhein ist seitdem sein Zuhause.

Geltingers Debütroman "Mensch Engel" wurde in mehrere Sprachen übersetzt und auch als Taschenbuch veröffentlicht. Seine Werke wurden vom Spiegel oft als „anspruchsvolle Literatur in guter alter Suhrkamp-Tradition“ bezeichnet. 2015 wurde er mit dem August-Graf-von-Platen-Preis und dem Aufenthaltsstipendium des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia in Bamberg ausgezeichnet. Außerdem bekam er unter anderem den Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für junge Künstlerinnen und Künstler und das Heinrich-Heine-Stipendiat der Stadt Lüneberg.  

Alle Bücher von Gunther Geltinger

Cover des Buches Moor (ISBN: 9783518465622)

Moor

(7)
Erschienen am 08.12.2014
Cover des Buches Benzin (ISBN: 9783518428597)

Benzin

(7)
Erschienen am 10.03.2019
Cover des Buches Mensch Engel (ISBN: 9783518461822)

Mensch Engel

(4)
Erschienen am 19.07.2010

Neue Rezensionen zu Gunther Geltinger

Cover des Buches Benzin (ISBN: 9783518428597)
Buecherschmauss avatar

Rezension zu "Benzin" von Gunther Geltinger

Buecherschmaus
Un ami

Ein Paar in der Krise. Der Schriftsteller Vinz und der Biologe Alexander sind seit zwanzig Jahren ein Paar, mittlerweile auch verheiratet, lassen sich in ihrer offenen Beziehung aber jegliche sexuelle Freiheiten. Nur Liebe, echte Gefühle, eine Affäre, das ist nicht vorgesehen. Aber genau das ist es, was Vinz mit dem deutlich jüngeren Manuel erlebt.
Eine (letzte?) Reise führt die beiden nach Südafrika. Abseits derTouristenpfade, unterwegs mit einem Leihwagen auf kleinen Straßen sind sie unterwegs, als sie in der Dämmerung einen jungen Mann anfahren und verletzen. Sie bringen schuldbewusst Unami in sein Dorf und fühlen sich verpflichtet, sein Angebot, sie zu den Viktoriafällen nach Zimbawe zu führen, anzunehmen. Oder steckt da noch mehr dahinter? Unami (" un ami") wird mehr und mehr zur Projektionsfläche der Sehnsüchte und verdrängten Gefühle von Alexander und Vinz. Gleichzeitig scheint aber auch der junge Afrikaner ein eigenes Spiel zu betreiben. Als dem Leihwagen das Benzin ausgeht und gleichzeitig Unruhen zum Sturz des Diktators Robert Mugabe ausbrechen, spitzt sich die Situation zu.

Formal anspruchsvoll, mit nicht immer ganz nachvollziehbaren Zeitsprüngen, ständigen Referenzen zu dem von Vinz zu schreibenden dritten Roman, dem das "Afrikaabenteuer" Stoff liefern soll, und einem Protagonisten, der in seiner Egozentrik nicht nur unangenehm ist, sondern in seinem Denken und Handeln für mich nicht nachzuempfinden, ist "Benzin" dennoch unbestritten ein gutes Buch. Trotz der Dichte an Themen - Erotik, Selbsthass, westliche Schuldgefühle und westliche Arroganz, Tourismus, soziale Medien, Flucht und Vertreibung, Aids, Krieg, Korruption, Homophobie - wirkt das Buch nicht überfrachtet. Es ist komplex, manchmal wuchtig, fordernd, aber sprachlich und auch formal sehr reizvoll.

Cover des Buches Benzin (ISBN: 9783518428597)
Schnicks avatar

Rezension zu "Benzin" von Gunther Geltinger

Schnick
Nicht mein Fall

Geschafft! Endlich! 

Das war der erste Gedanke, nachdem ich das Ende des Romans erreicht hatte. Der zweite Gedanke: Schnell bei Momox anbieten.

Dabei ist „Benzin“ gar nicht schlecht. Der Roman ist nur anstrengend. Mir persönlich war er zu anstrengend. Dabei gibt es viel Positives über „Benzin“ zu sagen. Zum Beispiel gibt es da die Protagonisten – Vinz und Alexander und eine zeitlang auch Unami -, die selten facettenreich und lebensnah gezeichnet sind und deretwegen ich den Roman auch nicht abgebrochen, sondern bis zum Ende gelesen habe. Tolle Protagonisten gibt es also, das istManch ja schon was! Und auch das Setting ist super: Der Süden Afrikas ist für Deutsche nicht nur den Kilometern nach weit entfernt, sondern auch kulturell. Und Geltinger fängt diesen Teil des Kontinents und seine Menschen – soweit ich das beurteilen kann – gut ein. Alles gute Voraussetzungen. Aber leider hatte ich sowohl inhaltlich als auch stilistisch einen völlig anderen Roman erwartet. 

Geltingers Schreibstil ist mir zu bemüht, zu konstruiert. ZDwar liefert er viele wunderschöne Sätze ab (ich könnte das halbe Buch zitieren), aber in der Summe ist sein Schreibstil das, was ich für mich als „deutsche, intellektuelle Betroffenheitsliteratur-Ästhetik“ beschreibe. Das ist ein Schreibstil, der zwar streckenweise wunderschöne Sätze liefert, aber im Kern völlig emotionslos ist, die Leser*innen an keiner Stelle richtig packt, stets Form über Emotion stellt, und selbst die spannendsten Geschichten mit einer sprachlichen Gleichförmigkeit präsentiert, die einfach nur anstrengend ist.

Sicher kann man sich das Anstrengende schönreden; natürlich muss ein Roman nicht seicht oder möglichst schnell zu lesen sein; aber dermaßen (sprachlich) konstruiert und langweilig geschrieben muss es dann doch nicht sein. Das tut mir vor allem für Vinz und Alexander leid, denn die hätten mehr verdient, zumal sie zwei super Identifikationsfiguren für Menschen in den mittleren Jahren abgäben. Aber nicht einmal das gönnt Geltinger ihnen. Alles wird dem Konstrukt unterjocht. 

In seiner Langeweile entfachte der Roman bei mir selbst in seinen spannendsten Momenten lediglich verhaltenes Interesse, ab etwa der Hälfte des Buches wollte ich nur noch zum Ende kommen in der Hoffnung, dass mein Durchhaltevermögen belohnt würde. Wurde es natürlich nicht, obwohl mir das Ende ganz gut gefallen hat.

Am Ende war mir „Benzin“ einfach zu blöd. Schön, dass die Leser*innen gefordert werden. Schön, dass der Autor ihnen etwas zutraut und nicht alles bis zum Erbrechen erklärt oder auflöst. Aber das reicht mir nicht, wenn das große Ganze nicht passt.

Cover des Buches Moor (ISBN: 9783518465622)
Kyoshis avatar

Rezension zu "Moor" von Gunther Geltinger

Kyoshi
Von der Libelle und dem Rochen

Vier einhalb Jahre hat Geltinger an dieser Geschichte geschrieben und es ist unglaublich wie verstörend und erdrückend.
Ich habe es eben erst zuende gelesen und fühle mich - ich kann es gar nicht anders beschreiben - schmutzig. Schmutzig, als hätte ich im Moor gebadet und als klebe mir die braune Masse am ganzen Körper. Zäh fühlt es sich an und schwer.
Zur Sprache:
Es gibt zwei Arten von Schriftstellern: Erzähler und Künstler. Geltinger ist ohne Zweifel zweiteres. Ich habe noch nie im Leben so eine Sprachgewalt erlebt, so viel Beobachtung, noch nie so lange Sätze gelesen (die über Seiten gingen!), die ich bald nicht einmal mehr verstanden habe.
Ich fragte mich ganz oft: Was hat Geltinger gelesen, das er so schreiben kann?! Denn jeder Schreiber entwickelt seinen Stil aus Fetzen von dem was er gelesen hat. Das Buch ist bis zum Rand gefüllt und dicht gepackt mit Wörtern, Beschreibungen, Assoziationen, Ausschweifungen, und Metaphern, ja, unglaublichen Sinnbildern, Geltinger schreibt in Bildern, und doch ist nichts davon fehl am Platz.
Und dann fragte ich mich auch: Was hat Geltinger gesehen und erlebt, das seinen Kopf mit all diesen Beschreibungen gefüllt hat? Unglaublich viel Zeit hat er sich für dieses Monstrum gelassen und das zurecht, ich habe großen Respekt und Ehrfurcht und hege große Sympathie dafür, dass er sich dem Thema mit vollem Einsatz gewidmet hat. So soll es immer sein! Nicht in einem Jahr einen halbherzigen Kommerz Roman hinklatschen für die Massen sondern ein Monstrum schaffen aus den Innereien des Moors und der Menschlichkeit. Er hat sich, wie er sagte, sehr intensiv mit dem Moor beschäftigt, hat 240 Seiten gebraucht um überhaupt darauf zu kommen, die Erzähl Perspektive seiner sogenannten "Seelenlandschaft" zu übergeben. Was für eine Leidenschaft, was für ein Autor! Er schreibt 240 Seiten, schmeißt sie mehr oder weniger weg und ändert die Perspektive, weil er nicht sich und Ruhm im Mittelpunkt sieht, sondern die Geschichte und nur, zum Geier noch mal, die Geschichte. "Ich habe gemerkt, dass ich die Geschichte nicht richtig erfasse", meinte er und tat das einzig richtige, er ließ sich Zeit, er passte sich an die Geschichte an, nicht andersherum und schuf ein Kunstwerk, ein Gemälde aus Worten, ja sogar die Zeitsprünge sind geschichtet wie das Moor; unfassbar.
Und das ist eine weitere Besonderheit: Die Perspektive. Wir, die Leser, werden angesprochen mit "Du", wir sind Dion, und sprengt so alle Grenzen zwischen Leser und Protagonist. Sein Schmutz ist unser Schmutz, sein Elend ist unser Elend, seine Gefühle sind unsere Gefühle. Diese Perspektive ist äußerst selten und war auch einer der wichtigsten Gründe, weshalb ich dieses Buch überhaupt gelesen habe. Ich hatte genug von der auktorialen Sicht und die Ich-Perspektive hasse ich seit einiger Zeit schon über alle Maße. Geltinger macht in "Moor" Schluss mit menschlicher Egozentrik, er stellt die herzlose Natur in den Mittelpunkt und was rauskommt ist roh, das ist authentisch, das ist zerfleischend und erdrückend, niederschlagend und zermalmend und brutal wie die Natur selbst; im letzten Kapitel sagt es zu uns: "Keine Angst, ich werde dir nicht wehtun." und es ist einer der ergreifendsten Momente der Geschichte. Die personifizierte Natur tötet Dion in einem letzten Akt, einem brutalen Akt, der mit solcher Gleichgültigkeit und Sanftmut geschrieben ist, dass es mir den Boden unter den Füßen gerissen hat. Ich habe noch nie so eine wunderbare Beschreibung der Natur gelesen; brutal, herzlos, launisch und am Ende doch das, was uns alle am Leben hält, Mutter Natur, die Nährende, die Brutale, die Fordernde, vielleicht auch Dions Mutter. Es ist schlicht und ergreifend Kunst, was Geltinger uns hier gegeben hat und sein Buch lebt von dieser Sprache. Übersetzer werden vermutlich extreme Schwierigkeiten haben, dieses Sprachmonstrum in eine andere Kleidung, eine andere Sprache zu stecken.

Zum Inhalt kann ich nicht viel sagen, nur, dass Dion mir unendlich leid getan hat und ich mit jeder Seite den innigen Wunsch versprürte, dass Marga qualvoll stirbt.
Es ist die Geschichte eines Jungen, der tatsächlich ohne Vater und praktisch ohne Mutter aufwächst, denn was dieses "Muttertier" an Mütterlichkeit gibt, ist nichts als Verantwortung für ihren schlechten Zustand; Dion lernt, dass er an allem Schuld ist, erlebt eine Kindheit, die keine ist, weil er zu früh erwachsen sein muss um sich um seine elende Mutter zu kümmern. Was sie ihm seelisch und körperlich abverlangt ist kaum zu ertragen, dieser Charakter wiedert mich an und ich wünschte, Geltinger hätte sie qualvoll sterben lassen. Aber das gehört zur Geschichte: Die Verantwortung verfolgt einen überallhin, sie klebt an einem, sie überfällt einen nachts, sie ist gierig und reißt einen aus der Kindheit, sie will und will und will und gibt nichts.
Geltinger schafft sehr realistische Personen, es gibt keine Statisten, es gibt tatsächlich nur Personen und auch das ist bewundernswert.
Und am Ende der Geschichte ertrinkt der Junge in einem Meer, was unheimlich, wiederlich und großartig von der Natur beschrieben wird und das ich leider noch immer nicht richtig interpretieren konnte.

Gesamteindruck: Ein verwirrendes, unheimliches und perfekt umgesetztes Kunstwerk über die Kindheit, Einsamkeit, abgründige Liebe, Schuld, Elend und Schmutz, das mir etwas in die Magengrube geschlagen hat.  Ebenso, wie Geltinger sich die Mühe gemacht hat, das Buch zu schreiben, sollte man sich die Mühe geben, sich damit zu befassen, es ist es wert.
Zarte Gemüter, haltet euch fern!

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Zusätzliche Informationen

Gunther Geltinger im Netz:

Community-Statistik

in 37 Bibliotheken

auf 9 Merkzettel

von 1 Leser*innen aktuell gelesen

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