Dieses Buch ist zwar schon einige Jahrzehnte alt. Die Traumaforschung bezüglich der Folgen der ( weißen ) Folter hat sich natürlich kontinuierlich weiterentwickelt. Aber vieles von dem, was in diesem Buch steht, hat an Aktualität wahrhaftig nichts eingebüßt. Man kann quasi sagen: das Zeitlose der Finsternis, des Negativen.
Folter begleitet die Menschheit schon sehr lange. Wie lange? Das weiß wohl keiner. Die Grausamkeit des Menschen kennt keine Grenzen. Seine Phantasie ist äußerst erfinderisch, seien es die Inquisition oder die Folterkeller weltweit. Ja, leider gibt es auch Folter in zivilisieren Staaten, die sich Demokratien nennen. Wenn auch sehr klandestin, heimlicher jedenfalls als in diversen Juntas.
Aber der Mensch ist ja schlau, auch in der Abgründigkeit. Warum sich mit physischen, dreckigen, blutigen Methoden abgeben, wenn es schön sauber mit white collar - Folter, der sogenannten weißen Folter. Warum nicht die Erkenntnisse und Methoden der Psychologie und Psychiatrie nutzen, um Menschen zu quälen? Eigentlich zum Wohle des Menschen, werden diese hinterhältig pervertiert.
Was ist mit weißer Folter gemeint? Alles, was die Integrität der Psyche und des Ichs angreift, unterminiert, zerstören soll. Das Brechen eines Menschen.
Das Buch schlüsselt sich auf in die Psychologie des Folterers, Psychische Foltermethoden, deren Wirkungen, Konsequenzen und Dokumente.
Gustav Keller erläutert sehr aufschlussreich, warum Menschen zu Folterern werden. Mitnichten sind diese alle psychopathische Sadisten. Der soziopolitische Kontext kann Menschen zu solchen machen.
Es gibt als Methoden noch immer die klassische Gehirnwäsche. Weil die Pharmazie sich auch immer weiter entwickelt, können modernste Medikamente selbstredend mißbraucht werden. Resultate der Forschung werden als Folterinstrumente umgemünzt. Psychotechniken aller Coleur, Deprivation ist ebenfalls noch sehr wirksam. Einen Menschen von allen ( An ) Reizen zu isolieren, kann einen Menschen in den Wahnsinn treiben. Siehe Dunkelhaft. Hypnose hat sich als wenig wirksam erwiesen. Interviews sind manipulative Mittel, das Kommunizieren, Konditionieren, Psychiatrisierung und Folter mit Psychopharmaka.
All diese Methoden können sich verheerend ( meistens ist das auch der Fall ) und destruktiv auf den Betroffenen auswirken. Eine massive Traumatisierung ist die Folge, eventuell ist dieser Mensch komplett gebrochen.
Deswegen ist eine angemessene Therapie Mittel der Wahl. Ich weiß nicht, wie die heutige Situation aussieht, mit ausreichenden Kliniken für Folterbetroffene. Da müßte ich recherieren. Das Buch ist zwar relativ dünn vom Umfang, aber voller kompakter, sehr interessanter, erschreckender Informationen. Amnesty International ist beim Kampf gegen Folter immer noch von eminenter Bedeutung. Wir alle müssen wachsam bleiben und nicht den Fehler machen zu denken, daß jegliche Form von Folter nur in fernen, exotischen Ländern stattfände.
Es ist in Europa noch nicht so lange her, daß in Spanien Todeskommandos Jagd auf vermeintliche ETA - Mitglieder machte und in Nordirland bzw. Großbritannien angebliche IRA - Mitglieder gefoltert wurden. Die Demokratie ist ein fragiles Gebilde. Deswegen sollten wir uns nicht einlullern lassen und Vorsicht bewahren. Aber ich bin eher pessimistisch: Folter wird auch in der Zukunft, physische wie psychische, ein Teil des menschlichen Auftretens bleiben.