Rezension zu Der Olivenhain von Guy de Maupassant
Ein Blick in den Abgrund...
von parden
Kurzmeinung: Eine Novelle, die einen guten Einblick in das Werk und den Stil von Guy de Maupassant gewährt. Macht durchaus Lust auf mehr!
Rezension
pardenvor 7 Jahren
EIN BLICK IN DEN ABGRUND...
Sie war hübsch, von Natur etwas verdorben, mit einem kindlich naiven Ausdruck, den er ihr Engelsgesicht nannte. Es gelang ihr, ihn vollkommen in Fesseln zu schlagen und aus ihm einen jener verrückten Gefangenen zu machen, einen jener Liebesrasenden, die ein Blick oder eine Schürze auf dem Scheiterhaufen der tödlichen Leidenschaft brennen lässt...
In einem kleinen provenzalischen Dorf zwischen Marseille und Toulon lebt der Pfarrer Abbé Vilbois. Er war nicht immer schon Pfarrer, aber nach einer großen enttäuschten Lieber zu seiner Zeit als Baron in Paris zog Vilbois sich zurück und wollte fortan nur noch Gott dienen. Kleine Eitelkeiten erlaubt der Abbé sich noch heute - so ist er z.B. heimlich stolz darüber, trotz fortgeschrittenen Alters immer noch der stärkste Mann und einer der besten Schützen im Dorf zu sein. Doch alles in allem hat er seinen Frieden gefunden.
Abbé Vilbois lebt etwas außerhalb des Dorfes in einem Olivenhain. Eine Frau führt ihm den Haushalt, ansonsten ist er alleine mit sich und Gott. Als er eines Tages mit einem stolzen Fischfang nach Hause eilt, voller Vorfreude auf einen nur in Butter gedünsteten Barsch, erwartet ihn am Haus ein seltsamer Besuch. Ein junger Landstreicher, der Vilbois seltsam vertraut vorkommt, obwohl er ihm ganz sicher noch nie begegnet ist.
Schließlich erkennt der Abbé, dass man seine Vergangenheit nie wirklich hinter sich lassen kann, und der Abend mit dem seltsamen Besucher entwickelt sich zu einem Blick in den Abgrund...
Wie immer bei der Lektüre früherer Schriftsteller (Guy de Maupassant lebte von 1850 bis 1893), musste ich mich an den altertümlichen Schreibstil zunächst gewöhnen. Dann aber nahm mich die Eindringlichkeit der Erzählung gefangen. Wie in vielen seiner Werke ist auch in dieser Novelle die Qual der Kreatur das Kernthema. Der Pfarrer, isoliert und auf sich selbst zurückgeworfen, nimmt sich durch den fremden Besucher zunehmend selbst in seiner Vereinsamung wahr, durchlebt noch einmal den damaligen Verrat seiner Geliebten, ungleich verstärkt durch das, was der Fremde ihm erzählt. Dabei nimmt de Maupassant eine eher objektive Erzählperspektive ein, bietet dem Leser keine wirkliche Identifikationsfläche, lässt ihn dann auch recht abrupt mit dem überraschenden Ende allein.
Gelesen wird das Hörbuch (62 Minuten) von Heidi Maschler-Pichler, deren Vortrag mich nur bedingt überzeugen konnte. Französische Namen mit österreichischem Akzent gelesen waren für mich eher amüsant denn gelungen, und vor allem zu Beginn geriet die Lesung oftmals sehr statisch, manchmal wie abgehackt, was mich in jedem Fall störte. Das Tempo des Vortrags allerdings war passend, und später schien sich auch Frau Maschler-Pichler in die Erzählung eingefunden zu haben.
Insgesamt ein netter Einblick in das Werk Guy de Maupassants, der durchaus Lust auf mehr macht!
© Parden
Sie war hübsch, von Natur etwas verdorben, mit einem kindlich naiven Ausdruck, den er ihr Engelsgesicht nannte. Es gelang ihr, ihn vollkommen in Fesseln zu schlagen und aus ihm einen jener verrückten Gefangenen zu machen, einen jener Liebesrasenden, die ein Blick oder eine Schürze auf dem Scheiterhaufen der tödlichen Leidenschaft brennen lässt...
In einem kleinen provenzalischen Dorf zwischen Marseille und Toulon lebt der Pfarrer Abbé Vilbois. Er war nicht immer schon Pfarrer, aber nach einer großen enttäuschten Lieber zu seiner Zeit als Baron in Paris zog Vilbois sich zurück und wollte fortan nur noch Gott dienen. Kleine Eitelkeiten erlaubt der Abbé sich noch heute - so ist er z.B. heimlich stolz darüber, trotz fortgeschrittenen Alters immer noch der stärkste Mann und einer der besten Schützen im Dorf zu sein. Doch alles in allem hat er seinen Frieden gefunden.
Abbé Vilbois lebt etwas außerhalb des Dorfes in einem Olivenhain. Eine Frau führt ihm den Haushalt, ansonsten ist er alleine mit sich und Gott. Als er eines Tages mit einem stolzen Fischfang nach Hause eilt, voller Vorfreude auf einen nur in Butter gedünsteten Barsch, erwartet ihn am Haus ein seltsamer Besuch. Ein junger Landstreicher, der Vilbois seltsam vertraut vorkommt, obwohl er ihm ganz sicher noch nie begegnet ist.
Schließlich erkennt der Abbé, dass man seine Vergangenheit nie wirklich hinter sich lassen kann, und der Abend mit dem seltsamen Besucher entwickelt sich zu einem Blick in den Abgrund...
Wie immer bei der Lektüre früherer Schriftsteller (Guy de Maupassant lebte von 1850 bis 1893), musste ich mich an den altertümlichen Schreibstil zunächst gewöhnen. Dann aber nahm mich die Eindringlichkeit der Erzählung gefangen. Wie in vielen seiner Werke ist auch in dieser Novelle die Qual der Kreatur das Kernthema. Der Pfarrer, isoliert und auf sich selbst zurückgeworfen, nimmt sich durch den fremden Besucher zunehmend selbst in seiner Vereinsamung wahr, durchlebt noch einmal den damaligen Verrat seiner Geliebten, ungleich verstärkt durch das, was der Fremde ihm erzählt. Dabei nimmt de Maupassant eine eher objektive Erzählperspektive ein, bietet dem Leser keine wirkliche Identifikationsfläche, lässt ihn dann auch recht abrupt mit dem überraschenden Ende allein.
Gelesen wird das Hörbuch (62 Minuten) von Heidi Maschler-Pichler, deren Vortrag mich nur bedingt überzeugen konnte. Französische Namen mit österreichischem Akzent gelesen waren für mich eher amüsant denn gelungen, und vor allem zu Beginn geriet die Lesung oftmals sehr statisch, manchmal wie abgehackt, was mich in jedem Fall störte. Das Tempo des Vortrags allerdings war passend, und später schien sich auch Frau Maschler-Pichler in die Erzählung eingefunden zu haben.
Insgesamt ein netter Einblick in das Werk Guy de Maupassants, der durchaus Lust auf mehr macht!
© Parden