"Maud Martha" ist der einzige Roman der Pulitzerpreisträgerin Gwendolyn Brooks geblieben, deren Leben sich im Leben der Hauptprotagonistin Maud Martha widerspiegelt. Der Roman erschien erstmals im Jahr 1953, wurde jedoch erst jetzt der deutschen Leserschaft zugänglich gemacht. Wieder einmal hat der Manesse Verlag damit einen literarischen Schatz gehoben, der allemal lesenswert ist, da er das wichtige Thema des Rassismus angeht, der nach wie vor omnipräsent ist. Positiv gewürdigt werden soll auch die ansprechende Gestaltung des Bandes inklusive des gelungenen Nachwortes von Daniel Schreiber, das auch noch einmal bei der Einordnung des Werkes hilft.
Maud Martha, die Hauptprotagonistin des Romans, weist einige Parallelen zu ihrer Schöpferin, der Autorin Gwendolyn Brooks auf: Wie diese wurde jene im Jahr 1917 geboren und beider Leben wird durch den omnipräsenten Rassismus stark beeinträchtigt. Es scheint fast, Maud Martha sei eine Art Sprachrohr der Autorin, durch deren Stimme sie lautstark gegen den Rassismus ihren Widerstand kundtut.
Maud Martha lebt im Süden Chicagos. Wie jedes Mädchen hat sie Träume, doch da sie schwarz ist, werden diese erschüttert. Maud Martha begreift früh, dass zum Beispiel auch Schönheit im Auge des Betrachters liegt. Als schwarzes junges Mädchen weiß sie, dass sie nicht als "schön" gilt. Nicht mal ihr späterer Ehemann, mit dem sie in einer Kitchenette gemeinsam leben wird, findet sie wirklich schön. Auch sonst scheinen die beiden Eheleute sehr unterschiedlich, wie exemplarisch ihre gewählten Lektüren vor Augen führen. Dennoch bleiben sie zusammen und werden auch ein gemeinsames Kind haben.
Maud Martha erfährt Alltagsrassismus in vielen Facetten. In einem von primär 'Weißen' besuchten Kino fühlt sie sich deplatziert und im wahrsten Sinne des Wortes unwohl in ihrer Haut. Doch auch an für 'Schware' vorgesehenen Orten fühlt sie sich fremd. Schwarz ist nicht gleich schwarz. Maud Martha weiß dies. Es ist eine Illusion 'weißer' Menschen.
In vielen episodenhaften Szenen bekommen wir Alltagsrassismus vorgeführt und erleben hautnah mit, wie es Maud Martha dabei ergeht. So beispielsweise beim Besuch eines Friseurs, wo sie mit dem N-Wort konfrontiert wird. Die Autorin wird nicht müde, vermittelt durch ihre fiktive Schicksalsgefährtin Situationen des Alltagsrassismus anzuprangern. Es sind Szenen, die schockieren und unter die Haut gehen. Sie zeigen eindrücklich, Folgen und Wirkweise von Rassismus auf.
Die Sprache der Autorin ist sehr eindrücklich, phasenweise sehr poetisch. Kein Wort ist zu viel. Kurz und prägnant wird das gesagt, was gesagt werden muss. Schon längst. Dabei habe ich es nicht als Manko empfunden, dass die Geschichte, obwohl als Roman betitelt und vertrieben, eher eine Ansammlung von Episoden und Miniaturen ist. Das Thema Rassismus eint sie, für mich ist das roter Faden genug. In jedem Fall auch ein gutes Argument, das Buch zu lesen, denn über Rassismus kann nie genug gelesen, gesprochen und diskutiert werden. Insbesondere dann, wenn Rassismus fast schon in einer Art intersektionaler Perspektive verstanden wird als Resultat des Ineinandergreifens verschiedener Faktoren: wie Rasse, Klasse und Geschlecht. Brooks liefert meines Erachtens, so mein Fazit, einen wichtigen und lesenswerten Beitrag zur Rassismusdebatte. Ich bin froh und dankbar, dass ich das Buch entdecken durfte.