Rezension zu "Shakespeare und seine Welt" von Günter Jürgensmeier
Voluminös, mit erfrischend anderem Ansatz
Dass man zur Lektüre dieses Werkes mindestens einen Schreibtisch, stilecht vielleicht ein Stehpult benutzen sollte (Tisch ist auf jeden Fall ein Muss), liegt nicht nur am voluminösen Äußeren dieses in der Form und im Inhalt umfangreichen Werkes, sondern korrespondiert auch in inhaltlicher Weise mit dem Werk.
Denn so, wie man es schlichtweg nebenbei auf der Couch oder im Bett schon rein lesetechnisch kaum nutzen kann, so sind auch die vielfachen Inhalte weniger als aneinandergereihte Lektüre gedacht, sondern immer eher als ein Einarbeiten in ein konkretes Thema, eine Zeitströmung, konkrete Personen, die in und um die Person und das Werk Shakespeares von wichtiger Bedeutung sind.
Im Überblick versammelt das Werk, nach eigener Aussage vollständig, die wichtigsten Quellwerke Shakespeares für die Handlungen seiner Stücke. Dabei wurden vom Herausgeber nur „sichere und von allen Forschern anerkannte Texte aufgenommen worden“.
Lexikalisch im Folgenden, nach einer ausführlichen und gut zu lesenden Einführung in das Leben und Werk Shakespeares, bündelt das Werk thematisch (in chronologischer Reihenfolge) den jeweiligen Stücken zugehörige Quellen in übersichtlichen und dennoch nicht zu knapp gehaltenen Beiträgen.
Von den „beiden Veronesern“ über „Richard III.“ hin zu „Die Komödie der Irrungen“.
Von „Romeo und Julia hin zu „Julius Cäsar“ oder, später, „Sir Thomas More“ oder das Wintermärchen.
Ergänzt durch Exkurse zu „Entwicklung und Zustand“ von Theater und Bühne unter Elisabeth I. und Jakob I. oder einem Gesamteindruck der Atmosphäre und „Lebensweise“ im London des 16. Jahrhunderts.
Die Betrachtung jedes Werkes enthält dabei zunächst eine kurze Einführung in Entstehung und Thematik, bevor die Quellen im Einzelnen ruhig und fundiert dargelegt und ihr Einfluss auf das jeweilige Stück besprochen werden.
Bei Quellen, die Shakespeare mehrfach genutzt hat, werden diese im Zuge des Stückes erläutert, auf welches die entsprechende Quelle den höchsten Einfluss genommen hat. So vermeiden sich Doppelungen oder vielfache Wiederholungen, eine Konzentration, die der Lektüre guttut.
Denn neben der Beschreibung und weiteren Informationen über die entsprechenden Quellen ist es natürlich durchaus ein Nebeneffekt dieses Werkes, einen umfassenden Überblick über die Stücke Shakespeares zu erhalten. Komplett im Werk versammelt, bieten alleine die Einführungen im Gesamten einen guten und in der Form hervorragend zu lesenden Gesamtblick auf das Werk des Autors.
Das, am Rande, die Arbeitsweise Shakespeares immer wieder ein Thema ist, dass ebenso deutlich wird, wie „Einflüsse der Zeit“ Spuren im Werk hinterlassen haben, ist dabei ebenso interessant und informativ, wie die fast 500 Illustrationen durch Abbildungen.
Vielfach werden die Quellen dabei umfassend zitiert, so dass sich im Gesamten ein sehr lebendiger Stil entfaltete, dem man als Leser gerne folgt und am Ende sehr informiert zurückgelassen wird.
Für jeden, der ein Interesse an Shakespeare besitzt, bietet dieses Werk eine hervorragende Ergänzung zu Biographien oder Werkschauen und ermöglicht einen durchaus einfachen Zugang zur Welt Shakespeares, der den Autor im Fokus schärft, indem die Verarbeitung dessen, was er selbst wahrnahm und vorfand auch einen interessanten Blick auf Shakespeare selbst darstellt.
Eine Lektüre, die auch für den interessierten Laien bestens geeignet ist.