Günter de Bruyn

Der Roman erinnert an „Unterleuten“ von Juli Zeh. Die Geschichte spielt in einem Dorf im Brandenburgischen, wo die beiden betagten Geschwister Leo und Hedwig ihren Altersruhesitz auf dem ehemaligen Gutshof ihrer Eltern genommen haben. Beide haben drei Gesellschaftsformen erlebt – den Nationalsozialismus, anschließend sie das Leben im Westen und er im Osten, und nun die Nachwendezeit. Die Vorbereitungen zur Feier von Hedwigs 90. Geburtstag lassen beide viel auf ihre Lebensläufe zurückblicken. Ein zur Zeit der Erscheinung des Hardcovers aktuelles Thema – der Flüchtlingsstrom nach Deutschland im Jahr 2015 – nimmt sehr viel Raum ein. Die früher politisch bei den Vorgängern der Grünen aktiv gewesene Hedwig möchte Geldgeschenke einer Flüchtlingshilfsorganisation spenden und freut sich über den geplanten Bau einer Flüchtlingsunterkunft in ihrem Dorf. Dann kommt jedoch alles ganz anders …

Geschichtlich und gesellschaftspolitisch ist der Roman interessant und gelungen. Allerdings ist er nicht einfach zu lesen. Die Sprache ist häufig etwas altertümlich, passt damit natürlich gut zum Alter der beiden Protagonisten und dem sprachwissenschaftlich interessierten ehemaligen Bibliothekar Leo. Durch Zeitablauf ist die Geschichte natürlich etwas überholt.

Die Figur der Undine stammt aus der Sage des oberrheinischen Rittergeschlechts der Staufenberg. Der Stoff rund um die Wassernixe und ihrer bewegenden Geschichte von Liebe, Treue und Verrat, hat ihre Wurzeln in einem Gedicht, welches um 1320 verfasst und seitdem vielfach adaptiert wurde. Weltruhm erlangte das Märchen des deutschen Dichters Friedrich Heinrich Karl Baron de la Motte Fouqué, 1811, in der Undine, voller Sehnsucht, zu lieben und geliebt zu werden, von den Menschen enttäuscht wird und das Schicksal daher seinen Lauf nimmt.  1836 Hat sich der dänische Autor Hans Christian Anderson dieser tragischen Liebesgeschichte angenommen und sie in seinem Märchen „Die kleine Meerjungfrau“ verarbeitet.  In der vorliegenden Fassung hat Günter de Bruyn sich Baron de la Motte Fouqués Erzählung angenommen und diese, wie ihm Klappentext vermerkt, von all dem sprachlichen Trödel der Romantik gesäubert. Geblieben ist die tragische Geschichte, in der ein Mann einer Frau das Herz bricht und dafür mit dem Leben bezahlt. 

Im Anhang findet sich der ursprüngliche Text der Undine von 1811. 

Günter de Bruyns Text ist um einiges angenehmer zu lesen, als das Original aus der Zeit der deutschen Romantik. Dennoch bleibt es ein Märchen, mit all seinen Vor- und Nachteilen. Besonders erwähnenswert sind jedoch die Illustrationen des Buchkünstlers Jörg Hülsmann, die dem Buch eine besondere Note geben.

Günter de Bruyn verstarb im Jahr 2020 - anlässlich seines 95jährigen Geburtsjubiläums ist in diesem Jahr sein letztes Werk erschienen. Es handelt sich um eine illustrierte Neufassung des Klassikers "UNDINE" - ein romantisches Märchen, dem mit dieser Fassung der Kitsch genommen wurde, wie ich finde.

Undine möchte lieben und geliebt werden. Sie trifft einen Ritter, sie verliebt sich, der Wunsch geht also in Erfüllung. Undine ist ein Wassergeist - kann sie auf diese Liebe vertrauen? Das einstige Märchen stammt von Friedrich de la Motte Fouqué - er schrieb es 1811. Viele Künstler/innen ließen sich von der Undine inspirieren und nahmen sie in ihren Werken auf.

De Bruyn schreibt dieses Märchen wie gesagt ohne Kitsch und geht dennoch speziell auf die Liebe ein, aber auch auf Verrat und Treue - er schreibt diese bewegende Geschichte neu, anders, schön. Dabei ist es alles andere als verwerflich, dass de Bruyn die Handlung von der Donau weg in die Niederlausitz verlegt.

Die farblich zum Thema passenden tollen Illustrationen von Jörg Hülsmann gefallen mir sehr gut und ergeben mit dem Text eine perfekte künstlerische Einheit.

Enthalten ist im Buch aber auch die historische Erzählung der Undine sowie eine angehangene editorische Notiz.

Ich bin begeistert !!!