Rezension zu "Berge des Wahnsinns" von H. P. Lovecraft
Die vorliegende Ausgabe von H.P. Lovecraft, der auch als Meister des überirdischen Grauens gilt, hat seine Tücken. Als "Meisterwerk des Cthulhu-Mythos" wird diese Novelle angepriesen, was sich in der deutschen Ausgabe zumindest nur bedingt bestätigen lässt.
Zur Geschichte: Das Buch liest sich wie ein Bericht eines Forschers, der aufgrund einer weiteren geplanten Expedition in die Antarktis sein Schweigen über eine vergangene Expedition bricht, bei der mehrere Forscher den Tod fanden. Er erzählt, wie das Team dabei auf einen Gebirgszug stößt, der höher als der Himalaya sei. Dabei finden sie ebenfalls eine uralte Stadt, erbaut vor unermesslichen Zeiten, lange, bevor die Menschheit das Licht der Welt erblickte. In dieser Stadt finden sie die Überreste eines alten Volkes, im Buch als "Die großen Alten" beschrieben. Diese Entdeckung leitet einen Forschungswahn ein. Nach einem Sturm bricht der Funkkontakt vom Basislager zum Forschungslager ab, und der Erzähler macht sich mit einem Kollegen auf, um nach dem Rechten zu sehen. Sie finden das Lager zerstört vor und alle Expeditionsteilnehmer tot. Als die beiden weitere Nachforschungen anstellen, dringen sie in unterirdische Gewölbe vor, wo sie auf Wandreliefs stoßen, die die Geschichten der uralten Spezies aufzeigen. Dabei wird erkennbar, dass jenes Volk, welches einst hier herrschte, von einer gezüchteten Gattung angegriffen wird. In den Tiefen der Welt stoßen sie schließlich auf das namenlose Grauen, das hier unten noch immer herrscht...
Die Geschichte an sich ist nicht schlecht. Sie spielt mit der Wissenschaft und unterschwellig liest man heraus, welches Grauen man bei zuviel Forschungsdrang entdecken kann. Die Illustrationen, die sich über das Buch verteilen, fügen sich herrlich ein und untermalen die Geschichte und das Geschehen wunderbar. Natürlich ist auch Lovecrafts Schreibstil hervorzuheben, das Grauen langsam und schleichend immer näher kommen zu lassen. Die Geschichte in Form eines Augenzeugenberichtes bringt das Geschehen extrem realistisch rüber, wenngleich aus heutiger Sicht manches natürlich für sehr überspitzt und fantasievoll wirkt. Immer wieder werden bekannte Dinge erwähnt, wie etwa das Necronomicon, Cthulhu oder auch Yog-Sothoth. Wer sich mit diesem Thema auskennt, den beschleicht eine Gänsehaut; das kann Lovecraft wie kein Zweiter.
Aber diese Novelle hat auch ihre Schattenseiten, die sich in Lovecrafts Schreibstil zeigt: Es geht zu langsam. An dieser Geschichte merkt man, dass Lovecrafts Stärken bei Kurzgeschichten lag. Er war einfach kein Romantyp. In "Berge des Wahnsinns" verliert er sich fast in ausschweifenden Beschreibungen, und selbst mir, der ich es liebe, in stimmungsvolle Beschreibungen abzutauchen, wird es bisweilen etwas zu viel. Er beschreibt die Gegend so genau, dass man sich wirklich darin wiederfindet, versucht auf Biegen und Brechen, das Gigantische und Unermessliche dieser Berge dem Leser nahezubringen, dass man manchmal wirklich Mühe hat, bei der Stange zu bleiben. Die Hallen unter dem Gebirge sind gewaltig und trostlos; Dies hätte man vielleicht etwas kompakter schreiben können. Auch die ellenlange Beschreibung über die Geschichte jenes Volkes, welches einst die Erde beherrschte, zerrt an der Konzentration.
All diese Kritikpunkte wären jedoch noch nicht der Grund, hier "nur" drei Sterne zu vergeben, bis auf den Punkt, der für mich am Schwersten wiegt: Und zwar hat sich ein Übersetzungsfehler eingeschlichen. In der Geschichte stößt man immer wieder auf "die großen Alten", und wer mit dem Cthulhu-Zyklus vertraut ist, weiß, dass es sich dabei eigentlich um mächtige, ja gar gottgleiche auserirdische Wesen handelt, die selbst die Entstehung und den Lauf des Universums beeinflussen können. Doch man steht wie vor den Kopf gestoßen da, wenn es da plötzlich heißt, dass die großen Alten wären nur ein paar Meter groß und seien im ewigen Eis der Antarktis eingefroren. Hier handelt es sich eigentlich NICHT um die großen Alten (zu denen der große Cthulhu, Yog-Sothoth, Nyarlathotep, Shub-Niggorath und auch Azathoth selbst gehören), sondern um "die alte Rasse", welche vor Jahrmillionen den Erdball bevölkerte.
Manch einer mag diesen Fehler verzeihen, ich kann es einfach nicht. Der Lesefluss wurde bei mir extrem gehemmt, jedes Mal wenn ich auf den Begriff "die großen Alten" stieß. Ich habe dabei einfach andere Wesen vor Augen.
Dieser Fehler liegt, soweit ich das sagen kann, hauptsächlich beim Festa-Verlag. Der Verlag hat mittlerweile viele sehr gute Neuübersetzungen uf den Markt gebracht, so muss ich gestehen, dass "der Ruf des Cthulhu" für mich die beste deutsche Übersetzung darstellt. Aber hier, bei "Berge des Wahnsinns" ist ein gravierender Fehler unterlaufen.
Von daher kann ich diesem Werk, obgleich ich ein leidenschaftlicher Fan von Lovecraft und seinen Geschichten bin, nur drei Sterne geben.