Hala Alyan

 4,1 Sterne bei 73 Bewertungen
Autorin von Häuser aus Sand.

Lebenslauf

Bewegende Literatur aus dem Herzen des palästinensischen Volks: Die palästinensisch-amerikanische Autorin Hala Alyan, geboren 1986 in Carbondale, Illinois, lebt heute in New York City. In ihrem 2017 veröffentlichten Debütroman „Salt Houses“, 2018 auf Deutsch unter dem Titel „Häuser aus Sand“ erschienen, thematisiert die promovierte Psychologin den Werdegang einer palästinensischen Familie über vier Generationen hinweg. Der 6-Tage-Krieg im Jahre 1967, historischer Auslöser des fortan dauerhaft schwelenden Nahostkonflikts, bildet auch in Hala Alyans Roman den Beginn einer Familiensaga. Diese ist geprägt vom Verlust der ursprünglichen Heimat, ständiger Getriebenheit und der immer wiederkehrenden Suche nach einem Neuanfang an verschiedenen Orten der Welt. Hala Alyan selbst wuchs in Kuwait und im Libanon sowie in den US-Bundesstaaten Oklahoma, Texas und Maine auf. Heute lebt sie mit ihrem Mann in New York City und ist an der dortigen Universität neben ihrer Tätigkeit als Autorin auch als Dozentin für Klinische Psychologie beschäftigt. Vor ihrem ersten Roman veröffentlichte Hala Alyan drei Gedichtbände und wurde bereits mit mehreren Buchpreisen ausgezeichnet, darunter dem Arab American Book Award für Lyrik.

Alle Bücher von Hala Alyan

Cover des Buches Häuser aus Sand (ISBN: 9783832165116)

Häuser aus Sand

 (73)
Erschienen am 12.07.2019

Neue Rezensionen zu Hala Alyan

Cover des Buches Häuser aus Sand (ISBN: 9783832198558)
leseleas avatar

Rezension zu "Häuser aus Sand" von Hala Alyan

Was ist Heimat?
leseleavor 8 Monaten

Es ist die Geschichte der Familie Yacoub, die Hala Alyan in ihrem Roman Häuser aus Sand über vier Generationen erzählt. Sie beginnt mit Salma, dem Familienoberhaupt, der die Flucht aus Jaffa während des ersten arabisch-israelischen Krieges noch immer in den Knochen sitzt und die hofft, dass ihre Kinder in Sicherheit und Stabilität aufwachsen können. Sie fährt fort mit ihrem Sohn Mustafa, der im Sechstagekrieg stirbt, und ihrer Tochter Alia, die Mustafas besten Freund Atef heiratet und mit ihm nach Kuwait flieht, wo sie nie heimisch wird. Sie berichtet von Alias Kindern Riham, Karam und Souad, die im Zuge des ersten Golfkriegs in Amman, Boston und Paris landen und dort mehr oder weniger ihr Glück finden. Sie endet mit Abduallah, Linah, Manar und Zain, Alias Enkelkindern, die zwischen der westlichen und der östlichen Welt stehen und versuchen, in diesem Dazwischen ein Zuhause zu finden.

Häuser aus Sand ist einerseits ein klassischer Familienroman, der die einzelnen Mitglieder über mehrere Jahre begleitet und ihre Beziehungen untereinander verhandelt. Wie in so vielen anderen Büchern der Art wird hier geliebt und gestritten, es werden Geheimnisse verschwiegen und Anschuldigungen herausgebrüllt. Es geht um Eltern-Kind-Beziehungen und das Verhältnis des einzelnen zu sich selber: Welche Rolle spiele ich in dieser Familie? Was fühle ich in dieser Konstruktion aus nahen und fernen Verwandten? Wer bin ich jenseits der Zuschreibungen durch andere Familienmitglieder?

Und doch ist an Häuser aus Sand etwas anders. Die Familiengeschichte wird konsequent vor dem Hintergrund der Konflikte im Nahen Osten erzählt – und zwar nicht, weil sich das literarisch gut macht, sondern (und das ist die zentrale Botschaft während der Lektüre von Häuser aus Sand) weil jede Familie, jedes Leben in dieser Region aufs engste mit der dortigen Politik verbunden ist – ob es der einzelne will oder nicht. Denn der Großteil der Familie Yacoub ist dezidiert nicht-politisch, ja will sich eigentlich aus den Irrungen und Wirrungen heraushalten. Krieg, Flucht, Verfolgung, Ausgrenzung sind keine Themen, die von den Mitglieder auf intellektuelle Weise am Küchentisch, in Ausschüssen oder sonstigen politische Zusammenkünften diskutiert werden, sondern etwas, was sie im Laufe der Jahrzehnte immer wieder erleben müssen – obwohl ein jeder und eine jede von ihnen hofft, nach der letzten Flucht, nach dem erneuten Schaffen eines Zuhauses nun endlich eine Heimat für die Familie gefunden zu haben. Doch ob Nabulus, Kuwait, Amman oder Beirut: Jede Stadt scheint rückblickend immer nur für einen bestimmten Lebensabschnitt eine Bleibe sein zu dürfen.

Hala Alyan erzählt diese lebendige, aber auch schmerzhafte Geschichte auf atmosphärische Art und Weise. Immer wieder werden arabische Begriffe eingestreut, die in einem Glossar auf den letzten Seiten erklärt werden, das ebenso hilfreich ist, wie der Stammbaum zu Beginn, da man bei der Fülle der Figuren schon einmal den Überblick verlieren kann. Diese kommen abwechselnd zu Wort, wobei zwischen den einzelnen Kapiteln mehrere Jahre liegen, sodass die Entwicklungen aller Familienmitglieder verfolgt werden kann, diese dabei jedoch aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und bewertet werden. Obwohl die Figurenperspektiv ständig wechselt, führt diese Multiperspektivität dazu, dass man den einzelnen Familienmitgliedern trotzdem nahekommt und ihre Einstellungen sowie Handlungsmotivationen gut versteht.

Häuser aus Sand ist ein Roman über Heimat- und Wurzellosigkeit und stellt den Nahostkonflikt dezidiert in das Zentrum seiner Handlung. Gleichzeitig ist es kein Buch, das speziell für westliche Leser:innen geschrieben wurde, denen es kleinteilig die Konfliktherde der Region erläutert, sondern richtet sich mehr an Mitglieder der Community, die den Schmerz der Protagonist:innen nachvollziehen können, weil sie ihn aus ihren eigenen Familien kennen. Für mich daher ein authentisches, wenn auch immer wieder fremdes Leseerlebnis, das noch lange nachhallt. 5 Sterne und eine absolut Leseempfehlung.

Cover des Buches Häuser aus Sand (ISBN: 9783832165116)
mabuereles avatar

Rezension zu "Häuser aus Sand" von Hala Alyan

Wo ist Heimat?
mabuerelevor 3 Jahren

„...Was ist ein Leben? Eine Abfolge von Jas und Neins, Fotos, die in einer Schublade landen, Liebschaften,die man für die Rettung hält, die sie nie sind. Weitermachen, aushalten, auch dann nicht aufhören, wenn es wehtut...“


Dies Gedanken kommen Atef 2011 angesichts seiner Enkel. Davor liegt ein Leben, das eines selten war – beständig.

Im Jahre 1963 heiraten Alia und Atef in Nablus. Wie es Tradition ist, liest Salma, Alias Mutter, am Abend vorher aus dem Kaffeesatz. Sie erkennt, dass sich ihr Schicksal in Alias Leben wiederholen wird und verschweigt das. Salma stammt aus einer vermögenden palästinensischen Familie in Jaffa. Nach der Gründung Israels wurden sie gezwungen, Land und Haus zu verlassen. Da sie ihr Vermögen retten konnten, war ein Neubeginn möglich.

Die Autorin hat eine bewegende Familiengeschichte geschrieben. Ich darf Atef und Alia bis ins hohe Alter begleiten,

Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er gibt das Spannungsverhältnis wieder, das den Roman wie ein roter Faden durchzieht. Es sind nicht nur die politischen Spannungen, sondern auch die innerhalb der Familie.

Alia besucht gerade ihre Schwester in Kuweit, als ihr der Sechstagekrieg die Heimat nimmt. Eine Rückkehr nach Nablus ist ausgeschlossen. Ihr Mann wird eine Stelle an der Universität in Kuweit erhalten, ihren Bruder Mustafa wird sie nie wiedersehen. Sehr eindrücklich wird beschrieben, warum dem so war. Atef verarbeitet seine Erlebnisse in Briefen, die er an Mustafa richtet. Erst ganz am Schluss erfahre ich, was wirklich geschehen ist. Die Szenen im Gefängnis sind heftig.

Das Paar hat drei Kinder. Atef ist ein liebevoller Vater. Beide haben mit Religion wenig am Hut. Erstaunlich ist deshalb, wie unterschiedlich die Kinder sich entwickeln. Das Buch räumt gründlich mit einigen Vorurteilen auf. Dass Riham Kopftuch trägt, ist weder den Eltern, noch dem Ehemann geschuldet. Es war ihre freie Entscheidung.

Der Kuweitkrieg ist der nächste Einschnitt im Leben der Familie. Jetzt ist Amman die neue Heimat. Zwei der Kinder allerdings ziehen in die Welt.

Später wird man sich in Beirut treffen. Und wieder ist Krieg.

In Nablus ermöglicht mir die Autorin auch einen Blick auf die Palästinenser, die ihre Heimat mit Nichts verlassen haben und nun mehr schlecht als recht in Lagern leben.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es wirft wie ein Schlaglicht den Blick auf ein Volk, das seit Jahrzehnten entwurzelt ist. Mit einem Zitat der Enkelin möchte ich meine Rezension beenden:


„...Palästina war für die Familie eine offene, nie völlig verheilte, nie ganz verschorfte Wunde, über die von den Großeltern kaum je gesprochen wurde...“

Cover des Buches Häuser aus Sand (ISBN: 9783832165116)
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Rezension zu "Häuser aus Sand" von Hala Alyan

Meine Erwartungen wurden leider nicht erfüllt...
Leserattenmamavor 5 Jahren

Die palästinensich-amerikanische Autorin Hala Alyan beschreibt die Generationen der Familie Jakoub. Beginnend im Jahr 1963 bis ins Jahr 2014 mit Stationen in Jaffa, Nablus, Kuwait, Amman, Beirut; bis die jüngste Generation auch in Europa und Amerika ansässig wird. 
Ich hatte gehofft, mehr über das Leben der (Exil-)Palästinenser zu erfahren; wie sie ihre Werte, Traditionen und ihre Religion im Wandel der konfliktgeprägten Zeit im Nahen Osten beibehalten bzw anpassen - so war die Leseprobe mit der Beschreibung des traditionellen Kaffeesatzlesens im Vorfeld einer Hochzeit ein schönes Beispiel. Doch irgendwie kam es danach anders... vielleicht war die gewählte Zeitspanne zu lang mit über 50 Jahren oder die Personenanzahl, deren Gefühls- und Gedankenwelt beschrieben werden sollte, zu groß; oder vielleicht waren es auch zu viele Invasionen und Kriege im Nahen Osten in der Zeit - für mich wurde alles angerissen, aber nichts ausreichend ausgeführt. Eins, zwei Personen aus der Familie leben sehr religiös; andere weniger und manche "amerikanisieren"; einer wird im Ansatz radikalisiert, aber auch das wird nicht ausgebaut. Beziehungsprobleme, die zur Scheidung und einem (zeitweisen) Abrutschen in den Alkoholismus führen; Dauerkonflikte über die typischen Rollenverteilung einer Familie (Lieblingskind, Rebell, etc); Teenager mit ihren Gedanken um das andere Geschlecht, das eigene Gewicht und der ersten heimlichen Zigarette; Alterserscheinungen wie Demenz - es ist wirklich alles dabei, aber nichts in der Tiefe ausgeführt. Zusätzlich hat mich verwirrt, dass die einzelnen Kapitel zwar mit Jahresangaben überschrieben sind, aber dennoch zunächst unerkennbare Rückblenden enthalten. 

Eigentlich schade, da sich der Text der Autorin sehr angenehm und glatt lesen lässt.

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Zusätzliche Informationen

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