Cover des Buches Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen (ISBN: 9783423213189)
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Rezension zu Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen von Hallgrímur Helgason

Metamorphose eines Auftragskillers

von Greedyreader vor 8 Jahren

Rezension

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Greedyreadervor 8 Jahren
Tomislav Boksic genannt Toxic ist ein erfolgreicher kroatischer Auftragsmörder in New York, bis er bei seinem 66. Auftrag "verkackt". Er tötet den Richtigen, aber auch wieder nicht, denn es handelt sich um einen FBI-Mann, und seine Kollegen nehmen sofort die Verfolgung auf. Toxic muss fliehen, will zurück nach Zagreb. Am Flughafen warten schon die Fahnder, und er muss umdisponieren. Auf der Toilette erschießt er einen Mann, der ihm ähnlich sieht, und nimmt seine Identität an. Als Fernsehprediger Father Friendly reist er nach Island. Dauernd kommt er in Situationen, in denen seine falsche Identität offenbart werden könnte, denn alles an seiner Rolle ist ihm fremd. Schon bald spürt ihn die Polizei bei den Gastgebern auf, und er versteckt sich bei der Tochter Gunnhildur, von ihm Gunholder genannt. Vor die Wahl gestellt, den falschen Priester auszuliefern oder zu verstecken, beschließen das Ehepaar und ein befreundeter Priester, seine Bekehrung zu versuchen. Die Methoden des Karatepriesters "Tortur" sind etwas unorthodox, aber letztlich wirksam. Es handelt sich um eine Kombination von Fasten, Mißhandlungen, Beschimpfungen und täglichem Studium der Bibel. Als er schließlich von seinem ehemaligen Freund und Kollegen Niko aufgespürt wird, tötet er nicht einmal, um sein Leben zu retten. Durch Torturs Therapie existiert jetzt eine Hemmschwelle.
Es gibt in diesem Roman viele seltsame Begebenheiten und skurrile Charaktere. Toxic als Protagonist ist nicht unsympathisch, aber der Leser hat Schwierigkeiten, sich mit ihm zu identifizieren. Schließlich ist er anfangs ein eiskalter Killer, für den Zahlen eine große Rolle spielen. Er zählt seine Hits und teilt Frauen nach Tagen ein. Tag 30 bedeutet eine äußerst geringe Attraktivität, Tag 1 das Gegenteil. Gunnhildur entspricht Tag 1. So ist es nicht verwunderlich, dass er sich in sie verliebt. Das Ende des Romans ist offen und mehrdeutig und wirkt etwas unmotiviert und durch den bisherigen Gang der Handlung nicht vorbereitet. Passiert es in der Realität, dass er seine Jugendliebe Senka in Island wiedertrifft? Überlebt er und beginnt mit einer der beiden Frauen noch einmal neu?
Der Roman lebt von dem etwas schrägen Humor, der sich auch in der teilweise recht derben Sprache niederschlägt. Toxic als Father Friendly greift in der Wortwahl oft mächtig daneben, z.B. als er betrunken in der Sendung auftritt, viel wirres Zeug erzählt von der angeblichen Tätigkeit als Missionar zum Thema Missionarsstellung kommt. Sein Kommentar zu der peinlich sauberen Toilette seiner Gastgeber ist für einen Priester ähnlich unpassend: "Hier kacken Engel." Auch sein Umgang mit der isländischen Sprache ist recht witzig: er verhunzt alle Namen, bis sie so ähnlich klingen wie das Original, nur dauert es dann nicht mehr 2 Minuten, einen einzigen davon zu lesen oder auszusprechen.
Gelungen ist auf jeden Fall die Beschreibung Islands mit seinen geographischen und klimatischen Besonderheiten: ein Land, in dem der Sommer nur 6 Wochen dauert und Höchsttemperaturen von 15 Grad erreicht werden. Liebevoll zeichnet Helgason die Mentalität seiner Bewohner, ihre Wertschätzung materieller Güter, zum Beispiel in Form von einem großen und einem kleinen Geländewagen vor, nicht in der Garage. Insgesamt ist es ein etwas eigenartiger, dennoch durchaus empfehlenswerter Roman.
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