Als ich letztens in unserer ortsansässigen Buchhandlung stand, man kennt mich dort schon beinahe mit Vornamen - und mich einfach nur inspirieren lassen wollte - fiel mir dieses Buch auf. Vielleicht war es auch nur der Titel „Psychovampire“, der meine ganze Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Ein wenig irritiert, weil ich den leisen Verdacht hegte, es handelt sich um einen Roman und er liegt hier einfach nur falsch, schaute ich verstohlen nach oben und las „Ratgeber“. Okay, die Abteilung stimmt schon mal. Der Klappentext brachte dann die Erlösung und jetzt war mir auch klar was mit Psychovampire gemeint wurde. Es ist ein metaphorischer Begriff für Menschen die uns Energie rauben. Energiefresser eben – kennt man ja irgendwie. Durch Kontakt mit solchen Menschen verliert man ganz schnell emotionale, psychische, mentale und körperliche Energie. Mir ging das ganz oft so, aber mir war nicht klar warum. Besser gesagt, ich kannte bis vor einer ganzen Weile die Begriffe Energiefresser und Psychovampire gar nicht oder überhaupt deren Bedeutung. Ich meine, wer analysiert auch schon ständig jede Situation oder die Beziehungen zu seinen Mitmenschen in seinem Leben. Vieles nehmen wir einfach so hin, weil man es nicht anders kennt, weil es immer schon so war.
Klar, jeder hat – und so auch ich – Menschen (Freunde, Arbeitskollegen, Familie) in seinem Umfeld die wirklich und ich meine so richtig wirklich, anstrengend sind und nach deren Kontakt man sich im Nachhinein oft total ausgelaugt, gestresst, traurig, wütend oder verletzt fühlt. Ganz oft war es bei mir schon so, dass ich nur an die Person denken brauchte um einen Knoten im Magen zu bekommen. Gestöhnt mit den Augen zu rollen wenn eine Whatsapp Nachricht kam, das Telefon klingelte, die Person einen auf der Straße überrumpelte – weil man ganz genau wusste was jetzt wieder auf einen zukommt oder allein schon das Wissen darum, dass in Kürze ein Besuch ansteht, senkte die Laune Tage vorher schon massiv. Bei vielen kommt hinzu, dass der bloße Gedanke heute wieder zur Arbeit gehen zu müssen und dort auf Chef und Kollegen zu treffen, für Migräneanfall und Lustlosigkeit sorgen.
Abgesehen davon ist die Gefahr recht hoch tatsächlich krank zu werden, macht man sowas auf Dauer mit. Man kann sich aber auch selbst ganz schön stressen, oder? Warum lässt man sowas mit sich machen? Warum ist man für Freunde eigentlich immer nur der seelische Mülleimer. Man lässt sich teilweise von Arbeitskollegen oder Freunden behandeln wie einen Fußabtreter. Warum zeigen einige Menschen anfangs beim kennen lernen noch euphorisches Interesse, erzählen dir das Blaue vom Himmel, um dich dann nach ein paar Tagen/Wochen mit einer billigen Ausrede abzuspeisen und damit nicht Genug, dich dann auch noch einfach zu ignorieren? Geht's noch empathieloser? Warum hört mir eigentlich niemand zu oder zeigt Interesse, was man selbst zu erzählen hat? Man ist doch nicht unsichtbar. Liegt es etwa doch an einem selbst? Warum lässt man sich durch irgendwelche gut gemeinten (sind es oft nicht) Ratschläge so in die Irre führen oder hemmen? Ja, sich sogar oftmals moralisch erpressen oder Schuldgefühle einreden.
Das Buch „Psychovampire“ gibt die Antworten und als Bonus enthält es zahlreiches Gegengift um sich in Zukunft zur Wehr setzen zu können. Klingt toll. Allerdings und das muss erwähnt werden, es kann passieren das man erkennt, eventuell selbst ein Psychovampir zu sein.
Die beiden Autoren reichen uns in 9 anschaulichen Kapitel, Pflock und Hammer. Der erste Teil des Buches umschließt Kapitel 1-3. Zu Beginn charakterisieren sie anhand von wahren Geschichten 12 Psychovampirtypen. Hier fallen Begriffe wie „Der Denkmalpflege-Vampir“, „Der Kühlschrank-Vampir“, „Der Ja-aber-Vampir“, „der Depressive Psychovampir“, „Der Ich-bin-es-nicht-gewesen-Vampir“ usw.
Beispiele
"Der ignorante-Vampir"
-fragt zwar wie es einem geht ist aber an einer Antwort nicht interessiert
-lässt seine Opfer ins Leere laufen
-wendet sich anderen Personen zu, obwohl das Opfer gern etwas äussern würde
-Opfer werden von dem Gefühl der Leere befallen und glauben langweilig zu sein
"Der Nasen-Vampir"
- steckt seine Nase so ziemlich überall rein
- hat den Drang sich in Angelegenheiten anderer einzumischen
- sorgt für Chaos und zahlreichen Missverständnissen
- kommt meist als ungeschorener Drahtzieher davon
Der zweite Teil des Buch
Kapitel 4 - widmet sich der Selbstreflexion. Es geht hier um die Entlarvung von Psychovampiren im nächsten Umfeld. Es werden unterschiedliche Methoden aufgezeigt die bei der Erkennung helfen.
Kapitel 5 - es geht in die Tiefe der Psychologie. Warum wir andere als Energiefresser erleben. Was sind die Gründe für unsere Angreifbarkeit?
Kapitel 6 - stellt einen therapeutischen Exkurs zur Verfügung. Selbsthilfe und Selbstanalyse um noch weiter in die Tiefe zu gehen.
Kapitel 7 - enthält vorbeugende Maßnahmen und Immunisierungstechniken.
Kapitel 8 - hilft mit Beispielen und Tipps zur Ad-Hoc-Entwaffnung.
Kapitel 9 - beschäftigt sich mithilfe eines Psychovampirtests mit welchem man individuell untersuchen kann, ob man Signale sendet die Psychovampire als Einladung zum „Angriff“ identifizieren. Spätestens in diesem Abschnitt kann man dann auch für sich selbst feststellen ob man nicht auch zum Clan der Vampire gehört – ohne es zu wissen oder gar zu wollen.
Mir hat der Ratgeber, den man tatsächlich ernst nehmen sollte, trotz des augenzwinkernden Titel, wirklich geholfen und auf dem Weg zur Selbstliebe durchaus die Augen geöffnet. Die Erläuterungen sind sehr verständlich geschrieben. Viele Typen der Psychovampire kann man nicht ändern, aber man kann sich in Zukunft vor ihnen schützen und gar unschädlich machen. Das ist keineswegs einfach aber möglich und das liegt in unserer Hand. Geben wir dem Psychovampir nicht mehr die Macht über uns.