Gut geschrieben, aber teilweise verstörend
von sydneysider47
Kurzmeinung: Eine Frau wird zur Vegetarierin - und sie verändert nicht nur sich, sondern ihr gesamtes Umfeld. Ein interessanter und verstörender Roman.
Rezension
Aus der Bücherei habe ich mir folgendes Buch ausgeliehen:
Die Vegetarierin
der südkoreanischen Autorin
Han Kang.
Die Handlung:
Die Frau Yeong-hye ist mit Chong verheiratet. Es war keine Liebesheirat, aber Chong ist mit seiner Frau zufrieden. Sie hält die Wohnung in Ordnung, hat einen Halbtagsjob und kann sehr gut kochen.
In einer Nacht hat sie einen Traum. Dieser ist so eindrücklich, dass sie alles Fleisch, das sich in der Gefriertruhe und an anderen Plätzen im Haushalt befindet, wegwirft. Sie beschließt, Vegetarierin zu werden, denn den Anblick von Fleisch kann sie nicht mehr ertragen.
Sie magert ab und bekommt starke Schlafprobleme. Außerdem Hitzewallungen und Alpträume. Besonders fällt das während eines Geschäftsessens auf, zu dem sie und ihr Mann eingeladen werden.
Eines Tages eskaliert die Situation. Als Chong und Yeong-hye die Eltern von Yeong-hye treffen, will ihr dominanter Vater sie zwingen, wieder Fleisch zu essen. Er schlägt sie, als sie sich weigert. Es kommt zu einer Auseinandersetzung. Yeong-hye wird mit einem Messer geschnitten und muss in einem Krankenhaus behandelt werden.
Als sie entlassen wird, will ihr Mann sie verlassen. Dafür zeigt ihr Schwager, der Gatte ihrer Schwester In-Hye, starkes Interesse an ihr. Er ist freischaffender Künstler, und Yeong-hyes magerer Körper inspiriert ihn zu einer wahnwitzigen Idee…
Schreibstil:
Das Buch besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil „Die Vegetarierin“ wird die Handlung aus der Sicht von Chong, Yeong-hyes Gatten, aus der Ich-Perspektive in der Vergangenheit (Präteritum) erzählt.
Der zweite Teil mit dem Titel „Der Mongolenfleck“ wechselt in die auktoriale Erzählperspektive (also kein Ich-Erzähler mehr). Hier wird ebenfalls in der Vergangenheit erzählt – aus der Sicht von In-Hyes Ehemann.
Der dritte Teil „Bäume in Flammen“ bleibt bei der auktorialen Erzählperspektive. Diesmal wird die Handlung aber im Präsens erzählt aus der Sicht von In-Hye.
Weitere Besonderheiten:
Was mich sehr erstaunt hat, ist, dass Yeong-hyes Namen immer wieder „Yong-Hye“ geschrieben wird. Ist das Absicht oder ein Versehen des Verlags? Ich weiß es nicht.
Meine Meinung:
Das Buch „Die Vegetarierin“ war im „Literarischen Quartett“ vorgestellt worden. Deswegen interessierte es mich, so dass ich es zum Lesen mitnahm, als ich es in der Ortsbücherei ausleihen konnte.
Das Buch lässt sich schnell lesen – nicht nur weil es kurz ist. Die Handlung ist interessant – sie schockiert. Und sie schockiert bis zum Schluss. Yeong-hyes Plan, zur Vegetarierin zu werden und die Folgen davon lassen mich nicht kalt. Es reicht ihr nicht aus, fleischlos zu leben – es müssen noch drastischere Konsequenzen kommen.
Die Folgen ihres Vegetarismus sind nicht nur, dass Yeong-hye sehr schlank wird und Schlafstörungen bekommt, sondern auch, dass ihr Mann sie verlässt. Von ihm hört man dann als Leserin/Leser in dem Buch nichts mehr. Dafür erfährt man von der schlimmen Kindheit Yeong-hyes unter einem dominanten Vater. Die ältere Schwester In-Hye versucht, die Traumata, die Yeong-hye hier erlebt hat, zu kompensieren. Sie kann aber nicht verhindern, dass ihr eigener Mann sich auf einmal für Yeong-hye interessiert. So ist auf einmal auch ihre Ehe gefährdet.
Mir war der zweite Teil des Buches „Der Mongolenfleck“ oft zu extrem – hier begann das Buch stark, in einen Porno-Roman abzudriften. Und es gab Momente, während derer ich mich fragte, ob ich die Lektüre nicht einfach abbrechen sollte.
Nun – ich habe die Lektüre des Buches durchgehalten bis zum Schluss. In-Hye erweist sich als starker Charakter in dem Buch – und sie versucht zu retten, was zu retten ist. Das Buch bleibt bis zum Schluss nicht vorhersehbar, was durchaus für das Buch spricht.
Andererseits ist die Handlung oftmals ziemlich heftig, und Leserinnen/Lesern unter 18 Jahren würde ich die Lektüre nicht empfehlen. Man denkt beim Lesen oft: „Schlimmer kann es nicht mehr kommen“ – und dann wird es doch schlimmer.
Sicherlich steht dieses Buch nicht für alle Vegetarier und Vegetarierinnen – es ist ein Extrembeispiel, wohin Vegetarismus führen kann und hoffentlich eine Ausnahme!
Mein Fazit:
Das Buch „Die Vegetarierin“ von Han Kang erzählt die Geschichte einer Vegetarierin, die von einigen Ideen über ihre Lebensweise immer besessener wird. Es ist kein positives Buch, und manche Vorgänge empfand ich als sehr drastisch. Deswegen würde ich das Buch auch erst Leserinnen und Lesern ab 18 Jahren empfehlen.
Ich vergebe dem Buch vier Sterne und empfehle es weiter.