Im Mittelpunkt von Hanna-Laura Noacks Erstling „Strom des Himmels“ stehen die 32jährige Psychologin Alice Amberg und ihre Mutter Teresa, die sich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg als Krankenschwester in Hiroshima um Opfer des Atombombenabwurfs kümmert und dabei in den charismatischen, aber durch Kriegseinsätze in China schwer traumatisierten Pressefotografen Tadashi Yamamoto verliebt.
Bevor Teresa, seit Jahrzehnten wieder in Deutschland und mit einem anderen Mann verheiratet, eine Gelegenheit findet, mit ihrer Tochter über ihre schmerzlichen Erinnerungen und die Gründe für die Trennung von Tadashi zu reden, verunglücken sie und ihr Mann tödlich.
Zutiefst davon betroffen, nimmt Alice 1978 eine Einladung von in Tokio lebenden Freunden an, nicht zuletzt, um auf den Spuren ihrer Mutter zu wandeln, ehe die Zeit darüber hinweggehen und sie völlig verwischen kann.
Dabei erfährt die junge Frau Aufschlussreiches über Teresa und wird darüber hinaus mit schockierenden Erkenntnissen über das Schicksal Yamamotos, dessen Schwester Etsuko und anderer Strahlenopfer konfrontiert.
Der Prolog zeigt Einblicke in das Leben einiger Menschen in Hiroshima und endet kurz vor dem Abwurf der Atombombe, erzeugt Betroffenheit und Neugier.
Nach einem Zeitsprung ins Deutschland des Jahres 1978 reist der Leser mit Alice Amberg nach Japan und infolgedessen in eine spannende und schicksalsreiche Vergangenheit. Damit einhergehende, zuweilen geradezu skurril anmutende Begegnungen und Ereignisse, mitbedingt durch die seinerzeit in Japan vorherrschende Mentalität, meistert Alice durch psychologisches Gespür und Einfühlungsvermögen sowie ihren ausgeprägten Sinn für Humor, selbst in unangenehmsten Situationen.
All das, zudem eine Attacke Amors mitten in ihr Herz, macht Hanna-Laura Noacks Hauptprotagonistin zu einer überaus sympathischen „Reiseführerin“ und so manch aufgedecktes, erschütterndes Geheimnis für die „Mitreisenden“ erträglicher.
Ebenso liebevoll wie glaubwürdig gezeichnet, kommen dem Leser auch die übrigen Figuren sehr nahe im weiteren Handlungsverlauf, der anschaulich geschildert wird und immer wieder in andere Zeiten und Perspektiven wechselt, gekonnt ineinander verwoben, mit teils überraschenden Wendungen.
Alles in allem ist „Strom des Himmels“ ein gelungenes Debüt – lesenswert und darüber hinaus aufklärend und bildend.