Rezension zu "Stockholm Affairs" von Hanna Lindberg
Dass Köche nicht unbedingt zimperlich sind und in Gastro-Tempeln jenseits des Gästebereichs ein rauher Ton herrscht, ist ja bekannt. So tödlich wie in Hanna Lindbergs Schwedenkrimi "Stockholm Affairs" ist es denn in der Regel zum Glück doch nicht. Denn das, was die junge Journalistin Solveig Berg auf einer Gastro-Gala erlebt, katapultiert sie in ihren zweiten Fall: Ihre Chefin Vanja wird von einem Schuss getroffen. Mit letzter Kraft kann Vanja Solveig eine kurze, kryptische Nachricht übermitteln - doch die Ärzte können nichts mehr für sie tun.
Solveig befindet sich, von dem persönlichen Verlust abgesehen, in einer heiklen Lage - mit Vanjas Tod ist auch das Blog, an dem die beiden Frauen arbeiteten, praktisch Vergangenheit und die Chancen, dass sie mitten in der Medienkrise einen neuen Job findet, sind nicht gut. Zumal Solveig in der Vergangenheit mit unethischem Verhalten verbrannte Erde hinterlassen hat. So was verzeiht die Branche nicht. Da bleibt nur noch, aufzuklären, was hinter Vanjas Tod steckt - wurde sie Ziel eines Anschlags, oder galten die Schüsse eigentlich einem Geschäftsmann, der zu den Großinvestoren der Stockholmer Gastronomie gehört und gleich mit mehreren preisgekrönten Köchen verbunden ist?
Doch was für einer Geschichte war Vanja auf der Spur? Bis Solveig die wenigen Hinweise dechiffriert, wird es mehr Tote geben und auch ihr eigenes Leben in Gefahr sein. Ein zweiter Erzählstrang befasst sich mit Lennie, der wohl schon im ersten (mir unbekannten) Soloveig Berg-Krimi eine Rolle spielte. Der ehemalige Lifestyle-Fotograf will sich nach einer nicht ganz lauteren Vergangenheit als Food-Truck-Gastronom selbständig machen, landet aber als Küchengehilfe bei preisgekrönten Köchin Linda. Eine Unbekannte, die offenbar Interesse an Lindas Restaurant hat, heuert ihn für einen mysteriösen Nebenjob an, den er erst zu spät durchschaut.
Und dann ist da noch der Sternekoch, der Gerüchten zufolge einen Nervenzusammenbruch erlitt und nun buchstäblich kleine Brötchen backt. Dann verschwindet er spurlos.
Wie das alles zusammengehört, entfaltet sich erst nach einem dramatischen Finale, in dem verschiedene Erzählstränge zusammengeführt werden und sich erweist, welche der von der Autorin gelegten Spuren Finten waren und welche Hinweise fürdie Lösung des Geheimnisses wichtig sind, für das Vanja sterben musste.
Ein spannender Schwedenkrimi, nicht ganz so düster wie die meisten anderen Vertreter des Genres und mit interessanten Hauptfiguren, gerade weil sowohl Solveig als auch Lennie alles andere als perfekt sind - im Gegenteil, Solveig kann mit ihren Anklängen von Selbstgerechtigkeit und Egoismus gelegentlich ganz schön nerven. Am Ende steht die Erkenntnis: Wahrheit kann befreiend sein.