Rezension zu "Hälften" von Hannah M. Petereit
Ich habe "Hälften" anfangs sehr gern und zügig gelesen - bis ich an einen Punkt kam, in dem die Lektüre Trauer und etwas Wut in mir auslöste.
Das Buch bzw. die Autorin kann dafür nichts, aber der Reihe nach.
Die junge Frau Elisabeth hat schon eine gescheiterte kurze Ehe und eine sich anschließende Beziehung mit einem Anderen hinter sich, als der Leser erfährt, dass sie sich vorgenommen hat, die Männer aus ihrem Leben zu streichen oder aber zumindest sich nicht mehr zu verlieben. Man bekommt einen Einblick in ihre berufliche Tätigkeit samt Höhen und Tiefen und einem neuen Arbeitskollegen bzw. zukünftigen Chef, ihre familiäre Situation mit Schwester Laura, die schwanger ist und deshalb kurzfristig und aber pompös heiraten will und ihre Gefühlswelt als Priesterin Nimue - ihren Online-Fantasyrollenspielcharakter.
Nimues Geschichte bewegt Elisabeth teilweise auch außerhalb der "Wirklichkeit in einer Welt 2.0", wie es auf dem Klappentext heißt. Sie verliebt sich on- und offline, online in Therion, offline, ohne ihn in der realen Welt kennen gelernt zu haben, in Therions Spieler Magnus, der in einer anderen Stadt lebt.
Hannah Petereit hat es geschafft, mich diese Offline-Verliebtheit so plastisch miterleben zu lassen, dass ich die naive Beth und den unentschlossenen und vielleicht auch unfairen wenn definitiv ebenfalls verliebten (oder sollte ich 'verknallt' schreiben? Vielleicht trifft es das eher...) Magnus oftmals schütteln und anschreien wollte aber auch mitgefiebert habe, wie es sich denn nun alles auflöst.
Der Schreibstil ist natürlich und ungekünstelt - und insbesondere die Konversation per PN, also per privater Nachricht in dem Gildenforum der Sahnetörtchen, der Rollenspielergilde, ist sehr... hmm ... authentisch. Soweit ich das beurteilen kann, hätte sich das alles genau so abspielen können.
Um den Bogen zum Anfang zu schlagen - ich bin selbst Online-Rollenspieler und kenne die Situation so oder so ähnlich, weil ich sie (aus beiden Perspektiven) auch schon selbst erlebt habe. Weil da Erinnerungen hoch kamen, die ich (noch?) nicht wieder an der Oberfläche haben wollte, habe ich das Buch nach ein paar Kapiteln aus der Hand gelegt und erst nach ein paar Monaten wieder aufgeschlagen. Dann aber hat die Story mich auch so gefesselt, dass ich es nicht wieder aus der Hand legen wollte.
Das Buch endet anders, als ich erwartet aber schöner als ich gehofft habe. Auch wenn es ein offenes Ende ist ;-)
Leseempfehlung!