Rezension zu "Halligbahn" von Hanne-Ruth Rüsen
Halligbahn, Hanne-Ruth Rüsen/Johann Petersen
Wolfgang Herdam Fotoverlag, 70 Seiten 24,80 Euro
„Auf Oland ist es schön. Man kann Baden, Wattwandern, Vögel gucken, die Ruhe genießen – aber das allertollste war die Lorenfahrt!“ So werden viele heimgekehrten Touristen von ihrem Urlaub in die Halligwelt den Daheimgebliebenen berichten. Keine Fähre, sondern eine Lore bringt die Gäste zu ihrem Urlaubsdomizil. Aber was ist das, eine Lore?
Für die Halligen Oland und Nordstrandischmoor und in Teilen für Langeness ist die Lorenbahn die einzige regelmäßige und zuverlässige Verbindung zum Festland. Mit Loren werden Küstenschutzbaustoffe, Gäste, Post, Öl, Mülltonnen, Heuballen und Umzugskartons transportiert. Was uns als abenteuerliche Möglichkeit erscheint, Dinge zu transportieren ist – eine abenteuerliche Möglichkeit…
Hanne-Ruth Rüsen zeigt mit ihren Fotos alle erdenklichen Variationen des Abenteuers „Lore“. Das ist nicht nur für erfahrene Halligfans interessant, sondern ebenso für Eisenbahnliebhaber, Kenner guter Fotografie und Technikfreaks. Fotos, einführende Begleittexte und launige Kurzkommentare zu den Bildern beschreiben nicht nur pittoreske Situationen, sondern auch handfeste Details zum Thema Lorenbau und ihre Funktionsweise. Historische Aspekte werden anhand alter Postkarten und Abbildungen dargestellt.
Kern des Buches sind aber Hanne-Ruth Rüsens großartige Fotografien. Die Bildautorin besticht mit einem scharfen Blick für das Detail und die Situation und einer sehr schönen Bildgestaltung. Ihre Fotos erfassen immer das Wesentliche und führen den Betrachter direkt zum Punkt. Der Wolfgang Herdam Fotoverlag hat das erkannt und verlegt die Fotos in passender Form. Kein Schnickschnack verunstaltet die Seiten, die Bilder sind relativ dicht gepackt (teilweise vier Fotos auf einer Seite, immer thematisch zugeordnet), die Grundfarbe der Seiten und auch des Covers ist in schlichtem Schwarz gehalten, welches den Fotos viel Raum lässt.
Die Fotografin und der Co Autor Johann Petersen sind beide Halligbewohner und so ist das gemeinsame Werk sehr authentisch. So manche kalte Stunde am frühen Morgen und einige schneeverwehte Kameralinsen haben sich gelohnt. Der Leser darf sich an Momentaufnahmen erfreuen, die nur gelingen, wenn man viel Herzblut in sein Thema legt und die Kamera quasi immer dabei hat. Dazu passen auch die liebevollen kurzen Texte zu den Bildern, die informativ und lustig sind, ohne die lorefahrenden Halligbewohner zur touristischen Attraktion zu degradieren.
Dieses Fotobuch ist ein „Muss“ für alle Hallig- und Lorenliebhaber, ein Denkmal für das besondere Leben und Fahren auf den Halligen Oland und Langeness und weit mehr als nur ein Urlaubsandenken. Inhalt und Aufmachung sind den Preis rundum wert.