Hannelore Valencak

 3,4 Sterne bei 9 Bewertungen
Autor*in von Das Fenster zum Sommer, Die Höhlen Noahs und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Geboren 1929 im österreichischen Donawitz, studierte Hannelore Valencak Physik an der Universität Graz und arbeitete nach der Promotion als Metallurgin und Patentsachbearbeiterin. Von 1979 an lebte sie als freie Schriftstellerin in Wien, wo sie 75-jährig im Jahr 2004 verstarb. Dass der Ehehafen für die jungen Frauen in Valencaks Texten durchgängig ein eher unsicheres Gebiet darstellt, ist auch im vorliegenden Roman festzustellen.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Hannelore Valencak

Cover des Buches Das Fenster zum Sommer (ISBN: 9783701714483)

Das Fenster zum Sommer

 (4)
Erschienen am 07.11.2011
Cover des Buches Die Höhlen Noahs (ISBN: 9783701715824)

Die Höhlen Noahs

 (3)
Erschienen am 07.02.2012
Cover des Buches Das Fenster zum Sommer (ISBN: 9783941905443)

Das Fenster zum Sommer

 (0)
Erschienen am 10.09.2021
Cover des Buches Das magische Tagebuch (ISBN: 9783446033139)

Das magische Tagebuch

 (2)
Erschienen am 01.08.1996
Cover des Buches Meine unbezahlbare Schwester (ISBN: 9783800026999)

Meine unbezahlbare Schwester

 (0)
Erschienen am 01.05.1989

Neue Rezensionen zu Hannelore Valencak

Cover des Buches Die Höhlen Noahs (ISBN: 9783701715824)
J-B-Winds avatar

Rezension zu "Die Höhlen Noahs" von Hannelore Valencak

Alt aber immer wieder aktuell!
J-B-Windvor 11 Jahren

 


 

Das Hannelore Valencaks Debütroman aus dem Jahre 1961 gerade jetzt vom Residenz Verlag wieder aufgelegt wurde ist sicher kein Zufall sondern ein kluger Schachzug des Verlags. Schon seit einigen Jahren erleben Bücher und Filme über Endzeitversionen ein Revival.

Ist doch das Jahr 2012 gerade dazu prädestiniert, da es an apokalyptischen Zeitversionen nicht zu überbieten ist. Hannelore Valencak hatte bereits 1953 eine erste Fassung des Romans fertig, für die sie nach der Überarbeitung 1957 den österreichischen Förderungspreis erhielt, dennoch war der Roman zu seiner Zeit nur mäßig erfolgreich.

Valencak, die zur Kriegsgeneration zählt und deshalb das erschreckende Szenario der atomaren Zerstörung in Hiroshima und Nagasaki miterlebte, sowie den kalten Krieg danach, war nicht die einzige Autorin die ob dessen eine Endzeitversion erfand, in der diese Erlebnisse mit einflossen.

Auch in „Die Höhlen Noahs“ wird das Ende durch einen Atomkrieg (wobei es nie klar gesagt wird) dargestellt, der alles Leben auslöscht, nur verbrannte Erde, Staub und fahles Land zurück lässt:

 

»Über die Krater und durch die verwüsteten Schluchten wehte ein schwefelfarbener Nebel, und auch der Himmel war schwefelgelb, von weißen Blitzen durchzuckt. Aber es waren keine Gewitterwolken und keine Gewitterblitze, sondern das Schwelen und Flackern verglosender Brände.

Der Boden war aufgerissen von den Schlägen der Zuchtrute aus Feuer und Stein. Unheilbare Male waren eingeprägt, an denen er vielleicht sterben musste wie ein geschundenes Tier. An den Rändern der Risse leuchtete der frische Lehm, rötlich und feucht gleich entzündetem Schorf. Der Raum zwischen Erde und Himmel war von einem maßlosen Leid durchtränkt, das vor Schwäche und Entsetzen nicht mehr klagen konnte. Nur manchmal zog ein Windstoß wie ein Röcheln durch die Schluchten und klang in einem wehen Stöhnen aus.«

 

Die Protagonistin Martina wird zusammen mit ihrem Bruder Georg von dem Soldaten Stefan in letzter Sekunde aus ihrem Haus gerettet. Er bringt die beiden Geschwister in seine „Heimat“ zurück, wo eine Handvoll Menschen es geschafft hat sich in Gebirgshöhlen zu retten, wo sie von einem „Alten“ geführt werden. Nach einem neuerlichen Angriff aus dem Himmel überleben nur Martina, Georg, Luises Mutter, die Tochter des Alten, die Magd Maria, Stefan und der Alte, sowie wenige Ziegen und Schafe. Sie richten sich ein einem Talkessel, zwischen zerklüftetem, mageren Land ein dürftiges Leben ein. Sie besitzen nur wenige Gebrauchsgegenstände und ein paar Kleider. Der handwerklich geschickte Stefan baut einen provisorischen Webstuhl, um die von der Magd gesponnene Schafwolle zu verarbeiten und schmiedet ein paar Werkzeuge. Martina folgt ihm überall hin, lernt von ihm, verliebt sich in ihn und träumt von einem idyllischen Familienleben mit Kindern jenseits des Talkessels, denn sie ist überzeugt, dass dort noch Leben herrscht.

Doch der Alte führt ein gnadenloses anarchistisches Regime und tut alles, um zu verhindern, dass eine neue Generation Menschen entsteht, da er es für verantwortungslos hält.

Als er merkt dass sich Stefan und Martina seiner Führung zu entziehen beginnen kommt ihm das Schicksal zu Hilfe. Stefan erliegt einem tödlichen Unfall, doch Martina befindet sich Zeit ihres Lebens in dem Glauben der Alte hätte ihn erschlagen:  ihren Mann, ihren Retter, den sie liebte. Fortan lebt sie in schwelendem Hass dem Alten gegenüber und seiner Macht über die kleine Gruppe. Während alle anderen zu ihm aufschauen und seine Gesetze und Regeln niemals anzweifeln und sich stur danach richten, begehrt Martina auf. Sie stiehlt Fleisch, um es alleine zu essen und es sogar zu verschwenden, als sie satt ist. Oft bleibt sie über Nacht weg und sucht nach einem Ausweg aus dem tristen Dasein im Talkessel. Ihr unerfüllbares Verlangen nach Körperkontakt und der Wunsch nach Mutterschaft sind erdrückend.

Anders als ihr Bruder, der bei der Rettung noch ein Baby war und deshalb längst jegliche Erinnerung an die einstige Zivilisation verloren hat und Luise, die gar kein anderes Leben kennt, da sie im Talkessen geboren wurde, schafft es Martina nicht zu vergessen. Von tiefer Sehnsucht nach einem normalen Leben getrieben erzählt sie den anderen davon. Ihre Rechnung geht auf. Auch Georg und Luise beginnen vom Land hinter dem grauen Gebirge zu träumen. Unter Druck gesetzt, lässt sich eines Tages der Alte von den Wünschen breit schlagen und führt die Gruppe durch den Berg. Auf ihrem Weg finden sie sogar Zeichen von anderen Menschen, die für Georg und Luise neu sind, zum Beispiel eine Glühbirne, die einsam von der Decke einer Höhle baumelt.

Doch was sie auf der anderen Seite zu sehen bekommen, ist schlimmer, als alles, was sie sich ausgemalt haben…

 

Die Höhlen Noahs ist nicht nur apokalyptische Endzeitversion, sondern auch ein Psychogramm der Einsamkeit, Sehnsucht nach Liebe und Gesellschaft und zeigt gnadenlos auf, was aus Menschen wird, wenn verschiedene Charaktere auf engem Raum mit begrenzten Mitteln gezwungen sind miteinander zu leben und sie jeglicher Perspektive beraubt werden.

Zu Valencaks Zeit war sie nicht die einzige, die sich mit Endzeitutopien befasst hat und auch heutzutage erfreuen sich apokalyptische Romane und Filme Beliebtheit. Das Dresdner Manuskript, das einen Teil des Mayakalenders zeigt, hat einen regelrechten Endzeitboom ausgelöst.

Wobei Valencaks Roman auch in den Bereich der feministischen Literatur zu zählen ist. Ihre Heldin Martina, die sich — leider zu spät — gegen das anarchistische System auflehnt und sich ihr eigenes Bild von der Welt macht und es beinahe schafft alle anderen auf ihre Seite zu ziehen ist durchaus als emanzipierte Frau zu sehen.

Es ist beinahe erschreckend wie aktuell Valencaks Visionen sind. Ich will sogar so weit gehen zu sagen, dass das Publikum erst heutzutage für eine derartige Lektüre bereit ist.

Ihre Parabel um den Überlebenskampf einer kleinen Gruppe ist zeitlos und immer wieder aktuell.

Das von plainpicture gestaltete Cover passt zudem besser zum Buch als das Originalbild. Das Coverfoto transportiert von Anfang ein eine gewisse Grundstimmung. Der Leser erwartet eine düstere Geschichte.

 

Valencak schreibt in einer atmosphärisch dichten Sprache und in einem literarisch anspruchsvollen und doch flüssig lesbaren Stil. Schon die Eröffnungsszene an der Valencak nachweislich endlos gefeilt hat, packt den Leser und zieht in die Geschichte hinein, um ihn erst wieder auf Seite 241 loszulassen. Und selbst dann gelingt einem der Ausstieg noch lange nicht.

Die Höhlen Noahs ist nämlich ein Roman der noch lange nachhallt, zum Nachdenken anregt über das Sein, den Sinn des Lebens und Sterbens. Er hinterlässt den Leser aber auch mit einem untrüglichen Gefühl, dass in jedem Ende ein neuer Anfang steckt. Fazit: Eine realistisch gezeichnete Endzeitutopie mit starken Figuren und einer spannenden Geschichte mit unvorhersehbarem Ende, geschrieben in einer starken und klaren Sprache.

Ein Roman zum Entdecken, wieder lesen, aber vor allem ein Roman, den man sich heuer nicht entgehen lassen sollte!

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