Rezension zu "Der letzte Krupp" von Hanns-Bruno Kammertöns
Was für eine faszinierende Familiengeschichte, die uns hier der Autor in einem leichten und manchmal zum Schmunzeln anregenden Stil erzählt. Das Buch - mit interessantem Bildmaterial versehen - ist ein wahrer Pageturner und lässt den Leser mit der Gewißheit zurück, dass Geld allein niemals glücklich macht und allzu oft hinter einem mächtigen Mann eine noch viel mächtigere Frau steht.
Das Buch erzählt von den Visionen des Friedrich Krupp, mit Gußstahl zu Beginn des 19. Jahrhunderts das große Geld zu machen. Dies mißlang dem Besessenen und erst sein Sohn Alfred startet gewaltig mit dem nahtlosen Radreifen durch und begründet u. a. damit das spätere milliardenschwere Unternehmen. Kaiser Wilhelm II. und andere Regierungschefs, Könige und Sultane geben sich das Stelldichein bei Krupp und alsbald scheint nichts mehr ohne diese Firma zu gehen. Nach dem 2. Weltkrieg wird für kurze Zeit das Vermögen beschlagnahmt, dann jedoch wieder freigegeben und einem Phoenix gleich schwingt sich das Unternehmen erneut in ungeahnte finanzielle Höhen auf, ehe es mit dem Tod Alfried Krupp's nach über 150 Jahren ihr Ende als Familienunternehmen findet. Die persönlichen Geschichten der Krupp-Männer sind allesamt sehr traurig, denn ihre Besessenheit und oft auch der große Mangel an emotionaler Zuwendung seitens ihrer Eltern lassen sie selbst schlimmste Fehler im Umgang mit deren Partnerinnen und Kinder begehen. So schlägt die resolute Bertha, Alfried Krupp's Mutter, den ersten Sargnagel zum Untergang der Dynastie. Sie lehnt Alfried's Gemahlin Annelise ab - die Ehe wird geschieden und der aus der Verbindung hervor gegangene Arndt von Bohlen und Halbach wird ein Spielball zwischen der zickenden, extrem dominanten Mutter und Alfried, der im Grunde Arndt als den Erben sieht. Sie fördert die Weichheit und Verletzlichkeit des Kindes, er will ihn über Dritte zum geeigneten Nachfolger des Milliardenunternehmens aufbauen. Arndt kann dem Druck der gegensätzlichen Pole nicht standhalten. Arndt's kurzes und schillerndes Leben macht das Lesen der letzten Kapitel sehr schmerzhaft, denn es zeigt, wie ein junges Leben durch die Unfähigkeit des Vaters, eine emotionale Bindung zu seinem Sohn herzustellen und durch den Hass und die Bitterkeit der Mutter zum Bruch und Rückzug führte und der letzte Sproß der Krupp-Dynastie mit all seinem Geld versuchte, sich Zuneigung, Verständnis, Anerkennung und Achtung zu erkaufen. Ein sehr, sehr lesenswertes Buch über eine der mächtigsten Industriellenfamilien!