Rezension zu "Gruselkabinett - Folge 175" von Hanns Heinz Ewers
Gruselkabinett – 175. Der Student von Prag
Balduin studiert im Jahr 1820 an der Universität von Prag, doch anders
als die anderen Studenten kann er sich kaum auf vergnügliche Abende im
Wirtshaus konzentrieren. Sein Trübsinn wird gebrochen, als der
mysteriöse Scapinelli auftaucht und ihm ein Leben in Reichtum verspricht
und ihm in einem Wald die hübsche und wohlhabende Komtess Margit zeigt.
Scapinelli sorgt dafür, dass die beiden zusammenkommen und fordert
dafür einen ungewöhnlich geringen Preis…
Hanns Heinz Ewers hat seit einigen Jahren einen festen Platz im
„Gruselkabinett“ von Titania Medien, regelmäßig werden seine Geschichten
von dem Hildener Label vertont. Dieses Mal wird allerdings ein Film von
ihm umgesetzt: „Der Student von Prag“ ist der Titel der 175. Episode.
Und wieder wird dabei schnell eine dichte Stimmung heraufbeschworen,
Erzähler Peter Weis gibt in wundervoll geschliffener und poetischer
Sprache eine dichte Szenerie mit vielen Hinweisen auf das tragische Ende
der Hauptfigur, bis die eigentliche Handlung um Student Balduin
beginnt. Das Intro startet ruhig, aber unterhaltsam, es werden zugleich
einige Themen angesprochen, die später noch eine wichtige Rolle spielen.
Mit dem Auftauchen von Scapinelli bereits nach wenigen Minuten kommt
dann die Düsternis aus dem Intro wieder auf, wieder sind es jedoch die
Charaktere und ihre Lebensumstände, die hier für Eindruck sorgen: Armut,
Hoffnungslosigkeit, Rassismus, Klassengesellschaft. Mir gefällt sehr,
wie sich die Handlung immer weiter verdichtet und erneut eine sehr
eindrucksvolle Szenerie erzählt wird. Und wieder ist auch diese
Geschichte von Hanns Heinz Ewers eine besondere, eine besonders gute
Episode geworden, mit 89 Minuten dürfte diese auch nur sehr knapp auf
den CD-Rohling gepasst haben – und keine Minute davon ist überflüssig.
Tim Schwarzmaier ist in der Hauptrolle des Balduin sehr gut besetzt und
greift mit seiner lebendigen und authentischen Ausdrucksweise gekonnt
die sprachlichen Finessen auf, kann aber besonders auch mit seiner
düsteren und unheimlichen Seite überzeugen. Sigrid Burkholder spricht
die Rolle der Komtesse Margit ebenfalls treffend und vielseitig, sie
bietet eine breite Palette sehr eindringlicher Emotionen an.
Hervorragend ist auch Willi Röbke als Scapinelli, der einem mit seiner
düsteren Sprechweise für zahlreiche Gänsehautschauer sorgt und einen
wunderbar exzentrischen Ausdruck bietet. Weitere Sprecher sind Horst
Naumann, Beate Gerlach und Janina Sachau.
In der akustischen Gestaltung gefällt mir besonders gut, wie die Zeit
der 1820 Jahren erweckt wird, was beispielsweise bei der anfänglichen
Jagd mit passender Musikuntermalung zum Ausdruck gebracht wird. Und
natürlich gibt es auch wieder die dichte, unheimliche und sehr
atmosphärische Begleitung der Handlung, die immer intensiver wird und
eine sehr fein abgestimmte Kombination aus Musik und Geräuschen bietet.
Für das Titelbild gibt Illustrator Ralf Nievelstein einen
beeindruckenden Einstand beim Gruselkabinett und trifft die Stimmung des
Hörspiels auf den Kopf. Balduin ist in klassischer Kleidung und
ängstlichem Gesichte zu sehen, sein Spiegelbild ist im zweiten Moment
aber der eigentliche Blickfang: Düster-grünlich beleuchtet, mit
diabolischem Gesichtsausdruck und mit vielen weiteren Details versehen –
sehr ansehnlich!
Fazit: „Der Student von Prag“ ist eine
sehr starke Episode der Reihe, was nicht nur an der eindrucksvollen
sprachlichen Schönheit liegt. Auch die tragische Handlung um Balduin ist
düster, sehr unheimlich und aufregend geraten, wobei sich die
Geschichte immer wieder die Zeit nimmt, bestimmte Momente sehr
ausführlich und unheimlich zu erzählen. Sehr atmosphärisch, zumal auch
die Sprecher in Hochform sind.